Bräunlich, trüb und flott kommt die Isar derzeit daher. Ihre blau-grüne Farbe hat die „Reißende“ durch den vielen Regen der vergangenen Tage und Wochen eingebüßt und macht daher ihrem Namen alle Ehre. Zwar gibt es keine „Meldestufe“, die behördliche Bezeichnung dafür, dass man von Hochwasser spricht. Dazu sind die Pegel noch zu niedrig. Aber: „Pegelstände allein sagen noch nichts darüber aus, ob und inwieweit ein sicheres Befahren der Isar möglich ist“, stellt eine Sprecherin des Landratsamts München klar. Am vergangenen Wochenende ist dieser Trugschluss einem 46-Jährigen aus dem Landkreis München zum Verhängnis geworden. Bei Straßlach-Dingharting ist er mit seinem Schlauchboot gekentert und ertrunken.
Laut Polizei war der Mann am Samstag mit einigen Freunden in zwei Booten auf dem Fluss in Richtung München unterwegs. Im Mühltal, wo sich am parallel laufenden Isarkanal die Floßrutsche befindet, ist eines der Boote bei starker Strömung mit Treibholz zusammengestoßen. Der Freiwilligen Feuerwehr Straßlach zufolge kippte das Boot um, zwei der Insassen konnten sich an Land retten, der dritte Mann wurde bewusstlos aus dem Wasser gezogen. Der Einsatz der Rettungskräfte gestaltete sich schwierig, denn der Unglücksort war auf dem Landweg nicht zu erreichen. Also musste das am Georgenstein stationierte Rettungsboot zum Einsatz kommen. Der Notarzt wurde mit dem Rettungshubschrauber auf einer Sandbank abgesetzt. Die Hilfe kam dennoch zu spät, die Reanimation blieb erfolglos.
Der Wasserstand der Isar südlich von München betrug Anfang der Woche 151 Zentimeter über dem Pegelnullpunkt. Das Landratsamt spricht von „leichtem Hochwasser“. Zum Zeitpunkt des Unfalls war der Wasserstand mit 141 Zentimetern sogar noch etwas niedriger. Meldestufe 1 von 4 beginnt erst bei 280 Zentimetern, was etwa alle zwei Jahre vorkommt. Bisweilen verbietet das Landratsamt dann auf bestimmten Abschnitten das Bootfahren. Das war am Wochenende nicht der Fall. Allerdings warnt die Behörde: „Die Isar ist ein Wildfluss, beim Bootfahren kann es daher zu schweren Unfällen kommen, besonders wenn nach Unwettern und starken Regenfällen Gefahren durch umgekippte Bäume drohen.“
Aber nicht nur die sichtbaren Hindernisse sind heikel. Oft schwimme Treibgut auch knapp unter der Wasseroberfläche und sei vom Boot aus nur schwer auszumachen, warnt das Landratsamt. „Jedes Jahr kommt es deshalb zu mehreren Unfällen auf der Isar. Häufig mussten Feuerwehren und Rettungsdienste in der Vergangenheit in Not geratene Bootsfahrer aus der Isar retten“, teilt eine Sprecherin mit.
Auch die Kreiswasserwacht München mahnt zur Vorsicht, selbst wenn das Wetter schön ist: „Wir müssen leider weiterhin ausdrücklich vor dem Betreten der Isar warnen. Durch die anhaltenden Regenfälle ist der Wasserstand der Isar immer noch deutlich erhöht. Wenn ihr Entspannung am Wasser sucht, geht bitte in die Freibäder oder an die Seen.“ Sprecherin Daniela Haupt verweist auf „Verblockungen“ und Unterströmung, die das Bootfahren gefährlich machten. „Braunes, trübes Wasser ist immer ein Anzeichen, dass es gefährlich ist.“ Man sollte dann Abstand vom Ufer halten und Kinder nicht dort spielen lassen, denn es könne zu Unterspülungen kommen, Böschungen könnten abbrechen.
Auch bei niedrigen Pegelständen rät die Wasserwacht unbedingt zum Tragen von Schwimmwesten. Das gelte auch für Menschen, die gut schwimmen können. Denn schnell könne man in eine starke Strömung gelangen oder von einem überhängenden Ast verletzt werden. „Auch kann man jemanden, der eine Schwimmweste trägt, an dieser einfacher zurück ins Boot ziehen“, so Haupt.
Eine Verordnung des Landratsamts regelt, was erlaubt ist und was verboten
Kinder bis acht Jahre und Nichtschwimmer müssen ohnehin Rettungswesten mit CE-Kennzeichen tragen. Ansonsten wird das Tragen der Schwimmwesten zwar grundsätzlich empfohlen, allerdings der Eigenverantwortung von Freizeitsportlern und Ausflüglern überlassen. Damit diese besser geschützt sind und weniger Unfälle passieren, hat das Landratsamt 2020 eine Bootsfahrverordnung erlassen.
Danach darf die Isar im Landkreis München ausschließlich mit Kanus, Schlauchbooten und Stand-up-Paddling-Boards befahren werden. Zu den einzelnen Fahrzeugarten gibt es jeweils spezifische Regelungen. Schlauchboote müssen einer vorgegebenen DIN-Norm entsprechen. Es ist außerdem nicht erlaubt, Beiboote anzuhängen sowie Fahrzeuge zusammenzubinden. Um die Fahrtüchtigkeit sicherzustellen, gilt eine Obergrenze von maximal 0,5 Promille Alkohol im Blut. Glasflaschen dürfen nicht mit an Bord, auch ist es nicht erlaubt, während des Bootfahrens Tonwiedergabegeräte zu verwenden.
Ob die Bootsfahrer bei dem Unfall am Wochenende Schwimmwesten trugen oder Alkohol getrunken haben, ist nicht bekannt. Die Polizei verweist auf laufende Ermittlungen.