Isartal:Das Geschenk des Joggers

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Ein Grünwalder hat dem Isartalverein über seine Stiftung die Sanierung der sogenannten Schiebestrecke an der Isar spendiert. Die heißt nun Bohlensteg, bleibt aber für Fahrradfahrer weiterhin gesperrt

Von Patrik Stäbler, Grünwald

Zugegeben, er sei zunächst skeptisch gewesen, sagt Erich Rühmer, als vor zwei Jahren in der Pause der Hauptversammlung des Isartalvereins ein ihm fremdes Gesicht auf ihn zukam und anbot, die Kosten für die Sanierung der sogenannten Schiebestrecke zu übernehmen - immerhin 40 000 Euro. Der Verein könne diese Summe nicht stemmen, hatte der damalige Vorsitzende und frühere Bürgermeister von Schäftlarn zuvor in seinem Bericht erläutert. Und nun tauchte da also dieser Fremde auf und schlug vor, den bei Spaziergängern so beliebten und seinerzeit aufgrund von Baufälligkeit gesperrten Weg ab dem Grünwalder Pumpwerk in Richtung Süden auf seine Kosten herrichten zu lassen. "Da war ich erst mal sehr zurückhaltend", erinnert sich Rühmer.

Ein Metallgatter am Beginn des Bohlensteigs soll verhindern, dass Mountainbiker auf den Bohlenweg fahren. (Foto: Sebastian Gabriel)

Heute kann der einstige Chef des Isartalvereins über seine damalige Vorsicht lächeln. Seite an Seite steht er mit dem ihm inzwischen wohlbekannten Gönner und blickt zufrieden auf Aberdutzende Holzbohlen, die als frisch sanierter Weg ins Isartal hineinlaufen. Ernst Denert heißt der Mann, ein früher sehr erfolgreicher Unternehmer, der seit 1988 mit seiner Ehefrau in Grünwald lebt und als passionierter Sportler unzählige Male auf der Schiebestrecke gejoggt ist - bis sie eines Tages gesperrt war. "Da habe ich gedacht, das muss anders werden", erzählt Denert bei der Eröffnung des Weges. Also tauchte er erstmals bei einer Versammlung des Isartalvereins auf, der die Schiebestrecke 1985 angelegt und nach diversen Hochwassern mehrfach repariert hatte. Nun aber waren die Holzbohlen hinüber, sodass dem Steg der Abriss drohte - bis die "Gerlind und Ernst Denert Stiftung" sich bereit erklärte, die Kosten für die Sanierung zu tragen.

Im Zuge der Arbeiten hat man sich dann auch vom Namen "Schiebestrecke" verabschiedet, der auf die Sperrung für Radfahrer zurückgeht. "Den hab ich furchtbar gefunden - so bürokratisch", sagt Ernst Denert. Stattdessen soll die circa 500 Meter lange Verbindung als Bohlensteig firmieren, worauf ein Schild am Eingang hinweist. Wer dieses passiert, wandert über mehrere hölzerne Stege, unterbrochen von gewundenen Pfaden über Wurzeln und Erde. Umgeben ist der Spaziergänger von sattem Grün, vom Pfeifen der Vögel und vom Rauschen der Blätter - die nahe Großstadt ist hier gefühlt einige Tagesreisen entfernt.

Der Isartalverein unter dem Vorsitz von Martin Kiechl (links) hat das Projekt umgesetzt. Der Grünwalder Ernst Denert hat es finanziert. (Foto: Sebastian Gabriel)

Im krassen Gegensatz zu dieser Idylle stehen die fast brachialen Entrees an beiden Seiten des Bohlensteigs - in Form von armdicken Metallgattern. Deren Aufgabe formuliert Martin Kiechl, der Rühmer im Januar als Vereinschef abgelöst hat, wie folgt: "Die Absperrungen sind so gebaut, dass auch geübte Mountainbiker absteigen oder einen anderen Weg benutzen müssen." Jene Sportler sind die Hauptsorge, die Kiechl, Rühmer und den Isartalverein umtreiben. Er sei ja selbst begeisterter Radfahrer, sagt der Vorsitzende. "Aber das Problem ist, dass die Mountainbiker, von denen immer mehr mit schweren E-Bikes unterwegs sind, nicht auf den Wegen bleiben." Für Flora und Fauna sei das verheerend. Seit mehr als zehn Jahren versuche der gut 2000 Mitglieder starke Isartalverein "die Mountainbiker auf geordnete Bahnen zu bringen", sagt Rühmer. Inzwischen gibt es ein Konzept mit Routen auf 78 Kilometern Länge, das zugleich Rückzugsräume für Tiere und Pflanzen vorsieht. Noch offen sei aber, wer die Trägerschaft übernimmt, sagt Rühmer. "Die Pläne liegen immer noch beim Landratsamt." Derweil sei der Druck aufs Isartal in Zeiten der Pandemie weiter gestiegen, so Kiechl. "Die Zahl der Radfahrer hat sich verdreifacht, die der Wanderer verdoppelt."

Am Ende des Weges dürfen die Biker wieder aufsteigen. (Foto: Sebastian Gabriel)

Letztere können nun mit dem Bohlensteig einen neuen Weg nutzen, wenn sie von Grünwald aus etwa zum Georgenstein spazieren, weiter nach Baierbrunn oder gar zum Kloster Schäftlarn. Die Verbindung befindet sich auf dem Grund der Bayerischen Staatsforsten; um die Instandhaltung wird sich aber der Isartalverein kümmern. Dessen Finanzlage habe sich infolge der jahrelangen Niedrigzinsen eingetrübt, berichtet Erich Rühmer. "In den besten Zeiten hatten wir Zinseinnahmen von bis zu 70 000 Euro im Jahr, jetzt sind es nur noch 7000 Euro." Umso mehr sei man bei Projekten auf Spenden und Gönner angewiesen - so wie Ernst Denert. Ob er seit der Sanierung schon über den Bohlensteig gejoggt sei? Bei dieser Frage muss der 78-Jährige lächeln. Dann sagt er: "Na, was denken Sie denn!"

© SZ vom 17.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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