Ismaning:Der 68er mit dem feinen Strich

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Seit mehr als 50 Jahren illustriert Hansjörg Langenfass Kinderbücher, entwirft Logos und setzt Politiker in Szene. Eine Retrospektive in Ismaning gibt Einblick in die Breite seines Werks

Von Irmengard Gnau, Ismaning

Der Landkreis hat schon so manchen bemerkenswerten Künstler hervorgebracht. Nicht jeder freilich ist deshalb auch einem breiten Publikum bekannt, obgleich sein Werk es vielleicht verdient hätte. Auch der Name Hansjörg Langenfass mag nicht jedem Kunstfreund etwas sagen. Seine Arbeit aber dürften viele kennen und schon selbst in Händen gehalten haben: In den mehr als 50 Jahren seines künstlerischen Wirkens, von denen er den Großteil in Ismaning verbrachte, hat er einige Plakate und Logos gestaltet, die bis heute zu sehen sind. Das der C. Bertelsmann (heute Verlagsgruppe Random House) Jugendbuchreihe cbj zum Beispiel: zwei klare, weiße Buchstaben auf schwarzem Grund, gefolgt von einem "j" auf rot.

Aber auch mit seinen liebevollen Illustrationen hat Langenfass für viele Kinder das Bild von Märchenfiguren wie dem tapferen Schneiderlein und Kinderbuchhelden wie dem frechen Buben Caius, der im alten Rom Abenteuer erlebt, geprägt. Einige dieser Helden sind in der Retrospektive zu sehen, die an diesem Freitag in der Galerie im Schlosspavillon in Ismaning eröffnet wird. Die Ausstellung versammelt unter dem schlichten Titel "Rückblick" eine Auswahl aus dem vielfältigen Werk des 76-Jährigen. Dabei lässt sich erahnen, wie sehr sich die Konzipierenden bereits beschränken mussten: Langenfass ist nicht nur Grafiker mit einem bemerkenswerten Blick für Ikonografie und Symbolkraft, in seinen Illustrationen zeigt er die feine Kunst der fantasievollen und zugleich detailgetreuen Darstellung von Menschen und Umwelt. "Ich wollte immer realistisch bleiben im Kindersinn, sodass alles wiederzuerkennen ist", sagt Langenfass. Er lächelt. "Kinder sind gnadenlos, da muss alles stimmen." Einigen seiner frühen Bilder ist anzusehen, dass den jungen Illustrator Kollegen wie Tomi Ungerer oder auch Wilhelm Busch inspiriert haben. Doch Langenfass findet stets einen eigenen Stil, sein feiner Strich beweist einen liebevollen und zugleich augenzwinkernden Blick auf seine Figuren und ihre kleinen Eigenheiten.

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(Foto: Florian Peljak)

Ob schreiende Babys,...

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(Foto: Florian Peljak)

...sympathische Baggerführer,...

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(Foto: Florian Peljak)

...das tapfere Schneiderlein samt Riese...

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(Foto: Florian Peljak)

...oder wutentbrannte Schreihälse:

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(Foto: Florian Peljak)

Hansjörg Langenfass folgte stets seiner Maxime "Realistisch bleiben im Kindersinn".

Nach dem Studium an der Fachakademie für Grafisches Gewerbe in München entwarf Langenfass zunächst vor allem Anzeigen und Plakate - nach der Hochzeit mit seiner Frau Evi mit 21 Jahren hatte er schon bald eine Familie zu ernähren. Dabei kam ihm auch seine Setzerlehre zugute, die er parallel zum Studium absolviert hatte. Doch bald wurde sein Zeichentalent erkannt. Als erstes von Langenfass illustriertes Kinderbuch erschien der "Baggerführer Willibald" zum gleichnamigen Kinderlied des linken Liedermachers und Kapitalismuskritikers Dieter Süverkrüp von 1970. Später gestaltete er Märchen- und Jugendbücher, aber auch Grafiken und Illustrationen für Fachbücher oder Zeitschriften. Auch für das Fernsehen hat er gezeichnet, zum Beispiel für die "Sendung mit der Maus".

Der Gemeinde Ismaning ist Langenfass seit Jahrzehnten eng verbunden. 1966 zog die Familie von München zunächst nach Fischerhäuser, später in den Hauptort. Seinen neu gewählten Heimatort prägte Langenfass mit, gut sichtbar etwa durch die Logos der Ismaninger Museen, die er entworfen hat, aber auch durch sein stetes Engagement in verschiedenen Bürgerinitiativen und dem Ortsverband der SPD. "Ich bin ein 68er", sagt Langenfass. Für die Münchner SPD, mit deren Leitfiguren der vergangenen Jahre ihn ebenfalls viel verbindet, hat er mehrere Wahlkämpfe grafisch bestritten. Unter anderem erhielt Langenfass mit seinem Atelier den Zuschlag für den Wahlkampf um das Oberbürgermeisteramt von Georg Kronawitter 1984. Daneben scheint die politische Haltung des Künstlers besonders in seinen Karikaturen durch, die unter anderem in der Münchner Stadtillustrierten und in der SPD-Parteizeitung Vorwärts erschienen. Mit spitzer Feder treffend umrissen tritt da etwa CSU-Übervater Franz Josef Strauß auf, als Nikolaus verkleidet bringt er mit seinem Krampus Edmund Stoiber an der Seite in Geschenkpapier verpackte Panzer, Geschütze und Raketen. Auch die Münchner Stadtpolitiker hat Langenfass mit dem Zeichenstift auf diese Weise derbleckt, kritisch stets, doch nicht bösartig.

Auch bissige Karikaturen wortgewaltiger Politiker wie Franz Josef Strauß gehören zu Hansjörg Langenfass' Repertoire. (Foto: Florian Peljak)

Dass Langenfass auch noch ein inspirierender Maler ist, geht in der Fülle der Werkschau schon beinahe unter. Auch mit Pinsel und Ölfarbe experimentiert er in verschiedenen Techniken. Versonnene Toskana-Landschaften lassen den Betrachter meinen, die Zikaden zirpen zu hören; daneben ist ein kubistisch anmutendes Paar in eine Umarmung verschlungen. Dabei sei das Malen, sagt Langenfass, für ihn vor allem Zeitvertreib, "um rauszukommen aus dem Rest". Seit seine Frau Evi 2010 verstorben ist, ist die Lust zu malen nicht mehr so groß. Gemeinsam hatte das Ehepaar das Atelier Langenfass in Ismaning aufgebaut und bald 50 Jahre lang betrieben.

Viele Arbeiten, darunter das Comic-Kochbuch mit "Tipps für Kochkönige und Katastrophenköche" entstanden zusammen. Die Familienbande freilich reißen auch heute nicht völlig ab. Seit 2013 führt die Tochter Andrea Heise-Langenfass das Atelier, das inzwischen nach Aschheim umgezogen ist, weiter. Bei Hochbetrieb hilft dann auch Hansjörg Langenfass noch mit aus.

Die Ausstellung "Rückblick" mit Arbeiten von Hansjörg Langenfass ist von 3. März bis zum 30. April Dienstag bis Sonntag zwischen 14.30 und 17 Uhr in der Galerie im Schlosspavillon zu sehen. Die Vernissage ist diesen Freitag, 3. März, um 19 Uhr in Anwesenheit des Künstlers. Die Einführung hält Galerie-Kuratorin Gisela Hesse. Der Eintritt ist kostenlos.

© SZ vom 03.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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