Schulbegleiter:Entspannt im Pool

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Kultusministerin Anna Stolz im Gespräch mit Schülerinnen und Schülern der Thea-Diem-Schule in Unterhaching. (Foto: Claus Schunk)

Kinder und Jugendliche mit Behinderung sollen künftig in Bayern nicht mehr von festen Schulbegleitern betreut werden, sondern von einem Team. Am Förderzentrum in Unterhaching hat sich das Konzept bereits bewährt.

Von Irmengard Gnau, Unterhaching

Die Mädchen und Jungen der Schülerband zupfen sich noch einmal ihre weißen T-Shirts zurecht, auf denen in bunten Lettern „Thea-Diem-Team“ steht. Gleich geht es los. Die Aufregung ist auch bei Schulleiterin Ricarda Friderichs spürbar, schließlich kommt nicht alle Tage die bayerische Kultusministerin zu Besuch. Die Thea-Diem-Schule in Unterhaching, Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, ist an diesem Donnerstag Gastgeberin für eine Unterzeichnung, mit der das Kultusministerium und die bayerischen Bezirke „ein starkes Zeichen für Inklusion setzen“ wollen, wie Ministerin Anna Stolz (Freie Wähler) sagt.

Es geht um eine Reform der Schulbegleitung. Die können Kinder und Jugendliche beantragen, die wegen einer Behinderung Unterstützung beim Schulbesuch benötigen. Wird der Antrag genehmigt, bekommt bisher jedes Kind eine Schulbegleiterin oder einen Schulbegleiter an die Seite gestellt, der dann mit im Klassenzimmer sitzt und je nach Bedarf hilft. Das soll sich nun ändern. Statt der individuellen Eins-zu-eins-Begleitung soll künftig ein sogenannter Pool von Schulbegleitern mehrere Schüler unterstützen können. Gesetzlich ist das seit 2020 bereits möglich, nun empfehlen es Bezirke und Kultusministerium explizit.

Im Unterhachinger Förderzentrum ist dieses Prinzip seit dem vergangenen Herbst Alltag. Und die Erfahrungen damit sind sehr gut, wie Schulleitung, Elternvertreter und Schüler unisono bestätigen. „Wir erleben das Pooling als große Bereicherung für unsere Schule“, sagt Schulleiterin Friderichs. Sie sieht Vorteile sowohl auf pädagogischer als auch auf organisatorischer Seite. Früher seien die Schulbegleiter an der Thea-Diem-Schule bei sieben verschiedenen Diensten beschäftigt gewesen, zu unterschiedlichen Bedingungen. Wurde mal einer krank, konnte das betreute Kind meistens den Unterricht nicht besuchen – Stress für Kinder und Eltern.

Nun gibt es mit der Lebenshilfe München nur noch einen Träger, der ein festes Team an Schulbegleitern beschäftigt; 35 Schulbegleitungen sind es aktuell für 42 leistungsberechtigte Kinder. „Die Schulbegleiter sind heute ein Teil unserer Schulfamilie“, sagt Friderichs. Das bedeutet mehr Kontinuität für Kinder und Eltern; so kann im Krankheitsfall auch mal eine andere aus dem Pool ein Kind begleiten. Gleichzeitig ist es einfacher, flexibel möglichst passgenau zu unterstützen, wenn sich der Bedarf eines Kindes ändert, etwa weil es einen Entwicklungssprung macht. Dadurch wird die Selbständigkeit der Kinder gefördert. Die feste Poolzuweisung ist auch für die Schulbegleiter von Vorteil, schließlich werden die Arbeitsverhältnisse so stabiler.

Einsparungen sind das Ziel, aber nicht der einzige Vorteil

Hintergrund des neuen Konzepts, das verhehlen die Politiker nicht, ist freilich auch ein finanzieller. Als Politiker müsse man eben immer auch die Frage stellen, ob es genügend Leute und genügend Geld gebe, sagt Franz Löffler, Präsident des Bayerischen Bezirkstags. Die Bezirke finanzieren die Schulbegleitung als Eingliederungshilfe für Kinder mit körperlichen, geistigen oder Sinnesbehinderungen. Im Fall einer seelischen Behinderung sind die Jugendämter in den jeweiligen Kommunen beziehungsweise Kreisen gefragt. Zuletzt, sagt Löffler, hätten die bayerischen Bezirke mehr als 5000 Kinder mit Schulbegleitungen unterstützt; vonseiten der Jugendhilfe kommen noch einmal etwa 6000 hinzu. Die Kosten belaufen sich auf etwa 250 Millionen Euro.

Angesichts einer angespannten Finanzlage liegt da der Gedanke nahe, bestehende Standards zu überdenken und Synergien zu prüfen. Wobei man keinesfalls die Kinder mit diesem Bedarf hinten runterfallen lassen wolle, betont Löffler, im Gegenteil. Diese sollen optimal unterstützt werden, eben indem die Begleitung noch genauer auf den Schulalltag angepasst wird.

Die nun offiziell beschlossenen gemeinsamen Empfehlungen der Bezirke und des Kultusministeriums sollen weitere Schulen zum Pooling motivieren und so einen neuen Standard bei der Schulbegleitung in Bayern einleiten. Denn die Schülerzahlen an den Förderschulen steigen, während Lehrkräfte fehlen. Experten setzen daher Hoffnung in multiprofessionelle Teams, zu denen auch die Schulbegleitungen zählen. Mit dem Pooling setzten Bezirke und Ministerium einen „weiteren wichtigen Baustein“, sagt Stolz.

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