Daniel Pham hat sich gut überlegt, ob er sein Erlebnis zum Thema macht. Zwei Nächte hat er darüber geschlafen, dann entschied sich der 50-jährige Garchinger dazu, dem Ismaninger Bürgermeister und dessen Amtskollegen in Garching eine E-Mail zu schreiben. Darin schildert Pham, wie er am vergangenen Freitagabend im Bierzelt auf dem Volksfest in Ismaning von einer wohl alkoholisierten Sitznachbarin rassistisch angefeindet wurde. Und was er sich nun von den Kommunen wünscht.
„Was mich am meisten gestört hat, ist, dass jemand eine rassistische Meinung äußert − und dass er dann denkt, dass er in der Mehrheit ist“, sagt Pham am Montag danach am Telefon. Das will er nicht so stehen lassen. Er fordert von der Gemeinde Ismaning und anderen Kommunen, auf ihren Volksfesten deutlicher Flagge zu zeigen gegen Rassismus und rechtes Gedankengut.
Pham, Sohn einer Südtirolerin und eines Vietnamesen, ist gebürtiger Münchner und lebt seit Jahren in Garching. Das Ismaninger Volksfest besuchte er mit seiner Familie und Freunden. Man habe nett zu Abend gegessen und das gelungene Fest genossen, sagt er. Nachdem er die Kinder im Teenageralter nach Hause gefahren hatte, gingen der 50-Jährige und seine Frau in einer sechsköpfigen Gruppe von Freundinnen und Freunden ins Festzelt und setzten sich dort an einen freien Tisch, um noch etwas zu feiern. Bald wurde zur Musik der Live-Band auf den Bänken getanzt.
Vom Tisch nebenan habe ihn irgendwann eine jüngere Frau recht ruppig angesprochen, er solle weiter von ihr wegrücken, berichtet Pham. Obwohl er Folge leistete, habe die Frau kurz darauf wieder ihn gezielt angesprochen, nach der Herkunft gefragt und erklärt, dass er und seine Freunde hier nichts zu suchen hätten, da sie ja offensichtlich nicht aus Bayern kämen. „Das war nicht irgendwie humorvoll gemeint. Das war klar rechtsgerichtet. So offensiv ist mir so etwas in den letzten 20 Jahren noch nie passiert“, sagt Pham.
Sie habe so eine Aussage nicht so einfach stehen lassen wollen, sagt Sabine Höppner, die sich ebenfalls in der Freundesgruppe um Pham befand, und deshalb ruhig das Gespräch mit der jungen Frau gesucht. Bei dieser sei sie aber nicht auf Einsicht gestoßen, berichtet die Biochemikerin, vielmehr habe die Frau ihr gedroht: Wenn sie dazu aufriefe, würde das halbe Bierzelt gegen Höppner aufstehen. „Ich habe ihr klar gesagt: Nein, so ist Ismaning nicht, ich kenne Ismaning“, berichtet Höppner. Die Situation löste sich am Ende ohne weitere Eskalation auf. Sie hätten sich auch in keinem Fall körperlich bedroht gefühlt, bestätigen Höppner und Pham.
Dennoch hat die Erfahrung die Gruppe nachhaltig beschäftigt. „Natürlich kann man das jetzt vergessen, weil es so ein kleiner Vorfall im Bierzelt war“, sagt Höppner. „Aber wir fanden, das sollte man nicht wegwischen. Die Leute sollten wissen, dass so etwas passiert, dass da so ein Alltagsrassismus schwelt. Hier in unserer Region zu erleben, dass jemand einem anderen sein Anrecht aufs Dasein abspricht wegen seines Aussehens, das hat mich nachhaltig schockiert“, sagt Höppner.
„Ich hoffe, dass das ein Einzelfall bleibt und nicht wieder vorkommt“, sagt der Bürgermeister
„Rechtes Gedankengut hat nirgendwo etwas zu suchen, auch nicht im Bierzelt“, bekräftigt Pham. „Ich würde mir wünschen, dass die Gemeinde Ismaning in dieser Sache noch stärker Flagge für Toleranz und Vielfalt zeigt.“ Auf den Plakaten für ihre Volksfeste könnte die Gemeinde − wie auch die weiteren Gemeinden in der Region − deutlich darauf hinweisen, dass Rassismus keinen Platz auf dem Fest habe, so wie es etwa das Tollwood-Festival in München tut, schlägt Pham vor. Auch die Bands könnten über den Abend hin öfter darauf hinweisen, dass Rassismus unerwünscht ist, so wie es auf internationalen Konzerten häufig der Fall ist. Das würde eine Grundstimmung schaffen, die zeige, dass die große Menge der Besucher für ein friedliches Zusammenleben einsteht.
Ismanings Bürgermeister Alexander Greulich (SPD) verspricht, diese Anregungen mitzunehmen in die Nachbesprechung des Volksfests mit den veranstaltenden Wirten. Die Erfahrung von Pham sei „sehr schade, das soll nicht sein“, sagt Greulich, sie sei aber zum Glück die einzige in diese Richtung, die ihm bekannt sei. Ansonsten habe er sehr positive Rückmeldung zur Stimmung auf dem Volksfest erhalten, sagt der Bürgermeister. „Ich hoffe, dass das ein Einzelfall bleibt und nicht wieder vorkommt“, betont Greulich. Zuletzt hatten sich in Ismaning immer wieder zahlreiche Stimmen aus der Ortsgemeinschaft öffentlich gegen Rassismus positioniert, etwa angestoßen durch den 2024 gegründeten Verein „Ismaning bleibt bunt“, der sich für Vielfalt, Demokratie und Toleranz einsetzt.