Porträt:Eine Stimme für die Senioren

Porträt: Johanna Hagn, 73, ist SPD-Gemeinderätin und Vorsitzende des Hospizvereins in Ismaning. Bis März 2020 war sie zudem Kreisrätin, bis Oktober dieses Jahres Kreisvorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft 60 plus.

Johanna Hagn, 73, ist SPD-Gemeinderätin und Vorsitzende des Hospizvereins in Ismaning. Bis März 2020 war sie zudem Kreisrätin, bis Oktober dieses Jahres Kreisvorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft 60 plus.

(Foto: Robert Haas)

Die Ismaninger SPD-Gemeinderätin Johanna Hagn setzt sich seit Jahrzehnten für die Belange der älteren Generation ein - besonders für die Frauen, die im Alter häufig kaum von ihrer Rente leben können.

Von Sabine Wejsada, Ismaning

Ganz recht ist ihr der Titel nicht: Die Stimme der Senioren im Landkreis München? Nein, so im Mittelpunkt stehen, das ist ihre Sache nicht. Dabei ist Johanna Hagn, SPD-Gemeinderätin in Ismaning und bis zur Kommunalwahl im März 2020 mehr als zwei Jahrzehnte Kreistagsmitglied ihrer Partei, in der Tat eine Frau, die immer dann ihre Stimme erhebt, wenn es um soziale Belange im allgemeinen und um die ältere Generation im speziellen geht. Hagn, selbst 73 Jahre alt, und zum Glück mit guter Gesundheit gesegnet, kann beim Thema Senioren schon kämpferisch werden und insistieren.

Vor allem im Hinblick auf die sich verstärkende Altersarmut, von der in erster Linie Frauen betroffen sind, nimmt Hagn kein Blatt vor den Mund: "Hier muss dringend etwas passieren", fordert sie nachdrücklich an diesem Vormittag im Büro des Ismaninger Hospizvereins, dessen Vorsitzende sie seit vielen Jahren ist.

Dass der Einstieg in die Grundrente kommen oder es gar eine "Rente für alle" geben wird, wenn die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP in Berlin erfolgreich abgeschlossen werden und in Deutschland die Ampel regiert, das bezweifelt die Kommunalpolitikerin. Dabei wäre eine solche Grundversorgung für Menschen so dringend nötig, die ihr Lebtag einen niedrigen Lohn bekommen oder für die Familie unbezahlte Care-Arbeit geleistet haben und im Alter von ihren Bezügen kaum leben können, findet Hagn. Gerade im Landkreis München, einer Hochpreisregion, wo die Mieten keine Grenzen kennen, die Lebenshaltungskosten vergleichsweise teuer sind, die kulturelle und soziale Teilhabe von Älteren oft ein Loch in den Geldbeutel der Betroffenen reißt.

Während die Kreispolitik auf die Rentenentwicklung keinen Einfluss hat, müht man sich seit geraumer Zeit, die größten Härten zumindest ein wenig abzumildern. "Auf Landkreisebene hat das Thema Alter in den vergangenen Jahren Beachtung gefunden", sagt Hagn. Seit den Neunzigerjahren schreibt der Landkreis sein seniorenpolitisches Gesamtkonzept fort, was dem demografischen Wandel auch im relativ jungen Kreis geschuldet ist. Ziel sind eine weitsichtige Planung und ein vorausschauendes Handeln, wenn es darum geht, eine gute Lebensqualität für ältere und pflegebedürftige Menschen zu gewährleisten, wie es aus dem Landratsamt heißt.

Bei der Entwicklung des seniorenpolitischen Gesamtkonzepts orientierten sich die Autoren an diversen Themenfeldern, die für ältere Menschen wichtig sind: Wohnen zu Hause, Wohnen im Alter, Pflege und Pflegebedarfsplanung, Unterstützung für pflegende Angehörige, Beratung und Information von betroffenen Familien. Beteiligt waren und sind Vertreter der Landkreiskommunen, Experten der Seniorenhilfe sowie der Seniorinnen und Senioren selbst. Umsetzen müssen das Konzept die Städte und Gemeinden.

Erschwingliche Wohnungen für Ältere

Was den Bau von seniorengerechten Wohnungen angeht, liegt die Verantwortung in den einzelnen Rathäusern. Die Ismaningerin Johanna Hagn findet, dass ihre Heimatgemeinde in dieser Hinsicht gut aufgestellt ist. Erst kürzlich hat sich der Gemeinderat dazu entschieden, weitere 60 Mietwohnungen für Ältere zu bauen. Begegnungs- und Beratungsstellen gibt es seit langem, ebenso eine Tagespflege, die Angehörigen Luft zum Atmen verschafft.

Johanna Hagn setzt sich nicht nur in Ismaning als Gemeinderätin dafür ein, dass Seniorinnen und Senioren Gehör finden. Lange Jahre hat sie in der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft 60 plus im Unterbezirk für die Älteren das Wort geführt. Erst Mitte Oktober hat sie aus privaten Gründen den Vorsitz niedergelegt und an Joachim Krause übergeben, der Dritter Bürgermeister in Garching ist und von den AG-Mitgliedern gewählt wurde.

Die engagierte SPD-Politikerin hat sich unter großem Beifall sowie mit einem beeindruckenden Tätigkeitsbericht und einem Versprechen an die junge Generation verabschiedet: "Wir unterstützen mit voller Kraft die Anliegen der Jungen. Das sind schließlich unsere Kinder und Enkel", sagte sie bei der Veranstaltung.

Ihr Bestreben aber wird weiterhin vor allem der älteren Generation gelten. Und da in erster Linie den vielen Frauen, die sich nach einem arbeitsreichen Leben in der Armutsfalle befinden. "Sie sind die Verschwiegensten", sagt Hagn, und meist schwer zu erreichen. Die Corona-Krise habe deren Lage, aber auch die aller Senioren noch weiter verschärft - egal, ob aktiv und gesund, oder zurückgezogen und angeschlagen. In der Zeit des Lockdowns sei der Supermarkt quasi die einzige "Ratsch-Zone" gewesen für all jene, die sich aus dem Haus trauten und sich noch selbst versorgen konnten. Bei allen anderen habe die Vereinsamung vielfach enorme Dimensionen angenommen, berichtet Hagn.

Seit die Begegnungsstätten wieder offen sind, Treffen unter Einhaltung der pandemiebedingten Auflagen stattfinden können und auch der Hospizverein wieder helfen kann, gibt es viel zu tun und aufzuarbeiten. Und natürlich zu besprechen. Johanna Hagn wird dabei auf jeden Fall ihre Stimme erheben, wenn es um die sozialen Belange ihrer Altersgenossen und deren Familien geht.

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