Innovative Mobilität:Der Hyperloop soll Fahrt aufnehmen

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In einer luftleeren Röhre sollen die Transportkapseln mit mehr als 850 Stundenkilometern fahren. (Foto: Claus Schunk)

In Ottobrunn und Taufkirchen entsteht eine erste Teststrecke für die Hochgeschwindigkeits-Magnetschwebebahn, die von der TU München entwickelt wird. Auch wenn diese nur 24 Meter lang wird, sieht Ministerpräsident Söder darin eine große Chance.

Von Stefan Galler, Ottobrunn/Taufkirchen

Mit 850 oder mehr Stundenkilometer in einer luftleeren Röhre durch die Gegend sausen und die Strecke München-Berlin in etwas mehr als einer halben Stunde hinter sich bringen: eine Vision, die eher nach einem Science-Fiction-Film klingt als nach einer schon bald zu erwartenden Revolutionierung des Transportwesens. Doch bei der Technischen Universität München (TU) und insbesondere an deren innovativem Standort Ottobrunn/Taufkirchen glauben sie fest daran, dass dem Projekt "Hyperloop" die Zukunft gehört. Und weil die bayerische Staatregierung diesen Optimismus teilt, steckt sie im ersten Schritt bereits 3,5 Millionen Euro im Rahmen der Hightech-Agenda Bayern in die Entwicklung dieser Magnetschwebebahn. Am Freitagmittag kamen Ministerpräsident Markus Söder und Wissenschaftsminister Markus Blume (beide CSU) auf das Forschungsgelände und griffen zum Spaten: der symbolische Baubeginn für eine 24 Meter lange Teststrecke im originalen Maßstab, die in den nächsten Monaten entstehen wird.

Söder zeigte sich bei seinem Auftritt in Ottobrunn bestens gelaunt, sprach davon, noch nie einen Spatenstich für eine so kurze Strecke gemacht zu haben, und kündigte schon mal an, seinem früheren Generalsekretär generös den Vortritt zu lassen, wenn der Hyperloop dereinst vollständig realisiert sein werde: "Erst fährt der Markus Blume und wenn er es überstanden hat, fahre ich auch." Die lokalen Größen der Christsozialen glänzten derweil mit Abwesenheit: Weder der Bundestagsabgeordnete Florian Hahn, der wegen Sitzungen in Berlin nicht abkömmlich war, noch die ehemalige bayerische Verkehrsministerin Kerstin Schreyer waren zu diesem prestigeträchtigen Termin für den Hightech-Standort im südöstlichen Landkreis München gekommen. Dafür Münchens Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne).

"Das ist ein Tag, der in dystopischen Zeiten utopischen Mut macht", sagt Söder

Und so blieb es vor allem dem Ministerpräsidenten vorbehalten, den Hyperloop als "next step in die Zukunft" zu bezeichnen, auch wenn noch nicht ganz klar sei, wie sich die Mobilität in den nächsten Jahrzehnten tatsächlich darstellt: "Wir stehen vor der Tür, sehen unten das Licht durchscheinen, wissen aber noch nicht, wie wir sie aufbekommen und was wir dahinter sehen", sagte Söder und rühmte die freie Forschung in Deutschland, die Teamarbeit als Grundlage der Forschung der TU und die Bereitschaft, neue Geschäftsideen zu entwickeln: "Das ist ein Tag, der in dystopischen Zeiten utopischen Mut macht."

Den Spatenstich für die Teststrecke in Ottobrunn setzen TU-Mitarbeiterin Raphaela Schiburr, Wissenschaftsminister Markus Blume, Ministerpräsident Markus Söder, TU-Vize-Präsident Gerhard Kramer und Projektleiter Gabriele Semino (von links). (Foto: Claus Schunk)

Söders Prognose, das Forschungsprojekt sei eine Chance, um "schon bald" in Windeseile aus der Stadt zum Flughafen oder zum Messegelände zu gelangen, dürfte allerdings arg optimistisch sein: Der nächste Schritt sei, bis 2025 eine ein Kilometer lange Teststrecke zu bauen, ergänzte Projektleiter Gabriele Semino. Er steht an der Spitze eines mittlerweile 86 Studierende aus 28 Nationen umfassenden Teams, das aus einer 2015 gegründeten Initiative entstanden ist mit dem Ziel, an den SpaceX-Hyperloop-Wettbewerben teilzunehmen, die Tesla-Chef Elon Musk mit seinem Weltraumunternehmen ins Leben gerufen hat. Die TU-Truppe belegte seither in allen vier Konkurrenzen den ersten Platz, stellte mit ihrer Simulation, in der die Schwebebahn 482 Stundenkilometer erreicht, einen Weltrekord auf. Das alles nötigt auch Söder Respekt ab: "Man weiß es aus dem Fußball: Einmal zu gewinnen, ist einfach. Aber öfter, das ist die große Kunst."

In Ottobrunn entsteht eine Betonröhre mit 4,2 Metern Durchmesser und eine Kapsel für die Passagiere

Projektleiter Semino gibt die Richtung vor: "Wir verfolgen zwei Ziele: Einerseits muss die Technologie entwickelt werden und andererseits müssen wir im Rahmen einer Konzeptanalyse europaweite Routennetze erarbeiten." Ganz konkret wird nun eine Testanlage entstehen, ein sogenannter Demonstrator, bestehend aus drei Komponenten: einer Betonröhre mit 4,2 Metern Durchmesser, bei der vor allem die Abdichtung erforscht werden soll, da das Hyperloop-System auf einem annähernd luftleeren Raum basiert; einer Kapsel für die Passagiere, deren Sicherheit im Mittelpunkt der Entwicklung stehen soll; sowie einem Betriebsleitsystem, also der Steuerung von Röhre, Kapsel und Antrieb. "Bisher gibt es nur eine Röhre in Garching, aber die ist sehr klein", erklärt der Technische Leiter Hyperloop, Dominik Radeck. "Jetzt bekommen wir sie erstmals im richtigen Maßstab." Der Wissenschaftler ist geradezu euphorisch, schließlich ist er "seit zehn Jahren dran" an dem Projekt. "Zusammen mit Politik, Universität, Industrie und einem Haufen übermotivierter Leute können wir es in der Wirklichkeit umsetzen."

So soll die Testanlage bei Ottobrunn einst aussehen. (Foto: Claus Schunk)
So könnten die Betonröhren aussehen. (Foto: Claus Schunk)
Ein Modell von der Fahrgastkapsel. (Foto: Claus Schunk)

Bei allem Optimismus gibt es jedoch noch einige Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen - und damit ist noch nicht einmal der Erwerb von Grundstücken für eine mögliche Trassenführung oder die Rohstoffbeschaffung für den Bau längerer Strecken gemeint. Es geht darum, diese Art der Fortbewegung sicher zu machen, denn ein plötzlicher Druckabfall durch Lufteintritt würde bei so hohen Geschwindigkeiten verheerende Unfälle nach sich ziehen. Deshalb muss laut Projektleiter Semino an diesem Punkt verstärkt gearbeitet werden. "Egal welches Fortbewegungsmittel, ob Auto, Flugzeug, Bus oder Bahn - überall gibt es Risiken. Unsere Aufgabe ist es, diese zu reduzieren." Schließlich wolle man doch nicht in "20, 30 Jahren immer noch im gleichen Stau stehen wie heute".

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