Baumängel:"Es steht da, als wäre es ein komplett neues Bad"

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Die Gemeinde Ismaning leistet sich ein Hallenbad. Am jährlichen Defizit von zwei Millionen Euro soll nun geschraubt werden. (Foto: Catherina Hess)

Die Ismaninger Schwimmhalle war kurz nach ihrer Eröffnung 2013 schon ein Sanierungsfall und zuletzt zwei Jahre eine Baustelle. Am Montag sperrt es wieder auf - und Gemeindewerke-Chef Franz-Josef Loscar ist begeistert vom Ergebnis der Arbeiten.

Von Martin Mühlfenzl, Ismaning

Franz-Josef Loscar steht am Beckenrand und blickt über das Sportbecken, in dem die Wasseroberfläche noch keine Regung zeigt; dahinter aber sprudelt es bereits in dem kleinen Entspannungsbecken. "Ein Bad wird 50 Jahre halten", sagt der Leiter der Ismaninger Gemeindewerke. "Und die Schwimmbadtechnik 20 bis 25 Jahre." Das Ismaninger Hallenbad in der Ortsmitte steht steht nun am Anfang dieser beiden Lebenszyklen, obwohl es doch bereits nahezu zehn Jahre auf dem Buckel hat. Nach schier endlosen Sanierungsarbeiten, die zuletzt zu einer zweijährigen Schließung führten, wird das im Juni 2013 erstmals eröffnete Schwimmbad am Montag, 27. Februar, wieder den Betrieb aufnehmen. "Und es steht da, als wäre es ein komplett neues Bad", sagt Loscar.

Franz-Josef Loscar, Leiter der Ismaninger Gemeindewerke, ist erleichtert, dass all die Querelen rund um die Sanierung endlich ein Ende finden. (Foto: Catherina Hess)

Schwimmen und Baden hat in Ismaning Tradition. Anfang des 20. Jahrhunderts war die Isar ein zwar beliebtes, aber wegen ihrer wechselnden Strömungen auch gefährliches Dorado für Schwimmer, zeitweise gab es im Schlosspark über dem Seebach ein Badehäusl und auch der Eisweiher ist bis heute ein beliebtes Naturschwimmbad. Das erste Hallenbad samt Sauna und Gaststätte wurde 1972 auf dem Areal der ehemaligen Schloss-Ökonomie eröffnet - Kostenpunkt damals: vier Millionen Mark. 36 Jahr später beschloss der Gemeinderat dann den Neubau des Schwimmbades am selben Standort.

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Was dann geschah, lässt aber sogar manchen Experten fassungslos staunen. "Ein Professor, schon jenseits der 80, hat gesagt, so etwas hat er noch nicht erlebt", sagt Loscar kurz vor der Wiederöffnung. Und der Mann muss es wissen, er war als Gutachter am Ort, um Schäden in Augenschein zu nehmen, mit denen vor gut zehn Jahren bei der Inbetriebnahme des hochmodernen, mit seiner geschwungene Form architektonisch ansprechenden Hallenbades niemand gerechnet hatte.

Das Hallenbad gehört zu den architektonischen Highlights in der Ismaninger Ortsmitte. (Foto: Catherina Hess)

Schon ein paar Monate nach der Eröffnung fallen die ersten Fliesen von der Wand des großen Beckens. Es sind die Vorboten einer Jahre andauernden Posse; denn es ist nicht damit getan, das Bad wieder auf Vordermann zu bringen, indem ein paar der türkis-blauen Kacheln ausgetauscht werden. Die Probleme - oder anders gesagt: der Pfusch am Bau - liegen tiefer. Der Estrich im großen Schwimmbecken ist teils porös und muss ausgetauscht werden, auch die darüber liegende Betonwanne ist beschädigt. Das Becken muss also gewissermaßen komplett neu gebaut werden. Begleitet werden all diese Maßnahmen von mehreren Gerichtsverfahren der Gemeinde mit Bauträgern, die Anfang 2021 mit einem Vergleich enden.

