Ismaning:In 80 Minuten um die Welt

Ismaninger Grundschüler setzen sich eine Woche lang mit anderen Kulturen auseinander

Von Trang Dang

Der kürzeste Flug zur senegalesischen Hauptstadt Dakar würde von München aus etwa neun Stunden und zehn Minuten dauern. Die Schüler des Workshops "Einen Tag mit dem Mädchen Aminata" an der Ismaninger Grundschule am Kirchplatz brauchen hingegen nur 80 Minuten. Sie steuern ihren Flug mit ihren Gedanken. Dabei ist Afrika, wo Senegal liegt, nicht der einzige Kontinent der fiktiven Weltumrundung, welche die 363 Schüler in diesen Tagen antreten. Für sie geht es in der Projektwoche "Reise um die Welt - Integration einmal anders" auch weiter nach Australien, Nord- und Südamerika, Asien. Nicht zuletzt sind sie auf Tour durch Europa.

Ismaning: Bei Lehrerin Marion Lauterbach konnten die Kinder Rugby spielen.

Bei Lehrerin Marion Lauterbach konnten die Kinder Rugby spielen.

(Foto: Robert Haas)

Die kulturelle Vielfalt erleben sie in ihren Klassenräumen, wo Flaggen aus Papier auf einer Leine hängen, die Kinder russische Volkslieder singen lernen oder der Duft nicht-heimischer Gewürze oder Pasta herausströmt. Das globale Klassenzimmer verändert die Sicht der Schüler auf die Welt. Mit dem Ziel, dass "Fremdes gar nicht mehr so fremd ist", wie Konrektorin Kirsten Reiser betont. Die Kinder würden viel offener, entwickelten Neugierde und Empathie für fremde Kulturen und lernten nicht zuletzt auch die anderen Kinder und Klassen besser kennen.

Ismaning: In einem anderen Workshop übten die Kinder trommeln.

In einem anderen Workshop übten die Kinder trommeln.

(Foto: Robert Haas)

Die achtjährige Lea fieberte der Projektwoche schon mit Vorfreude entgegen. Ihr fiel die Auswahl der Workshops schwer, nur an vier von 32 Angeboten darf sie teilnehmen. Während sie an diesem Tag von der französischen Sprache schwärmt, bastelt sie an ihrem roten Säbelzahn-Papierflieger.

Am Tag davor habe sie sich mit der Klasse einen Film zu den Themen Flucht und Auswanderung angesehen, sagt sie. Nun verstehe sie besser, "wieso andere Kinder, ob freiwillig oder unfreiwillig, an andere Orte ziehen". Ihre Mitschülerin habe ihr neulich spontan ein ungarisches Lied in der Umkleide vorgesungen, das habe ihr sehr gefallen, erzählt Lea. Sie möge Fremdsprachen, weil die nicht so "normal" wie die deutsche Sprache seien. Die Drittklässlerin lernt inzwischen Englisch. Gäbe es ein Lieblingsland, es wäre Neuseeland. Auf die Frage, was sie geflüchteten Kindern mit auf dem Weg geben möchte, wünscht sich Lea: "Eigentlich möchte ich, dass es keinen Krieg und keine Terroristen mehr gibt."

Dass Lea überhaupt an einer solchen Projektwoche teilnehmen kann, geht auf die Zusammenarbeit mehrerer Personen zurück. Zum einen wären da Lehrerinnen wie die Klassenleiterin Marion Lauterbach, die ihr Interesse für Neuseeland einfließen ließ und den Kindern Rugby beigebracht hat, oder auch viele Eltern, welche die Woche mitgestalten und bei Workshops aushelfen.

Zu ihnen zählt in diesen Tagen auch Renate Sigl, deren Sohn die Flexklasse 1-2c besucht: "Die Projektwoche ist für die Kinder schön und interessant. Das könnte man schon mal öfters machen, wenn der Schulplan es zulässt. Sie stärkt den Zusammenhalt." Außerdem konnten der örtliche Trachtenverein Stamm Ismaning volkstümliche Tänze und die Organisation Ein-Dollar-Brille ihr Entwicklungsprojekt vorstellen. "Ich habe viel Wert auf externe Kompetenzen gelegt", sagt Schulleiterin Sabine Höfner. Sie setze auf Erfahrungsaustausch, auf "kulturelle Sensibilität" und auf Fortbildungen wie zum Beispiel für Traumapädagogik bei Flüchtlingskindern. Auch wenn der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund vergleichsweise gering sein mag, stammen Höfners Schüler immerhin aus 16 Nationen. Auf Länder wie Nigeria oder Schweden werden auch die Punkte auf der großen Weltkarte an der Wand verweisen. Und die werden mit der Zeit gewiss nicht weniger.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: