Über Jahrzehnte sind die Morde verschwiegen worden, selbst in den Familien sprach man nicht über Angehörige mit Behinderung und Psychiatrie-Patienten, die das NS-Regime im Zuge der sogenannten Euthanasie gezielt hatte ermorden lassen. Josef Held fand so spät den persönlich als Befreiung empfundenen Zugang zu seiner Großmutter Maria Weindl, die nach 1935 Patientin in der Heilanstalt Eglfing-Haar gewesen war und am 3. September 1940 in einer Tötungsanstalt vergast wurde. Er habe erst vor wenigen Jahren gemerkt, wie das Tabu die Familie und ihn belastet habe, hat er berichtet. Am Mittwoch sprach Held als Vertreter einer am NS-Dokumentationszentrum in München angesiedelten Gedenkinitiative für Angehörige bei einer Veranstaltung am heutigen Isar-Amper-Klinikum darüber, wie das Andenken an die vergessen en Opfer der NS-"Euthanasie" in die Familien zurückgeholt werden könne. Darüber hinaus blickten Zeitgeschichts-Forscher darauf, wie an Tatorten wie dem Schloss Hartheim, in dem in einer Gaskammer Patienten starben, ein würdiges Erinnern ermöglicht wird und welche Rolle Ärzte bei dem massenhaften Morden spielten. Den Anlass für die von Klinik und Bezirk Oberbayern initiierten Gedenkveranstaltung bot der Abtransport von 25 Männern von Haar in eine Tötungsanstalt vor genau 82 Jahren, mit dem die zentral gesteuerte "T4-Aktion" begann. Etwa 4000 Patienten der Anstalt in Eglfing-Haar starben damals, insgesamt mehr als 250 000 psychisch Kranke und Behinderte. Die Veranstaltung endete mit einer Kranzniederlegung. Familien, die sich dem Thema nähern wollen und Beistand suchen, können sich der seit 2015 existierenden, von der Historikerin Sibylle von Tiedemann geleiteten Gedenkinitiative anschließen. Informationen gibt es unter https://www.ns-euthanasie-aufarbeitung.de/
NS-Verbrechen:Wider das Vergessen und Verdrängen
Bei der Gedenkveranstaltung am Klinikum spricht unter anderem Professor Annette Eberle.
(Foto: Claus Schunk)Das Klinikum Haar und der Bezirk Oberbayern erinnern an die "Euthanasie"-Morde der Nazis, die vor 82 Jahren mit einem Krankentransport von der Anstalt Eglfing in die Gaskammern begannen.
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