Schon kurz nach der Eröffnung im Jahr 2013 lösten sich die ersten Fliesen im großen Schwimmbecken. Vor zwei Jahren war dann klar, alles muss raus. (Foto: Florian Peljak)

Als wenig hilfreich erweist sich zudem, dass ein Millionen-Projekt wie ein neuen Hallenbad einer europaweiten Ausschreibung bedarf. Dies hat zur Folge, dass die Gemeinde Ismaning nach dem Vergleich nicht nach Gutdünken neue Baufirmen mit den Sanierungsarbeiten beauftragen konnte, sondern weiter an jene Betriebe gebunden ist, die für die fehlerhaften Ausführungen verantwortlich sind.

"Irgendwann verzweifelst du innerlich"

Als im April 2021 klar ist, dass der Estrich und auch die Betonschicht erneuert werden müssen, sind die Probleme daher noch lange nicht vorbei. Es beginnt vielmehr ein Prozess, den Loscar als "Ping-Pong" bezeichnet: "Keiner wollte die Verantwortung übernehmen." An manchen Tagen sind damals mehr als zehn Menschen in dem geschlossenen Hallenbad unterwegs - Mitarbeiter, Verantwortliche aus der Bauabteilung, Sachverständige. "Gutachter um Gutachter", sagt Loscar. "Das hat das Ganze massiv verzögert." Ende 2021 wird dann endlich der Estrich eingebaut, nur gibt es in der Folge wieder Probleme in der Kombination mit anderen Komponenten wie dem Epoxidharz, wieder muss von vorne angefangen werden. "Es hieß immer wieder, in zwei Wochen ist das oder das fertig. Dann wurden daraus acht Wochen, drei Monate", erzählt Loscar. "Irgendwann verzweifelst du innerlich."

Auch für die Beschäftigten des Hallenbads sind es zwei harte Jahre, denn dazu kam zunächst die Pandemie und die Energiekrise. "Das war schon alles belastend", berichtet Loscar, während im Hintergrund ein paar Kollegen vorbeilaufen, sie treffen die letzten Vorbereitungen für die Wiedereröffnung. Aber trotz aller Belastungen - unter anderem auch Kurzarbeit während der Lockdowns - hätten sie alle Kolleginnen und Kollegen halten können, freut sich der Chef der Gemeindewerke. Jetzt sei die "demotivierende Zeit" vorbei, alle freuten sich auf die Wiedereröffnung. "Und es geht von null auf hundert los", sagt er. "Wir werden alle unser Bestes geben. Deshalb bitte ich auch um Nachsicht für die Mitarbeiter im Bad, wenn mal etwas nicht funktioniert."

Und auch in Zukunft wird am Ismaninger Hallenbad weiter gearbeitet. So ein Schwimmbad ist ja nicht irgendwann fertig und kann dann für alle Zeit genutzt werden. "Es gibt jedes Jahr eine Revision, dann wissen wir, was wir sanieren oder erneuern müssen", sagt Losacr. "Und es ist ganz einfach so: Es gibt kein Schwimmbad, in dem sich nicht mal eine Fliese löst."

Im Entspannungsbecken sprudelt es endlich wieder. (Foto: Catherina Hess)

Außerdem wird der Betrieb nicht wieder sofort in Gänze aufgenommen. Die Sauna bleibt vorerst noch geschlossen, dort müssen die Sanitäranlagen noch instand gesetzt werden. Sie wird frühestens im Herbst wieder öffnen. Die Temperatur in den Becken aber wird nicht, wie in anderen Bädern, abgesenkt, sondern wie gewohnt 28 Grad betragen. Das ist auch möglich, weil im Schwimmbad ein Teil der Energie selbst mit einem Blockheizkraftwerk erzeugt wird, der Rest wird aus der gemeindeeigenen Geothermie gespeist. So kann der Badespaß im neuen Hallenbad starten, das eigentlich schon zehn Jahre alt ist.

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