Süddeutsche Zeitung

Icking/Schäftlarn:Die Ruhe nach dem Aufschrei

Der Tölzer Landrat zieht drei Monate nach der neuen Bootfahrverordnung auf der Isar eine positive Bilanz

Von Klaus Schieder, Icking/Schäftlarn

Die Bootfahrverordnung, die der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen vor drei Monaten erlassen hat, zeigt Wirkung. Dieses Zwischenfazit zog Landrat Josef Niedermaier (FW) am Montag bei einem Ortstermin an der Isar bei Gaißach. "Der Großteil der Bevölkerung hat den medialen Aufschrei gehört und hält sich an die Regeln", bilanziert er. Für die Kontrolle, vor allem aber die Aufklärung der Gäste sind die Isarranger zuständig, ihre Zahl wurde heuer auf elf aufgestockt. "Es ist ruhiger an der Isar", sagt Bernhard März, der seit 1988 als Ranger tätig ist. Auch die Ausrüstung der Boote habe sich bei einigen Fahrern verbessert.

14 Verhaltensregeln umfasst die neue Verordnung. Dazu gehören beispielsweise ein Verbot von Beibooten und von Glasflaschen, eine Alkoholgrenze von 0,5 Promille und eine Schwimmwestenpflicht für Kinder bis zwölf Jahre und Nichtschwimmer, vor allem aber die saisonale Beschränkung des Bootfahrens auf die Zeit von 1. Juni bis 15. Oktober südlich von Bad Tölz, ansonsten vom Tölzer Kraftwerk zur nördlich Landkreisgrenze bis Silvester. Dagegen erwägt der Bayerische Kanu-Verband eine Klage, die Niedermaier zufolge bisher aber nicht eingereicht wurde. "Die Kanuten meinen, wir hätten die Verordnung aufgestellt, weil etliche Besoffene auf der Isar fahren." Dies sei aber falsch. Vielmehr gehe es darum, den Wildfluss selbst und die gefährdeten Arten an der Isar zu schützen und zu bewahren. Fischer und Bootfahrer, Camper und Naturschützer - ihre divergierenden Interessen unter einen Hut zu bringen, sei schwierig. "Das Gleichgewicht der Isar war durch die verschiedenen Interessen empfindlich gestört", so Niedermaier.

Wenn die Isarranger die Besucher auf die neuen Regeln hinweisen, stoßen sie nach eigenem Bekunden oftmals auf Verständnis. "80 bis 90 Prozent geben uns eine positive Resonanz und sagen danke für die Aufklärung", erzählt Ranger Stefan Goller. Die sei auch notwendig, meint sein Kollege März. Nach wie vor herrsche eine große Unkenntnis über den Wildfluss und die Landschaft an seinen Ufern, "vielen ist nicht bewusst, was das für ein Lebensraum ist". 380 Verfahren wegen Verstößen gegen Landschafts- und Naturschutzgesetze zählt Franz Steger, Leiter der Sachgebiets Umwelt im Tölzer Landratsamt, in diesem Jahr bereits. 2018 waren es insgesamt 820.

Ein Brennpunkt ist nach wie vor das Ickinger Wehr. Die Gäste kommen mit der S-Bahn an und gehen dann zur Einstiegsstelle an der alten Floßrutsche. Die Isarranger zählten am 6. Juli von 9 bis 14 Uhr insgesamt 244 Boote, die zu Wasser gelassen wurden. Die Gefahr sei dort, dass Bootfahrer trotz großer Warnschilder auf der Isar gen Norden über die ausgediente Rutsche fahren und unten in eine Wasserwalze geraten, sagt Isarranger Gregor Baumert. Erst voriges Wochenende habe er dort einen Paddler herausgezogen, der in einem ordentlichen Boot unterwegs war. "Die Wasserwalze kann saugefährlich sein", bestätigt März. Ein anderes Problem sind immer noch die Glasflaschen, die etliche Nutzer der Isar trotz des Verbots mit sich führen. Dafür setze es nicht gleich ein Bußgeld, sagt Caroline Singer, Abteilungsleiterin für Öffentliche Sicherheit und Ordnung im Landratsamt. "Wir sprechen die Leute erst mal an." Wenn sich jemand stur zeige, könne es aber teuer werden.

Für Christian Kinzler ist das Geschäft wegen der Bootfahrverordnung heuer zurückgegangen. "Deutlich", sagt der Geschäftsführer der Sport Piraten GmbH aus München, die Rafting-Touren auf der Isar anbietet. Gleichwohl trage man die neuen Regelungen mit. "Wir haben das gleiche Ziel, uns ist in unserer Arbeit die Umweltbildung wichtig", so Kinzler. Darin bilde man Guides und Gäste aus.

Wie viele Freizeitgäste die Isar überhaupt verträgt, soll ein Monitoring zeigen. An dieser Studie beteiligt auch der Landkreis München. In zwei Jahren sollen die Ergebnisse vorliegen. Mit der Bootfahrverordnung sei man inzwischen auf einem guten Weg, so Niedermaier. "Die Isar selber kann nicht reden, aber vielleicht sagt sie Danke."

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SZ vom 16.07.2019
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