Süddeutsche Zeitung

Ismaning:Musenkuss im Pumpenhaus

Die Gemeinde Ismaning vergibt zwei Stipendien in Höhe von jeweils 2050 Euro an bildende Künstler. Sie sollen im idyllisch gelegenen ehemaligen Wasserschlösschen in der Kolomansau sechs Monate lang leben und ungestört arbeiten können. Start des Projekts ist im März 2023.

Von Sabine Wejsada, Ismaning

Man kann es sich förmlich vorstellen: Die Vögel zwitschern, die Tage werden milder und im verwunschenen Garten des Ismaninger Wasserschlösschen in der Kolomansau sind zwei Kulturschaffende ganz versunken bei der Verwirklichung ihrer Pläne. Schon im März des kommenden Jahres soll diese Idee Wirklichkeit werden. Die Gemeinde ermöglicht mit zwei Stipendien von jeweils 2050 Euro monatlich Künstlerinnen oder Künstlern einen bis zu sechsmonatigen Aufenthalt in dem historischen Gebäude in der Nähe der Isarauen. In den nächsten Wochen beginnt die Bewerbungsfrist für Interessierte, ehe Rasmus Kleine, der Leiter des örtlichen Kallmann-Museums, eine Auswahl treffen und die Gäste dann während ihrer Ismaninger Schaffenszeit betreuen wird.

Unentgeltlich überlassen darf die Gemeinde das Gebäude nicht

Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung den Weg für das Projekt geebnet und dabei auch eine rechtliche Hürde ausgeräumt. Noch im Juli waren die Lokalpolitiker davon ausgegangen, den wechselnden Stipendiatinnen und Stipendiaten monatlich 400 Euro zur Verfügung zu stellen und das Wasserschlösschen unentgeltlich zu überlassen. Doch nach einer eingehenden steuerfachlichen Prüfung und Abstimmung mit dem Münchner Finanzamt darf die Kommune den Kunstschaffenden das Häuschen nicht gratis als Atelier geben -sondern muss die ortsübliche Miete verlangen.

Pro Gast sind das sage und schreibe 1657,87 Euro pro Monat, die die Gemeinde nun wiederum auf das Stipendium draufschlägt. "Nach dem intensiven Vorlauf ist nun alles kugelsicher und es gibt keine Fallstricke mehr", sagte Bürgermeister Alexander Greulich (SPD).

Das Wasserschlösschen stammt aus den Anfängen des Jahrhunderts, als die Gemeinde die Wasserversorgung der Bewohner von Hausbrunnen und dem öffentlichen Brunnen am Bahnhof auf eine kommunale hat umstellen lassen. Der deswegen 1913 errichtete und heute noch weithin sichtbare Wasserturm und die Leitung mit Wasser aus einem Quellgebiet in der Kolomansau zeugen von den Anstrengungen der damaligen Zeit, eine bessere Hygiene beim Wasser zu erreichen. Das dazu gehörige Wasserwerk mit Pumpenhaus und einem Wohngebäude für den Wärter und seine Familie wurde unweit der Isarauen gebaut. Mit dem stetigen Zuzug wuchs der Wasserbedarf im Ort, sodass Mitte der Sechzigerjahre ein zweites Pumpwerk nötig wurde, zwei Jahrzehnte später stellte die Kommune schließlich auf eine ganz neue Wasserversorgung um.

Seit 1970 lebte im alten Wasserschlösschen Dietlinde Majewski, die als Keramikkünstlerin arbeitete und das frühere Pumpenhaus und den Garten des Anwesens als Atelier nutzte, mit ihrem Mann Bernd. Eine lebensgroße Schildkröte, die bunten Fliesen an der Hauswand und diverse Skulpturen geben noch heute Zeugnis von der Schaffenskraft der 2010 verstorbenen Künstlerin. Ihr Mann zog Ende 2020 aus dem Kleinod aus - seither gab es in der Gemeinde diverse Überlegungen, was aus dem hübschen Gebäude werden könnte. Unter anderem dachte man auch über die Einrichtung eines Abenteuerspielplatzes oder gar eine Kita nach, was jedoch angesichts von der Lage im FFH-Schutzgebiet Isarauen schnell wieder zu den Akten gelegt wurde.

Die Idee, das Wasserschlösschen für Kulturschaffende zu öffnen und ihnen an diesem verwunschenen Ort einen Platz zu geben, stammte aus der Mitte des Gemeinderats. Nachdem in den vergangenen Monaten das als Atelier vorgesehene einstige Pumpenhaus und das Wohngebäude für gut 100 000 Euro in Schuss gebracht worden sind, können sich an dem historischen Ort schon bald Künstlerinnen und Künstler für eine Weile niederlassen, um ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen.

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