Isar:Ein Wehrmachtshelm und Plastik ohne Ende

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Was man nicht alles findet, an der Isar: Die Aktiven vom Kanuverband staunten bei ihrem Isar-Ramadama nicht schlecht. (Foto: Manfred Neubauer)

Beim Ramadama sammeln Kanuten zwischen Bad Tölz und Schäftlarn fünf Kubikmeter Müll - darunter auch manch Skurrilität.

Von Susanne Hauck, Schäftlarn

Die Kanus sind noch gar nicht zu Wasser gelassen, da hat Bingo schon den ersten Müll gebracht: einen aufgeschlitzten Gummiball, den die früheren Besitzer nach einem schönen Tag an der Isar wohl aus Bequemlichkeit nicht wieder mitnehmen wollten. Für die fünf alten Autoreifen, die ein anderer weiter hinten im Gebüsch frech entsorgt hat, ist Bingos Hundeschnauze jedoch viel zu klein. Schon am Parkplatz am Schäftlarner Bruckenfischer gibt es für die paddelnde Müllabfuhr vom Bayerischen Kanuverband also jede Menge zu tun

Zum Ramadama auf dem reißenden Wildfluss trifft sich am Samstag rund ein Dutzend Freiwilliger. Der kühle Herbstmorgen zwingt sie in hautenge Neoprenanzüge, wasserfeste Hosen und dicke Fleecepullis. Mit Sammelfahrten geht es anschließend nach Wolfratshausen zum Startpunkt Aujäger. Bingo, vorschriftsmäßig mit Schwimmweste bekleidet, steigt dann mit seinem Herrchen in eines der Kanus, um an der Strecke zurück nach Schäftlarn Unrat aus dem Wasser zu fischen. Die schmalen Kajaks und Kanadier machen es möglich, auch Stellen anzufahren, die vom Ufer aus nicht erreichbar sind. Im Schlepptau befinden sich die Schlauchboote, um die Ausbeute zu transportieren.

Während die Jugendsiedlung Hochland und der Verein "Deine Isar" den Abschnitt zwischen Bad Tölz und Wolfratshausen säubert, übernimmt der Kanuverband die restlichen neun Kilometer bis Schäftlarn. "Wir räumen den Dreck von den anderen weg", sagt Jutta Sieweke-Greza. Mit den anderen, damit meint die drahtige Kanutin vor allem die Schlauchbootfahrer und Freizeitrowdys, die an der Isar Party machen und alles dalassen, was sie nicht mehr gebrauchen können: leere Biertragl, kaputte Schlauchboote, Taschentücher, leere Glasflaschen. Wobei die vielen Gassibeutel, die sich häufig ebenfalls am Ufer finden, von anderen Dreckspatzen stammen, ergänzt Gregor Baumert, der als Isarranger die Aktion begleitet. Er hat im Sommer alle Hände voll zu tun, damit die Natur nicht zu Schaden kommt, hält nach illegalen Lagerfeuern Ausschau, ermahnt Bootsfahrer dazu, keine Glasflaschen mitzunehmen und sammelt Zigarettenkippen, Kronkorken und Plastikreste von den Kiesbänken. Denn was in der Isar landet, spült es über die Donau irgendwann ins Meer. "Das ist ein Riesenproblem", sagt Baumert.

"Wir nehmen unseren Müll immer mit."

"Wir machen das Ramadama auch, um zu zeigen, wie wichtig uns die Isar ist", erklärt Stefan Schmidt vom Kanuverband. Noch immer hadern die Wassersportler mit dem wegen der vielen Partyboote heuer erstmals angeordneten Fahrverbot, wonach die Isar nur noch vom 1. Juni bis 31. Dezember befahren werden darf, südlich von Bad Tölz nur bis 15. Oktober. Für Schmidt trifft das Verbot die Falschen. Es sei ein Widerspruch, einerseits Naherholung zu propagieren und andererseits die Kanuten monatelang auszusperren, für die ein sensibler Umgang mit der Natur schon immer selbstverständlich gewesen sei. "Wir nehmen unseren Müll immer mit", so Schmidt.

Die Bilanz der Gemeinschaftsaktion nach fünf Stunden auf dem Wasser: ein Fahrrad, eine Gitarre, ein Kinder-Neoprenanzug, ein Gepäckroller, ein Wellblech, zwei Schilder vom Landesbund für Naturschutz, ein Leitpfosten, zwei Skistöcke, zwei Stechpaddel, Plastikrohre, Glasflaschen, Getränkedosen und ein Haufen Plastik in allen Formen und Verrottungszuständen. Immer wieder mussten sich die Kanuten im Boot aufrichten, um mühsam die vielen an Ästen im Gebüsch hängenden Plastikfetzen zu pflücken, die bei Hochwasser hängen geblieben sind. Insgesamt sammelten sie knapp fünf Kubikmeter Müll, den sie jetzt auf eigene Kosten entsorgen.

Das interessanteste Fundstück war übrigens ein Stahlhelm aus dem Zweiten Weltkrieg. "Erst hielt ich es für einen alten Kugelgrill", berichtet Schmidt, der ihn halb eingegraben am Ufer bei der Einmündung von der Loisach in die Isar entdeckte. "Als ich ihn aufhob, sah ich, dass es sich um einen Wehrmachtshelm handelte, dem der obere Teil weggerostet war." Es bleibt ein Rätsel, wem er einst gehörte und wie er dort landete.

© SZ vom 30.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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