Ismaning:Erinnerungen an die Heimat

Lesezeit: 2 min

Vor 81 Jahren wurde Lisa Frei als Lisa Huber in Ismaning geboren. (Foto: privat)

Im englischen Exil hat die gebürtige Ismaningerin Lisa Frei ihre Erinnerungen aus acht Jahrzehnten niedergeschrieben. Nun stellt sie das Buch in ihrer Heimatgemeinde vor.

Von Irmengard Gnau, Ismaning

Etwa tausend Kilometer Luftlinie liegen zwischen Lisa Freis alter Heimat und ihrer neuen. Heute lebt Frei in der Nähe der britischen Stadt Nottingham, vor 81 Jahren wurde sie in Ismaning geboren. Bis zu ihrem 27. Lebensjahr wohnte sie mit ihrer Familie in dem damaligen Krautdorf, wo sie auch den Zweiten Weltkrieg miterlebte. Als jüngere Schwester bangte sie daheim, dass die beiden älteren Brüder unbeschadet aus Russland beziehungsweise Finnland zurückkehren mögen. Was die Brüder von der Front und später aus der Gefangenschaft berichteten, beeindruckte Frei tief. "Ich fühlte, über diese Erlebnisse sollte ein Buch geschrieben werden, damit unsere Kinder wissen, wo sie her kommen", sagt Frei.

Als Au-Pair-Mädchen kam Lisa Frei 1962 nach England

Es dauerte einige Jahrzehnte, bis die heute 81-Jährige dieses Projekt vollenden sollte. Anfang der Sechzigerjahre verwirklichte sich Frei einen Traum und ging nach England, um dort zu studieren und Sprachlehrerin zu werden. "Ich war sehr an Politik interessiert", erinnert sich Frei. Schon in der Heimat hatte sie Englischkurse belegt, ihr Professor und ihr Chef in der Ismaninger Schuhcremefabrik Loichinger, wo sie als Bürokraft tätig war, hatten sie ermutigt, die Reise zu wagen.

Als Au-Pair-Mädchen kam sie in die Familie eines deutschstämmigen jüdischen Barons und verbrachte nach eigener Aussage eine wunderbare Zeit. Doch nicht alles kam, wie geplant. Zwar lernte Frei eifrig Englisch, doch statt mit der Fremdsprache nach Deutschland zurückzukehren und sie dort zu unterrichten, lernte sie in Großbritannien einen jungen Schweizer kennen. Frei blieb, das Paar heiratete, bekam zwei Kinder und Frei wurde statt Englischlehrerin in Deutschland, Deutschlehrerin in England.

2014 erschienen Freis Erinnerungen in England als Buch

Die Idee, die Erlebnisse ihrer Familie niederzuschreiben, vergaß Frei jedoch nie. Nach dem Tod ihre Mannes begann sie zu schreiben, 2014 erschienen ihre Erinnerungen in England als Buch. Das Werk sei dort sogar sehr populär, erzählt Frei - "weil niemand dort wusste, wie es in Deutschland zuging". Viele seien überzeugt gewesen, alle Deutschen hätten das nationalsozialistische Regime unterstützt.

Auch darum habe sie für ihr Buchprojekt viel Unterstützung erfahren, berichtet Frei. Vielleicht helfe es, einen anderen Weltkrieg zu vermeiden, habe eine Frau gesagt, erzählt die Autorin.

Mit der deutschen Übersetzung ist die Autorin in Ismaning

Weil viele Erinnerungen Freis in Ismaning spielen, haben die Direktorin des Schlossmuseums, Christine Heinz, und die evangelische Pfarrgemeinde das Buch nun nach Ismaning geholt - samt seiner Autorin. Am Montag, 2. Mai, 17 Uhr, stellt Lisa Frei im Gemeindesaal, Dr.-Schmitt-Straße 10, die deutsche Übersetzung ihres Buches vor. Sie trägt den Titel "Straße der Gebirgsjäger" und ist von da an im Schlossmuseum erhältlich.

Frei freut sich, wieder einmal in Ismaning zu sein - die 81-Jährige besucht noch regelmäßig ihre Klassentreffen. Zum Ort der Veranstaltung wird sie sich allerdings begleiten lassen. "Ich kenne nur noch die Mitte des Dorfes", sagt sie. "Ismaning ist heute ja schon fast eine Stadt."

© SZ vom 30.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Serie: Oh, mein Gott!
:Angepackt

Lange Zeit gab es in Ismaning kein evangelisches Gotteshaus. Um das zu ändern, gründeten engagierte Gläubige wie Hannelore Schatz im Jahr 2002 den Kirchbauverein. Für die Vorsitzende fußt Glauben in Gemeinschaft und praktischer Nächstenliebe.

Von Irmengard Gnau

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: