Meine Woche:Sizilianische Verhältnisse

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Adolf Sieber auf seinem Weinberg in Ismaning. (Foto: Angelika Bardehle)

Adolf Sieber kann das Obst viel früher ernten als noch vor einigen Jahren. Sogar Wein wächst in Ismaning mittlerweile.

Von Laura Richter, Ismaning

Seit 99 Jahren gibt es den Holzerhof in Ismaning. Auf den Feldern des Familienbetriebes stehen mehr als 5000 Obstbäume, deren Erträge nun geerntet werden. Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Pflaumen, Aprikosen, Kirschen und Tafeltrauben baut Adolf Sieber in Ismaning an, und der 64-Jährige erwartet eine üppige Ausbeute: "Die Temperaturen der vergangenen Wochen haben den Früchten gut getan. Das Obst liebt das heiße Wetter." Gerade Birnen mögen es heiß, sagt Sieber, und die wird er in dieser Woche alle vom Feld holen. Ihm und seinem vierköpfigem Helferteam fiel die Arbeit bei fast 4o Grad hingegen deutlich schwerer. Das seien sizilianische Verhältnisse gewesen, erzählt der Bauer.

Die "Klimakatastrophe", wie er sie nennt, mache sich auf seinem Hof in vollen Zügen bemerkbar. Adolf Sieber erntet zwei Monate früher als es sein Vater noch getan hat. Manches Obst bekomme bei hohen Temperaturen braune Flecken und einige Christbäume auf Siebers Feldern würden regelrecht verbrennen. Aufgrund der Wetterveränderungen setzt der Landwirt mit seinem Familienbetrieb auf vielfältige Sorten und seit 2017 auch auf den Weinanbau, der bei hohen Temperaturen und vielen Sonnenstunden besonders gut funktioniert. "Man muss das Beste aus der Situation machen", sagt Sieber. So ist er nun einer der ersten Winzer, die in Oberbayern, wo es typischerweise zu kalt für die Reben ist, Wein anbauen. Die drei erhältlichen Weinsorten bringt seine Frau Anita Sieber in ihrem Hofladen auf der Münchner Straße an die Kundschaft.

"Jede Frucht, die der Kunde nicht kauft, wird weiterverarbeitet zu Schnaps, Marmelade oder Saft."

Nachhaltigkeit ist Sieber eine Herzensangelegenheit: "Jede Frucht, die der Kunde nicht kauft, wird weiterverarbeitet zu Schnaps, Marmelade oder Saft", erzählt er. Wer's ganz ausgefallen mag, kann zum Beispiel den Krautgeist aus eigens angebautem Weißkraut probieren. Doch Sieber selbst schmecken seine Kirschen am besten. Selbstverständlich darf der eigene Wein beim Abendessen mit der Familie auch nicht fehlen. Seine Familie ist ihm wichtig und schon immer sei ihm, dem gebürtigen Ismaninger, klar gewesen, dass er den Hof von seinem Vater übernehmen werde, so wie seine Kinder vorhaben, den Betrieb weiterzuführen. Der Apfel fällt eben nicht weit vom Stamm.

Zum Glück hat Sieber eine treue Kundschaft und durch die Lage direkt an der Durchgangsstraße nach München kommen viele Menschen auch mal für den spontanen Einkauf vorbei. Der Betrieb bekomme aber die Folgen der Inflation zu spüren, denn wegen der gestiegenen Preise griffen manche Kunden zu günstigeren, nicht regionalen Produkten. Doch der Landwirt aus Überzeugung bleibt zuversichtlich, dass das den Betrieb nicht gefährdet: "Der Hof ist unser Leben."

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