Am oberen Rand des cremefarbenen Gehäuses stehen zwei Röhrchen ab, ein Kreismuster ziert die Vorderseite. Könnte das ein Modell einer Kamera sein? Nein, erläutert Nicolas Schröder, es handelt sich um ein außerirdisches Musikinstrument, das er in einem abgestürzten Raumschiff gefunden hat. Wer den Gegenstand nun direkt testen und herausfinden will, wie sich Musik aus fernen Galaxien wohl anhört, wird von dem Schüler jedoch enttäuscht: Nur Außerirdische des Planeten Vuma können Schallwellen erzeugen, die auf dem Instrument Töne hervorbringen.

Der Vorstellungskraft einmal völlig freien Lauf zu lassen, war ein Ziel des Projekts, das Kunstlehrer Wolfgang Köppl über rund eineinhalb Jahre gemeinsam mit 13 Oberstufenschülern des Ismaninger Gymnasiums vorbereitet hat und das nun in einer Ausstellung in der Galerie im Schlosspavillon seinen Abschluss findet. Nur eine einzige Vorgabe hatten die jungen Künstler und Künstlerinnen zu erfüllen: Sie sollten Objekte kreieren, die seltene Entdeckungen von fremden Planeten sein könnten, und die dazu passende Geschichte ersinnen. "Die Frage war nicht nur, welches Kunstwerk man erschafft, sondern auch, wie man es präsentiert und erzählt", so Köppl.
Die Inspiration für das ungewöhnliche Projekt erhielt Köppl eigener Aussage nach aus der Science-Fiction-Literatur. In den Werken der sowjetischen Autorenbrüder Arkadi und Boris Strugazki sei häufig die Rede von fremdartigen Gegenständen, von denen niemand so recht wisse, um was es sich dabei handele. Dieser Reiz des Rätselhaften fasziniere die Menschen seit jeher. Auch in der Realität, so Köppl, seien etwa Archäologen immer wieder in ähnlichen Situationen. "Sie entdecken häufig Dinge, deren Funktion für heutige Menschen erst mal unklar ist." Nur mit einem Perspektivwechsel könne man schließlich vergangenen Zeiten oder fremden Kulturen näher kommen.
Genau das sollten auch die Ismaninger Schüler mit ihren Werken umsetzen, sagt Köppl: "Sie sollten ihre eigene Welt öffnen für andere Denkweisen." Die Kreativität der Zwölftklässler schien dabei unerschöpflich, wie die Vielfalt der Ausstellungsstücke beweist. Nicht nur Musikinstrumente präsentierten die Schüler, sondern unter anderem auch außerirdischen Schmuck, mysteriöse Behältnisse mit metallischer Flüssigkeit, Pflanzen von fernen Planeten oder gar eine in Konservierungsmittel eingelegte Insektenart.

Einblicke in die Tierwelt fremder Galaxien will auch Mona Drickl mit ihrem Kunstwerk bieten. In einer Glasvitrine schlängeln sich Gebilde in Blau- und Grautönen. "Das sind Inarit-Schnecken, die erstarren, wenn sie mit Sauerstoff in Berührung kommen." Ihre Brut, so die Schülerin, verstecken die Tiere in kleinen Türmchen aus Sand. Aufgrund der glänzenden, goldgesprenkelten Oberfläche seien sie begehrte Sammelobjekte.
Die vollkommene künstlerische Freiheit, sich so fantasievolle Objekte und dazu passende Geschichten auszudenken, war für die 17-Jährige eigenen Worten zufolge die größte Herausforderung. "Manchmal wusste man gar nicht, wo man anfangen soll." Doch die Freude, beim Aufbau der Ausstellung die Ergebnisse der langen Arbeit in Szene zu setzen, überwiege. Ähnlich blickt auch Kai Brilliantov auf das Projekt zurück. Die Zwölftklässlerin hat eine fleischfressende Pflanze von einem fernen Planeten geschaffen und ist fasziniert vom Ideenreichtum ihrer Mitschüler, wie sie sagt: "Es ist spannend, zu sehen, worauf die anderen gekommen sind. Dabei zeigt sich, dass jeder eine eigene Definition von Außerirdischem hat."

Dass ein so freies Projekt zum Thema Aliens durchaus auch Gelegenheit bieten würde, sich einen Spaß zu erlauben, war Lehrer Köppl bewusst, wie er sagt. Für ihn war es eigener Aussage nach Freude und Schwierigkeit zugleich, den Schülern einen Anstoß zu geben und sich dann größtenteils zurückzuziehen. "Das war natürlich auch mit der Angst verbunden, dass es in die Hose geht. Aber alle haben es ernst genommen und mich nicht enttäuscht."
Auch für Rasmus Kleine war das Projekt eine Umstellung. Der Leiter des Ismaninger Kallmann-Museums unterstützte die Schüler in der Vorbereitung und Einrichtung der Ausstellung. Üblicherweise wähle man die Künstler bewusst aus und kenne ihre Werke, sagt er: "Hier hatten wir vorher eine große Unbekannte." Das Wagnis hat sich für Kleine jedoch gelohnt: "Auch für ein Museum ist es eine andere Perspektive, mal mit jungen, unbekannten Künstlern zusammenzuarbeiten."
Die Ausstellung "U.F.O. - Unbekannte Fundobjekte", organisiert von Schülerinnen und Schülern des Ismaninger Gymnasiums in Zusammenarbeit mit dem Kallmann-Museum, ist noch bis 22. Januar in der Galerie im Schlosspavillon in Ismaning zu sehen.