Interview:"Ein Mittel, um Balance zu finden"

Interview: Gabriele Malek hat seit 1979 in der Garchinger Bücherei gearbeitet, jetzt ist sie im Ruhestand.

Gabriele Malek hat seit 1979 in der Garchinger Bücherei gearbeitet, jetzt ist sie im Ruhestand.

Die langjährige Büchereileiterin Gabriele Malek über Literatur

Von Gudrun Passarge, Garching

Gabriele Malek ist seit August 2018 in Rente. Zuvor hat sie zwölf Jahre lang die Stadtbücherei in Garching geleitet. Sie erlebte eine Zeit der Umbrüche und Innovationen. Angefangen hat die Bücherei mit nur zwölf Öffnungsstunden, später wurden es 39. Wenn es auch viele neue Medien gibt, Malek bleibt bei ihrer Erkenntnis: "Ich finde, Bücher sind eine der besten Erfindungen der Menschheit."

SZ: Frau Malek, was war zu Beginn Ihrer Zeit in Garching noch anders?

Malek: Früher war alles ein bisschen geruhsamer. Da hatte jeder noch ein bisschen mehr Zeit. Es gab nicht so extreme Einbrüche wie das Internet oder E-Books. Heute müssen sie viel schneller auf Veränderungen reagieren.

Haben sich Bibliotheken angesichts der neuen Medien nicht überlebt?

Für mich sind Bibliotheken mehr als Ausleihstationen. Es sind immer auch Orte, wo man einfach hingehen kann, ohne Eintritt, und in gewisser Form Ruhe finden kann.

Doch sie bieten auch neue Medien an.

Mit den Veränderungen leben wir schon seit 30 Jahren. Da gab es Kassetten, Videos, DVDs, das Internet und jetzt ist alles über eine Cloud abrufbar. Bloß für wen? Für mich ist ein Buch immer noch etwas schönes Haptisches. Ich bin ganz glücklich, wenn ich zuhause an mein Regal gehe und ein Buch raussuche, darin blättere und Zitate finde oder mir Personen sozusagen aus dem Buch herauswinken. Die Frage ist, ob wir auf den Zug der Zeit aufspringen sollen. Aber ich glaube, die Fundamente bleiben.

Was sind denn die Fundamente?

Das Wort, die Sprache, die Geschichte. Literatur ist für mich auch so etwas wie Medizin. Sie kann in bestimmten Lebenssituationen inspirierend wirken. Es gibt ja auch so etwas wie eine Bibliotherapie. Dabei ist es die große Kunst, die Geschichte und die richtigen Protagonisten, also die Leser, aufeinandertreffen zu lassen. In dieser Richtung sollten die Bibliotheken ihr Kerngeschäft nicht vergessen und ausbauen. Mein Wahlspruch war immer: Literatur hilft.

Dann hätten Büchereien also auch heute noch ihre Berechtigung?

Ja, sie sind wichtig - mehr denn je! Büchereien und Bibliotheken sollten gute, schöne Orte sein, Oasen. Für alle - die Welt ist so ungemütlich, so rastlos! Literatur kann ein Mittel sein, dass man in der Balance bleibt. Die Menschen des 21. Jahrhunderts werden oft mit aus dem Zusammenhang gerissenen Informationen bedient, ein Buch ist da eine konzentrierte Form, sich mit Themen auseinanderzusetzen. Da sind vielleicht Bibliotheken die Orte, wo man einfach sein kann, ohne sich rechtfertigen zu müssen. Orte, an denen man sich wohlfühlt. Davon gibt es ja nicht mehr so viele.

Vielen Dank für dieses engagierte Plädoyer für Literatur und Bücher.

Ich weiß, es klingt wie eine Botschaft zum neuen Jahr.

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