Süddeutsche Zeitung

Hugendubel schließt Stammhaus:Das Ende der Keimzelle

Seit 117 Jahren betreibt Hugendubel die Buchhandlung am Salvatorplatz. Doch im Jahr 2012 wird das Stammhaus geschlossen, weil sich der Standort nicht mehr rechnet. Lieber investiert das Unternehmen in die Massen-Filiale am Stachus.

Michael Tibudd

Der Schritt nach München war ein enormer in der Unternehmensgeschichte der Hugendubels. Im Jahr 1893 übernahm der Firmengründer Heinrich Karl Gustav Hugendubel die Buchhandlung am Salvatorplatz. Zuvor hatte er die Krüll'sche Buchhandlung in Eichstätt betrieben - und strebte offenbar nach Höherem. Über die Generationen hinweg ist das gelungen: Heute hat Hugendubel 42 Filialen, im Verbund mit der Augsburger Weltbild-Gruppe bildet das Unternehmen die zweitgrößte Buchhandels-Kette Deutschlands. Der Standort Salvatorplatz gilt als Keimzelle.

Von dieser Keimzelle will sich der Konzern in spätestens zwei Jahren trennen: Hugendubel, das mittlerweile von den Ururenkeln des Firmengründers geführt wird, will den Mietvertrag für die Filiale nicht verlängern, er läuft 2012 aus. Dann werden also die Türen schließen in der kleinsten der bislang neun Filialen in München. Vergangene Woche wurden die zehn betroffenen Mitarbeiter informiert. "Wir werden sie alle übernehmen und weiterbeschäftigen", sagt Geschäftsführer Maximilian Hugendubel über ihre Perspektiven. Der genaue Zeitpunkt der Schließung stehe noch nicht fest.

Das Haus am Salvatorplatz galt bei Hugendubel als Problemfall. "In der Lage gibt es einfach zu wenig Laufkundschaft", sagt Maximilian Hugendubel. In den vergangenen Jahren hat man versucht, dieser Schwierigkeit mit speziellen Angeboten Herr zu werden: Hugendubel, das sonst vor allem den Massengeschmack anspricht, unterhält dort ein Antiquariat und eine Handlung für englischsprachige Bücher. "Aber das Geschäft mit antiquarischen Büchern ist komplett ins Internet abgewandert, und für die englischen Bücher braucht man auch mehr Laufkundschaft", sagt Hugendubel.

Die Spezialisierungsstrategie sieht er als Beleg dafür, dass man sich sehr wohl um den Standort bemüht habe. Freilich funktionieren spezialisierte Läden mitunter sehr wohl in Lagen jenseits der Fußgängerzone. "Wir haben es uns nicht leicht gemacht", sagt Hugendubel dennoch. Ohnehin hätten nur die wenigsten das Haus am Salvatorplatz als Stammhaus empfunden; das sei für die Kunden inzwischen eher die Filiale in den Fünf Höfen oder die am Marienplatz.

In Bestlage will das Unternehmen dagegen sogar investieren: Voraussichtlich im Herbst 2011 soll in der Filiale am Stachus ein Großumbau beginnen, wie Hugendubel sagt. Der Standort soll als "Flaggschiff" auf den neuesten technischen Stand gebracht werden. Auch am überregionalen Filialnetz halte man fest. "Wir wollen keinen weiteren Standort verlieren", sagt Hugendubel.

Kritik an der Geschäftsführung äußert insbesondere die Gewerkschaft Verdi, die im Internet einen Blog unterhält, wo Mitarbeiter ihrem Ärger Luft machen - nicht nur über die Schließung der Filiale am Salvatorplatz. Grundsätzliches Problem sind aus der Sicht von Verdi die sozialen Bedingungen für die Mitarbeiter. Die Gewerkschaft verweist auf einen Beschluss der Betriebsversammlung, eine eigens gebildete Kommission möge einen Sozialtarifvertrag aushandeln - um Dinge wie Zuschüsse bei berufsbedingten Umzügen oder Abfindungen zu regeln.

"Bislang jedoch hat die Geschäftsleitung sich den Anliegen ihrer Mitarbeiter hartnäckig verweigert", heißt es auf der Internetseite. Man sehe "keinen Anlass, mit Verdi zu verhandeln", sagt dazu die Geschäftsführung von Hugendubel.

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Quelle:
SZ vom 03.11.2010/tob
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