Hunsinger:Das Kochen nach der Kunst

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Das Restaurant Hunsinger in der Neuen Pinakothek: Hier liegt die Kunst auf dem Teller. (Foto: Robert Haas)

In der Neuen Pinakothek gibt es nicht nur alte Schinken: Im Museumsrestaurant Hunsinger werden hervorragender Fisch und gute Weine gereicht.

Johanna N. Hummel

Museumsbesucher wurden lange Zeit zur Askese erzogen. Wollten sie sich stärken, so boten sich Cafés, deren schlechter Ruf legendär war. Mittlerweile aber weiß man auch in Museen, dass Essen etwas mit Kunst zu tun hat: Wer zum Beispiel in der Neuen Pinakothek vor Edouard Manets "Frühstück im Atelier" steht und beim Anblick der Austern, der Zitrone und des Weins auf weißem Damast Appetit bekommt, muss nur einige Treppen hinabsteigen: Beim Hunsinger kann er Belon, das Stück 3,50 Euro, schlürfen und Wein trinken, die Weinkarte ist gepflegt, die offenen Weine wie der Lugana oder der Muscadet sind trocken und angenehm (0,2 Liter 5,50 Euro).

Werner Hunsinger ist in München eine Institution. Seit mehr als zwanzig Jahren bringt er feines Meeresgetier auf den Tisch, hatte diverse Spitzenlokale und entschied irgendwann, dass er nicht zur gestressten gastronomischen Sternenklasse gehören will. 2008 zog er in die Neue Pinakothek ein, in ein kleines Restaurant mit schöner Terrasse vor dem Wasserbecken, in dem Toni Stadlers Bronzeplastik der Aglaia ruht. Die Einrichtung ist minimalistisch: Eine beleuchtete Milchglaswand hinter der Bar, schwarze Bänke und Stühle, weiße Tischdecken, graue Wände, keine Bilder. Was sollte man auch an die Wand hängen an so einem Ort?

Die Bilder werden auf Tellern gebracht: Wie Kunstwerke mit impressionistischen Anklängen sehen die Speisen aus, wobei die Portionen eher bürgerliche Ausmaße haben, gleichgültig, ob die Gerichte aus der Standardkarte stammen oder aus den sechs Abendmenüs mit je zwei Gängen (38 Euro). Hunsinger kocht leichte Mittelmeerküche, in die er Ideen und Gewürze aus dem Orient und Asien einrührt, mit wunderbaren Ergebnissen und zu erstaunlichen Preisen angesichts der Qualität; aus Aquakulturen kommt nichts auf den Herd.

Als Vorspeise serviert er kunstvoll mariniertes Thunfisch-Carpaccio mit Ingwer, Pflaumen und Wasabi-Klecksen; oder gebratene Garnelen mit einem Bulgur-Linsen-Tabouleh und Pfifferlingen, was köstlich schmeckte. Ob malaysische Garnelensuppe mit Limetten-Geschmack oder die reich bestückte Bouillabaisse, beides war eine sehr feine Sache, obwohl der Bouillabaisse die versprochene Aioli fehlte (8,50 bis 12 Euro). Dem freundlichen und manchmal etwas zerstreuten Kellner war das entgangen.

Beim Hunsinger nur Fisch zu essen, ist fast ein Gebot. Sicher, das Fleisch war von bester Qualität, das Ochsenfilet mit Lavendelkruste auf Barolojus kam zart und perfekt gebraten auf den Tisch. Beim Meeresgetier aber bekommt die Phantasie des Kochs Flügel. Den Oktopus zum Beispiel gab es entweder in einer leichten Teriyakisauce, umgeben von hübschen Algenkringeln, oder zusammen mit Muscheln und Gambas auf samtigem schwarzen Risotto. Oder der Seeteufel: Mal wurde er als Saltimbocca mit knusprigem Speck und intensivem Pfifferling-Risotto zubereitet, mal lag er auf einer wunderbaren Champagner-Schnittlauchsauce (9,50 bis 16,50 Euro).

Nichts Negatives? Nichts, wenn man nicht pingelig darauf herumhacken will, dass der Seeteufel einmal etwas trocken war oder dass die Quarkmousse langweilig schmeckte, jedenfalls im Vergleich zu den hinreißend dünnen Apfelcrêpes in Calvados (7 und 7,50 Euro).

An den Abenden war das Platzangebot im Lokal meist sehr reichlich. Zufall? Oder schreckt nachts das dunkle Museum ab? Die appetitliche Kunst im Souterrain hätte das nicht verdient.

© SZ vom 30.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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