Süddeutsche Zeitung

Immobilienpreise im Landkreis München:Bald nur noch für Millionäre

Doppelhaushälften mit gutem Wohnwert reißen die Millionen-Grenze. Auch für Mietobjekte muss immer mehr bezahlt werden. Laut einem Immobilienbericht kann die hohe Nachfrage nicht befriedigt werden.

Von Iris Hilberth, Landkreis

"Sie sind für Ihre Familie auf der Suche nach einem gut angebundenen Eigenheim mit großem Garten in einer ruhigen Wohnsiedlung? Dann sind Sie hier richtig", lockt der Immobilienmakler.

Das mag für viele, die sich nach einem eigenen Häuschen im Münchner Umland umschauen, zutreffen. Wenn aber der Blick auf den Preis des angebotenen Objekts in Oberhaching fällt, wird manch einer erst einmal schlucken und danach passen.

Obwohl er ganz gut verdient und vielleicht gerne so ein Häuschen hätte im Süden von München, in einer Gemeinde, die in den vergangenen Jahren als Wohnort immer begehrter geworden ist. 850 000 Euro soll sie kosten diese Doppelhaushälfte "mit Potenzial", gerade mal 135 Quadratmeter groß, noch dazu 54 Jahre alt und, wie der Verkäufer offen zugibt: renovierungsbedürftig.

Dabei liegt der Anbieter gar nicht mal über dem, was in der Gegend an Preisen für Häuser inzwischen aufgerufen wird. Für Immobilien muss man im Landkreis München bekanntermaßen ein Vermögen auf den Tisch legen oder sich hoch verschulden. Ein Ende der Preisspirale nach oben ist nicht in Sicht, gerade hat das Institut für Immobilienmarktforschung (IVD) neue Zahlen vorgelegt. Sie zeigen: Häuser und Wohnungen im Landkreis München sind schon wieder teurer geworden. Ganz egal ob man sie mieten oder kaufen will - falls man überhaupt etwas findet, denn das Angebot ist nach wie vor rar.

Neue Wohnbauflächen fehlen

Die Nachfrage nach Wohnimmobilien übersteigt in allen Gemeinden des bevölkerungsstärksten Landkreises in Bayern deutlich das vorhandene Angebot. Nach Prognosen des Planungsverbands Äußerer Wirtschaftsraum München (PV) wird das auch in Zukunft so bleiben, denn der gesamten Region wird bis 2035 ein Bevölkerungszuwachs von 400 000 Menschen vorhergesagt, für die jährlich zwischen 15 000 und 20 000 Wohnungen entstehen müssten. Tatsächlich werden aktuell aber nur knapp 12 000 pro Jahr gebaut, weil auch neue Wohnbauflächen fehlen.

"Der Platz reicht nicht mehr für alle", mahnt daher PV-Geschäftsführer Christian Breu. Das liegt laut Planungsverband an der mangelnden Verfügbarkeit von Bauflächen und geringer Akzeptanz für Neubaugebiete. Auch schränkten stark steigende Grundstücks- und Baukosten die Bautätigkeit ein. Nach Angaben des Landesamts für Statistik hat Bauland im Landkreis München im Jahr 1970 noch 47 Euro pro Quadratmeter gekostet, 2008 waren es schon 597 Euro, 2012 dann 815 und im Jahr 2016 schließlich 1372.

Besonders teuer ist es mittlerweile in Gräfelfing. Da kann man für ein Baugrundstück laut IVD-Bericht in sehr guter Wohnlage gleich mal 1975 Euro pro Quadratmeter hinblättern, selbst für eine mittlere Wohnlage muss man mit 1155 Euro rechnen. Aber auch wer mieten will - und auf diesem Markt hat sich die Nachfrage durch die Angestellten zahlreicher Unternehmen und Forschungseinrichtungen verstärkt -, braucht man monatlich ein stattliches Gehalt auf dem Konto. Bei Doppelhaushälften liegt Gräfelfing (3050 Euro kalt) an der Spitze im Landkreis.

1,3 Millionen Euro für eine Doppelhaushälfte

Die hohe Nachfrage kann nicht befriedigt werden, weil laut IVD straffe Bebauungspläne eine Nachverdichtung verhindern. Noch teurer ist der Kauf in Oberhaching geworden. Die neue Doppelhaushälfte kostet hier gerne mal 1,3 Million Euro. Die Neubautätigkeit sei in der Gemeinde praktisch zum Erliegen gekommen, schreibt das IVD. Die Forscher rechnen mit einer weiteren Preissteigerung, da eine neue Fachoberschule am Deisenhofener Bahnhof gebaut werden soll.

Wenig Platz bietet auch Ottobrunn. Neuer Wohnraum kann hier nur noch durch Nachverdichtung entstehen, entsprechend hoch sind die Preise. Eine neue Doppelhaushälfte mit gutem Wohnwert kostete im vergangenen Jahr bereits 880 000 Euro, in diesem Jahr wurde die Millionen-Grenze für solche Objekte überschritten. Selbst wenn man nur ein Reihenhäuschen mieten möchte, sollte man monatlich 1920 Euro übrig haben, die Nebenkosten kommen allerdings noch dazu.

Dagegen erscheint Taufkirchen vergleichsweise günstig, obgleich man 1380 Euro für Miete auch erst einmal haben muss. Im Nachbarort Unterhaching zahlt man schon 1530. Viel Neues soll hier in den kommenden Jahre nicht mehr entstehen, die Gemeinde will einen Schlussstrich bei 28 000 Einwohnern ziehen, wird daher nur noch durch Nachverdichtung wachsen und hat bereits eine als allgemeines Wohngebiet ausgewiesene Fläche wieder in Ackerland umgewandelt.

Widerstand der Bevölkerung gegen Wachstum gibt es auch in Unterschleißheim, wo das IVD eine "rege Bautätigkeit" feststellt. Für eine neue Doppelhaushälfte legt man dort 810 000 Euro hin. Etwas günstiger ist es in Kirchheim (745 000), dafür sind dort die Mieten höher.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3686044
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 28.09.2017/belo
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.