Süddeutsche Zeitung

Coronavirus im Landkreis München:Oberhachinger Impfzentrum soll wieder öffnen

Angesichts langer Schlangen bei den Immunisierungsaktionen bemüht sich der Landkreis, die Kapazität zu erhöhen. Das Hauptproblem dabei ist, das nötige Personal zu bekommen.

Von Martin Mühlfenzl und Sabine Wejsada

Wer sich derzeit im Landkreis München am Impfbus gegen das Coronavirus immunisieren lassen möchte, braucht Stehvermögen und gute Nerven. Hunderte Meter lange Menschenschlangen und Wartezeiten von sechs Stunden gehören hier inzwischen zur Normalität. Der Landkreis bemüht sich unterdessen, die Kapazität zu erhöhen, laut Landrat Christoph Göbel (CSU) soll auch das Impfzentrum in Oberhaching wieder eröffnet werden.

Seit einer Woche machen die mobilen Teams des Impfzentrums Station in den Städten und Gemeinden des Landkreises. Und der Verdruss bei allen Beteiligten ist groß. Bei den Impfwilligen, die sich ihren Piks abholen wollen und dafür bei frostigen Temperaturen oder Regen stundenlang ausharren müssen, wenn sie denn nicht weggeschickt werden wie am Samstag in Unterföhring oder am Montagmittag in Garching.

Die Ärzte und Sanitäter, die bei den Impfaktionen im Einsatz sind, arbeiten am Anschlag und bekommen nicht selten den ganzen Frust der Wartenden ab. Und alle fragen sich: Wie hat es zu einer solch misslichen Lage kommen können? Und wie soll es weitergehen mit der Impfkampagne, wenn es erst einmal schneit und die Temperaturen weiter in den Keller sinken?

Garchings Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) übte am Montagnachmittag im Finanzausschusses des Kreistags heftige Kritik am Ablauf der Impfbus-Aktion in seiner Stadt. Bereits mittags hatten die Organisatoren bekannt geben müssen, dass sich niemand mehr anstellen solle, weil alle Impfdosen reserviert seien. Zu diesem Zeitpunkt warteten unzählige Menschen in einer Schlange vor dem Bürgerhaus.

"Die Impfaktion ist richtig in die Hose gegangen", sagte Gruchmann in der Sitzung. "Das ist eine Peinlichkeit hoch zehn, wir hätten zehn Mal so viele Menschen impfen können und stehen jetzt wirklich blamabel da." So etwas dürfe sich in Ismaning nicht wiederholen, so Gruchmann. Dort fahren die Impfbusse an diesem Dienstag, 23. November, vor; anders als zunächst geplant wird die Impfaktion stationär in die Hainhalle verlegt.

Landrat Göbel erwiderte in der Sitzung, seine Behörde tue alles, so viele Impfungen wie möglich anzubieten, aber die Impfteams hätten auch "begrenzte Kapazitäten" und arbeiteten "am Anschlag". Alle bisherigen Impfbus-Aktionen hätten gezeigt, dass sie auch für Menschen außerhalb des Landkreises interessant seien, so Göbel. Sehr viele der Impfwilligen kämen aus München und den umliegenden Landkreisen. "Aber wir können die Aktionen nicht auf unsere Landkreisbürger beschränken", so der Landrat.

Das Landratsamt ist sich nach den Worten von Sprecherin Franziska Herr sehr wohl darüber bewusst, dass die momentane Lage "grundsätzlich schwierig" ist und eine große Herausforderung darstellt. Man habe aber die Vorgaben der Staatsregierung zu den Kapazitäten der Impfmöglichkeiten einhalten müssen. Nun aber gebe es das Okay "für das, was wir wollen", so die Sprecherin. Seit Beginn der Woche kann der Landkreis etwa nicht nur einen Impfbus auf Reisen schicken, sondern verfügt über einen zweiten. Beide sind gleich am Montag in Garching im Einsatz gewesen.

Ein zweites Impfzentrum wird wohl nicht reichen

Im Finanzausschuss erklärte Göbel zudem, er gehe davon aus, dass das Impfzentrum in Oberhaching "ab nächster Woche" wieder den Betrieb aufnehmen wird. Die Immobilie am Keltenring, in der es bis Oktober untergebracht war, stehe zur Verfügung, er selbst habe bereits die Johanniter-Unfallhilfe beauftragt, das Impfzentrum hochzufahren. Göbel machte aber auch deutlich, dass es angesichts der Nachfrage mit einem wieder eröffneten zweiten Impfzentrum nicht getan sein werde: "Das wird nicht reichen."

Der Landkreis ist darüber hinaus in Verhandlungen mit dem BRK und auch den Johannitern, damit die beiden Rettungsdienste ebenfalls mit ihren mobilen Impfteams erneut zum Einsatz kommen könnten. Auch mit dem Technischen Hilfswerk (THW) laufen laut Landratsamt Gespräche, um die Impfungen zu unterstützen. So könnten bis zu weitere 40 Helfer generiert werden, sagte Herr.

Damit die Menschen künftig nicht bei Wind und Wetter im Freien auf ihre Spritze warten müssen, sei der Landkreis gerade dabei, zusammen mit den Kommunen Bestandsimmobilien zu suchen, damit an den Impftagen drinnen geimpft werden kann. In Garching verabreichte am Montag bei einer der beiden Impfaktionen ein mobiles Team die Vakzine im Bürgerhaus. Und die Wartenden konnten draußen immerhin unter den Arkaden Schutz vor dem Regen suchen.

Man sei dabei, die Impfmöglichkeiten hochzufahren, betont das Landratsamt. Dabei sei weniger die Infrastruktur das Problem, sondern viel mehr die Beschaffung von Personal. Diese Erfahrung macht derzeit auch der Malteser-Hilfsdienst, der das Impfzentrum in Haar betreibt und verantwortet. Nach den Worten von Schichtleiter Julius Metzdorf herrscht dort Personalmangel, der sich durch die verstärkten Außeneinsätze mit den Impfbussen noch deutlicher zeige. Man sei an der Grenze der Belastbarkeit, sagt er, "manche sind schon drüber", denn für die Bustouren würden Leute aus dem Zentrum abgezogen.

Wenn Not am Mann sei, "schicken wir hinterher", so wie am Wochenende in Unterföhring, wo mittags ein zweiter Impfarzt eintraf und dann im Rettungswagen die Spritzen setzte. Immer vorausgesetzt, die Situation am Haarer Standort lässt das zu. Denn auch dort schwillt der Zustrom derer an, die sich immunisieren lassen wollen. Trotz einer vorher erforderlichen Anmeldung und Terminvergabe kommt es auch dort zu längeren Wartezeiten.

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