In Georg Büchners famosem Lustspiel "Leonce und Lena" begibt sich der Titelheld auf die Flucht nach Italien und wird dabei begleitet von dem Müßiggänger Valerio, der zu Beginn des zweiten Aktes resümiert: "Wir sind schon durch ein Dutzend Fürstentümer, durch ein halbes Dutzend Großherzogtümer und durch ein paar Königreiche gelaufen und das in der größten Übereilung in einem halben Tag..." Und ein paar Meter respektive Zeilen später: "Teufel. Da sind wir schon wieder auf der Grenze."
Ja, die deutsche Kleinstaaterei, die Büchner hier in komödiantischer Übertreibung auf die Schippe nimmt, hat schon seltsame Blüten getrieben: um 1800 soll es mehr als 300 Klein- und Mittelstaaten hierzulande gegeben haben. Die Grafschaft Ismaning, zunächst auch Grafschaft auf dem Yserrain genannt, die einen schmalen Landkorridor um Ismaning am Ostufer der Isar über Unterföhring bis nach Oberföhring umfasste, war ein klitzekleiner Teil dieses Flickenteppichs - und gehörte damals zum weltlichen Herrschaftsbereich des Fürstbischofs von Freising. 1802/03 löste sich dieser mit der Säkularisation auf.
Die neue Sonderausstellung "Eine Insel in Bayern - die Grafschaft auf dem Isarrain" im Schlossmuseum Ismaning widmet sich der Geschichte dieses einst eher öden Landstrichs zwischen Isar und Moos, von Freising bis Oberföhring, der heute eine gefragte und boomende Wirtschaftsregion ist. Eröffnet wird sie an diesem Freitag, 17. Mai, um 19 Uhr. Die Ausstellung war schon einmal 2019 zum 700-Jährigen zu sehen - im Jahr 1319 verkaufte Kaiser Ludwig der Bayer die Herrschaft über die Orte Ismaning, Unterföhring, Oberföhring, Englschalking und Daglfing an das Hochstift Freising - und ist jetzt um einige Exponate erweitert worden.
"Sie bietet ganz kompakt einen Überblick über fast 500 Jahre Geschichte dieser Grafschaft", sagt Dietrich Maurer, Leiter des Schlossmuseums. Schon vor fünf Jahren war die Resonanz gut und das Staunen mitunter groß: "Viele wissen das ja nicht, dass das hier sozusagen eine Insel war, umgeben von Bayern", sagt Maurer. Die Idee, sie erneut zu präsentieren, ergibt aus seiner Sicht auch deshalb Sinn, weil in Freising vor wenigen Tagen die Landesausstellung "Tassilo, Korbinian und der Bär - Bayern im frühen Mittelalter" eröffnet wurde, und die Ismaninger Ausstellung daran zeitlich anschließt. Diese dauert bis 14. Juli und wird später auch noch in Unterföhring gezeigt: Auf mehr als 30 informativen Tafeln veranschaulichen Dokumente, Bilder, Landkarten und Texte das religiöse und soziale Leben in den Orten der Grafschaft Ismaning vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit.
Das Timing der Eröffnung passt auch insofern, als sich am Sonntag, 19. Mai, gleich der Internationale Museumstag anschließt, der - wie der Name schon sagt - überregional und weltweit zelebriert wird, aber auch im Landkreis München zu verstärkter Aktivitäten einzelner Institutionen führt.
In Ismaning ist neben dem Schlossmuseum am Sonntag die benachbarte Galerie im Schlosspavillon geöffnet. Dort gibt es ein Künstlergespräch mit Inkyu Park und Martin Spengler, den Protagonisten der großartigen aktuellen Ausstellung "Aus Papier". Es beginnt um 15 Uhr, der Eintritt ist frei. Eine weitere Besonderheit ist, dass die historischen Prunkräume im Ismaninger Schloss in Führungen besichtigt werden können, von 13 bis 17 Uhr. Zudem gibt es eine Sonderführung zum Thema "Holz und Handwerk" im Sägewerk in der Seidl-Mühle unter der Leitung von Rudolf Kreutzer, Beginn ist um 11 Uhr.
Auch anderswo wird der Internationale Museumstag gewürdigt: "Wir sind mit einem vielseitigen Angebot auf der Burg Grünwald mit an Bord", erklärt Julia Landgrebe von der Archäologischen Staatssammlung München. Das Burgmuseum ist am Sonntag ganztags geöffnet, zudem stehen zwei Führungen mit dem Archäologen Harald Schulze auf dem Programm. In diesen werden einzelne Bauabschnitte sowie die Gesamtanlage genauer unter die Lupe genommen, aber auch die Geschichte der Burg hoch über der Isar rekapituliert, die nicht zuletzt eng mit dem Haus der Wittelsbacher verknüpft ist. Beginn ist jeweils um 11 Uhr und um 14 Uhr (Familienführung). Die Burg Grünwald, in der auch immer wieder Kaiser und Herzöge zu Gast waren, gehört zu den wohl wichtigsten Burgen Bayerns. Sie hatte im Laufe ihrer tausendjährigen Geschichte unterschiedliche Funktionen: mal war sie Jagdschloss, mal Pulvermagazin, mal Gefängnis - und Karl Valentin wurde hier zu seinem Lied "Die oidn Rittersleut" inspiriert.
Mitmachangebote für Kinder gibt es in Grünwald ebenfalls: Das Museumspädagogische Zentrum (MPZ) offeriert ein Nachmittagsprogramm für "kleine Ritter und Burgfräulein". In der Burgwerkstatt entstehen dabei - je nach Wunsch - schicke Spiegel, Fibeln, edle Zierschilde oder gruselige Burggespenster. Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren können hier, mit der Unterstützung ihrer Eltern, kreativ werden. Die Plätze sind begrenzt. Der MPZ-Workshop dauert von 14 bis 17 Uhr, für die Materialkosten sind ein paar Euro aufzuwenden.
Wer am Sonntag die Muße hat, sich interessante Exponate anzusehen oder historischen Relevantem zu lauschen, für den gibt es überdies in Unterschleißheim und Taufkirchen Optionen: Das Stadtmuseum Unterschleißheim bietet von 11 Uhr und von 15 Uhr an jeweils eine Impulsführung an. Eine Anmeldung ist dafür nicht notwendig. "Zudem steht das Museumsteam den Besuchern den ganzen Tag zur Verfügung und freut sich auf Fragen und auch Anregungen", sagt Pia Mayer vom Forum Unterschleißheim. Ein Kinderprogramm gibt es ebenfalls: Für die kleinen Gäste stehen Papier und Buntstifte bereit, sie sollen sich unter Anleitung der Museumsmitarbeiter Gedanken zu der Frage machen: Was ist eine Museumsmaschine?
Am Wolfschneiderhof in Taufkirchen öffnet Gemeindeheimatpfleger Michael Müller das Museum von 14 bis 17 Uhr. Bei den Führungen durch das mehr als 200 Jahre alte Bauernhaus erfahren die Besucher Details über die kargen Lebensverhältnisse der ehemaligen Bewohner sowie die bewegte Geschichte der Gemeinde, der Eintritt ist frei. Historischen Lesestoff können Interessierte zudem beim Rätselraten rund um die Heimatgeschichte gewinnen. Kaffee und selbst gebackenen Kuchen gibt es auch, von circa 16 Uhr an unternimmt Müller mit einer Bildpräsentation eine etwas andere "Museumstour".