Firmenansiedlung:Eine Nummer zu groß für Haar

Firmenansiedlung: Die ursprünglich vorgelegten Pläne für die Firmenansiedlung sahen massive Eingriffe in den Bannwald vor. Doch auch eine abgespeckte Version fand jetzt keine Mehrheit.

Die ursprünglich vorgelegten Pläne für die Firmenansiedlung sahen massive Eingriffe in den Bannwald vor. Doch auch eine abgespeckte Version fand jetzt keine Mehrheit.

(Foto: Dibag Industriebau AG)

Die Pläne von Isar Aerospace und Blackwave spalten den Gemeinderat. SPD und Grüne lehnen sie als überdimensioniert ab - und setzen sich mit Hilfe eines CSU-Abweichlers in der ersten Abstimmung durch.

Von Bernhard Lohr, Haar

Mit der Ansiedlung der Raumfahrt-Firmen Isar Aerospace und Blackwave würde in Haar ein riesiges Fabrikgelände entstehen. Das zeigte sich am Dienstagabend im Bauausschuss, wo die Dibag Industriebau AG deutlich erweiterte Pläne für eine Bebauung auf etwa 13 Hektar der Finckwiese vorgelegt hat. Die Reaktion der Gemeinderäte war geteilt und passte in der Wortwahl auf jeden Fall zu den hochfliegenden Plänen. Schließlich geht es bei dem Raketenbauer Isar Aerospace um eine Senkrechtstarter-Firma, die dem US-Visionär Elon Musk Konkurrenz machen will. Vielleicht war es Absicht, vielleicht ist es Ulrich Leiner (Grüne) auch nur herausgerutscht, als er sein kräftiges Nein zu den größer dimensionierten Plänen damit untermauerte, dass er keine "Gigafactory" in Haar haben wolle.

Die Gigafactory steht bekanntlich schon in Brandenburg, wo Musk Elektroautos bauen lässt. Aber aus Sicht vor allem von SPD und Grünen sprengen die Pläne, die die Dibag für die Isar Aerospace Technology GmbH und neuerdings auch die mit ihren Fähigkeiten im Carbon-Leichtbau ebenfalls in der Luft- und Raumfahrt tätige Blackwave GmbH am Ostrand von Haar verfolgt, den Rahmen. Der Bauausschuss lehnte es mit einer Mehrheit von zehn zu acht Stimmen ab, die Flächennutzungsplanänderung nach den neuen Kriterien weiterzuverfolgen. Dagegen waren SPD, Grüne und der CSU-Gemeinderat Alois Rath. Kommende Woche kommt das Thema allerdings in den Gemeinderat, wo die Entscheidung anders ausfallen kann.

Firmenansiedlung: Will sich mit seiner Firma vergrößern: Daniel Metzler, einer der Gründer von Isar Aerospace.

Will sich mit seiner Firma vergrößern: Daniel Metzler, einer der Gründer von Isar Aerospace.

(Foto: Angelika Bardehle)

Die beiden momentan in Ottobrunn und Taufkirchen angesiedelten Firmen brauchen mehr Platz. Neben den jetzigen Standortgemeinden buhlten bisher Haar und Feldkirchen um die Hightech-Unternehmen. In diesem Herbst soll eine Standortentscheidung fallen, 2026 bereits möchte Isar Aerospace am neuen Firmensitz produzieren. Das soll nach dem Willen von Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) dann in Haar passieren, weshalb er Ende Juli durchsetzte, dass schon einmal der Flächennutzungsplan geändert wird. Damals ging es noch um acht Hektar Fläche. Nach Gesprächen mit dem Grundstückseigentümer und Bauherren Dibag sowie den Unternehmen sollen es nun 13 Hektar werden, weshalb Bukowski das Thema wieder vorlegte und noch einmal von einer "großen, großen Chance" für Haar sprach.

Ulrich Leiner erkannte zunächst eine große Zumutung. Die Dibag wolle das "Maximale" aus der Fläche herausholen. In Ottobrunn und Taufkirchen werde den Unternehmen deutlich weniger Fläche angeboten. Die Hallen wären größer als Ikea oder das Terminal II am Münchner Flughafen, sagte Leiner. 24 000 Quadratmeter Bannwald müssten abgeholzt werden. Wer das Projekt retten wolle, müsse es zurückstutzen. Peter Schießl (SPD) kritisierte den "massiven" Flächenverbrauch und fragte, was für Auswirkungen ein Eingriff in die Frischluftschneise auf das lokale Klima hätte. Nicht zuletzt kam er auf Elon Musk zu sprechen. Was passiere denn, wenn sich der Haarer Raketenbauer auf dem Markt nicht durchsetze? Und was, wenn Musk diesen aufkaufe? Peter Paul Gantzer (SPD) sprach von einer Loser-Rolle für die Gemeinde. Gewerbesteuer würde man lange nicht sehen bei den jungen Unternehmen.

"Wir leben nicht mehr in dem gallischen Dorf, dessen Zaubertrank MSD ist."

Geschäftsleute vom Schlage eines Elon Musk hätten am Dienstag eher Peter Siemsen (FDP) oder den CSU-Vertretern applaudiert, die den Bedenkenträgern entgegenhielten, dass eine solche Firmenansiedlung ein "Booster für Haar" sein könne. Siemsen sagte, Haar sei eine soziale Gemeinde. "Und das Sozialste sind gut bezahlte Arbeitsplätze." Die Jungunternehmer verdienten Vertrauen. Andreas Rieder (CSU) pries die "Strahlkraft" des Raumfahrtunternehmens. Stefan Dümig (CSU) attestierte diesem - Musk zitierend - einen "heroischen" Auftrag. Und Johannes Geiger (CSU) sagte, Haar brauche Gewerbe und Steuereinnahmen. "Wir leben nicht mehr in dem gallischen Dorf, dessen Zaubertrank MSD ist." Der Pharmakonzern MSD hat unlängst als größter Gewerbesteuerzahler Haar gen München verlassen.

Isar Aerospace würde mit einem repräsentativen Verwaltungsbau die Kreuzung Wasserburger Straße und Grasbrunner Straße prägen. 600 Beschäftigte würden dort erwartet. Das Firmenareal würde eingegrünt. Ein Architektenwettbewerb solle ebenso für gestalterische Qualität bürgen wie ein Beirat, in dem auch externe Experten sitzen, verspricht das Start-up. Der gerodete Bannwald würde im Verhältnis zwei zu eins ersetzt. Gedacht ist an einen 50 bis 60 Meter breiten Waldstreifen südlich der Tannenhofsiedlung auf Grasbrunner Flur.

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