Ismaning:Naturschutzpläne provozieren Widerstand

Bauchige Windelschnecke

Die Bauchige Windelschnecke, 2003 "Weichtier des Jahres", ist in Deutschland bedroht. Natura 2000 soll ihren Lebensraum in Ismaning schützen.

(Foto: Dick Klees/dpa)

Landwirte befürchten Einschränkungen im Erdinger Moos bei Ismaning, auch die Gemeinde lehnt eine weitere Ausweisung von FFH-Gebieten ab. Als Negativbeispiel dient ihnen der Biber.

Von Irmengard Gnau, Ismaning

Wenn Albert Lang von den Besonderheiten der Bauchigen Windelschnecke spricht, klingt es beinahe zärtlich. Die nur etwa zwei Millimeter großen Weichtiere gehören zu den Tierarten, die in Deutschland und Europa nur noch selten vorkommen und deren Lebensraum Biologen wie Lang und Naturschutzbehörden deshalb mit besonderem Augenmerk bewahren wollen. Die EU-Staaten haben dafür das Schutzprogramm "Natura 2000" ins Leben gerufen, mit dem Ziel, die biologische Vielfalt in Europa zu erhalten. Im Erdinger Moos östlich von Ismaning gibt es solch wertvollen Lebensraum, in dem neben den Schnecken auch seltene Schmetterlinge und Libellen leben. Bei den Landwirten, denen die Flächen gehören, stößt die Windelschnecke hingegen auf weniger Zärtlichkeit - für sie steht vor allem die Frage im Vordergrund, inwieweit der Naturschutz sie in ihrer Arbeit einschränkt.

Diese Erfahrung mussten auch Biologe Lang und sein Auftraggeber, die Regierung von Oberbayern, machen, als sie in Ismaning die weitere Planung zur Ausweisung des Grabensystems und der Niedermoorreste im Erdinger Moos als Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiet vorstellen wollten. Ein erstes anvisiertes Treffen im Juli hatten die Ismaninger Landwirte platzen lassen - aus Protest über die aus ihrer Sicht äußerst kurzfristige und unzureichende Einladung der beteiligten Grundstücksbesitzer.

Diesen Vorwurf wollte sich die Regierung nicht noch einmal machen lassen. Mit mehr als einem Dutzend Experten stellten sich die Behördenvertreter in der beinahe voll besetzten Hainhalle den Ismaningern, um "Lösungen zu finden, wie wir zusammenarbeiten können", wie Thomas Eberherr, Leiter des Sachgebiets Naturschutz bei der Regierung von Oberbayern, versicherte. "Wir wollen eine Balance finden zwischen Landwirtschaft und Naturschutz", betonte Eberherr. "Es ist wichtig, dass Sie mit im Boot sind."

Kritik an der unzureichenden Kommunikation der Behörden

Die mehr als 110 Hektar umfassenden Flächen nördlich des Speichersees sind seit 2004 als FFH-Gebiet Teil des Schutzprogramms Natura 2000. Nun soll ein sogenannter Managementplan erarbeitet werden, der festlegt, welche schützenswerten Güter - also Lebensräume, Pflanzen oder Tiere - sich tatsächlich auf dem Gebiet befinden, in welchem Zustand diese sind und wie sie dort erhalten werden können. Mit diesem Ziel formulieren die Behörden im Plan wünschenswerte und notwendige Maßnahmen. Diese sind allerdings lediglich für Behörden verbindlich, nicht für Grundstücksbesitzer und Nutzer. Sie bindet unabhängig von Natura 2000 das Bayerische Naturschutzgesetz, das Verhalten verbietet, das zu einer erheblichen Verschlechterung der für das Gebiet zentralen Lebensraumtypen und Arten führt. "Die Umsetzung des Managementplans erfolgt nur freiwillig in Kooperation mit den Eigentümern", unterstrich Eberherr. Der Mensch sei Teil des Natura-2000-Gebiets.

Die Ismaninger Landwirte zeigten sich dennoch weiter skeptisch. Sie kritisierten die unzureichende Kommunikation der Behörden und mangelnde Kooperationsbereitschaft, insbesondere der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt München in der Vergangenheit. "Wir wollen klare Ansagen, was geht und was nicht", forderte Jagdvorsteher Max Spitzweg. Auch Bürgermeister Alexander Greulich (SPD) stellte sich hinter die Landwirte und stellte klar: "Wir lehnen eine weitere Ausweisung neuer Flächen als FFH-Gebiete in Ismaning ab."

Ismaninger haben schlechte Erfahrungen mit Schutzgebieten gemacht

Der Managementplan müsse garantieren, dass die uneingeschränkte landwirtschaftliche Nutzung der Flächen möglich bleibe, forderte Greulich. Die Gemeinde sei bereits über Gebühr beeinträchtigt. Die Ismaninger haben teils schlechte Erfahrungen mit Schutzgebieten gemacht. Insbesondere der Biber, der sich in renaturierten Flächen im Erdinger Moos und in den Isarauen in den vergangenen Jahren mit seinen Bauten stark ausgebreitet hat, weshalb Äcker überschwemmt und Straßen untergraben werden, treibt vielen die Zornesröte ins Gesicht. Ein Negativbeispiel, das sich nicht wiederholen soll.

In den kommenden Monaten will die Regierung die Vorkommen im Moos überprüfen und Daten auswerten. In der ersten Jahreshälfte 2019 soll der Entwurf des Managementplans vorliegen. Dieser werde, versicherte Eberherr, dann mit den Betroffenen in Ismaning an einem runden Tisch noch einmal diskutiert.

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