Hotelgewerbe:Bettenschlacht

Unterhaching, Eröffnung des Restaurant Leonardo im Hotel Hilton nach Umbau und Neugestaltung

Das Holiday Inn in Unterhaching - hier das Restaurant Leonardo - gehört zu den größeren Hotels im Landkreis München.

(Foto: Angelika Bardehle)

Immer mehr große Ketten bauen im Landkreis neue Standorte auf. Das gefällt nicht allen Kommunen, doch ihre Mittel dagegen sind begrenzt. Der Hotel- und Gaststättenverband fürchtet um alteingesessene Betriebe

Von Irmengard Gnau und Iris Hilberth, Landkreis

Im Landkreis München ein Hotelzimmer zu finden, dürfte für Geschäftsreisende und Touristen in den allermeisten Zeiten kein Problem darstellen. 161 Übernachtungsbetriebe mit insgesamt 14 845 Betten zählte das statistische Landesamt im August 2018, 3278 mehr als noch im August 2008, und es kommen immer noch mehr dazu. In Unterhaching soll etwa in unmittelbarer Nachbarschaft zum Holiday Inn ein Moxy-Hotel des amerikanischen Konzerns Marriott mit 336 Betten am Grünwalder Weg entstehen, in Feldkirchen hat der Gemeinderat erst im Frühjahr zähneknirschend ein drittes Hotel im Gewerbegebiet Süd genehmigt - das "Hilton Garden Inn" will dort auf drei Stockwerken 166 Betten anbieten. Der nächste Bewerber steht schon in den Startlöchern.

Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) beobachtet diese Entwicklung mit großer Skepsis. Er befürchtet vor allem für die alteingesessenen mittelständischen Hoteliers durch die zunehmende Konkurrenz internationaler Hotelketten einen Preisverfall, den Familienbetriebe bald nicht mehr stemmen können.

Ein "irres Wachstum"

Conrad Mayer, Kreisvorsitzender des Verbands, spricht von einem "irren Wachstum", das weit über die tatsächliche Nachfrage hinausgehe. "Das sind blanke Immobilieninvestitionen", so seine Kritik. Man sehe das schon an den gewählte Standorten der neuen Hotels, die meist in Gewerbegebieten entstünden. "Da will doch kein Mensch sein Wochenende verbringen", sagt Mayer. Daher frage er sich, wie sich das in Zukunft rechne, wenn nur zu Spitzenzeiten eine Auslastung da sei.

Die großen Ketten gingen dann in wenig frequentierten Wochen mit den Preisen enorm nach unten und glichen das bei hoher Nachfrage wieder aus. "Für den Gast sind niedrige Preise zwar erfreulich, für einen Mittelständler mit ein bis zwei Häusern ist das aber schwierig", gibt Mayer zu bedenken. Auch würden Gebäude, die sich dann doch nicht als Hotelbetrieb rentierten, leicht wieder leer stehen. Schließlich sei die Umnutzung eines solchen Hauses auch schwierig.

In den Sommermonaten dieses Jahres hatten die Übernachtungsbetriebe im Landkreis München laut Landesamt für Statistik eine 50- bis 58-prozentige Auslastung, zwischen November 2017 und März 2018 blieben sie hingegen unter 40 Prozent. Etwa 60 Prozent der Gäste steigen nach Einschätzung von Mayer mittlerweile in Zimmern von Hotelketten ab, 40 Prozent in kleineren Betrieben. Vor etwa zehn Jahren sei der Verhältnis noch umgekehrt gewesen.

Uwe Schulze-Clewing, Geschäftsführer von Holiday Inn in Unterhaching, sagt zu der Entwicklung: "Generell tut uns jedes Bett weh, was wir an andere Hotels verlieren. Insbesondere trifft es aber die "kleinen Pensionen, denn die Hotels, die kommen, gehen mit niedrigen Preisen auf den Markt". Im benachbarten Taufkirchen bleibt Balbina Kaffler, Chefin des Vier-Sterne-Hauses Limmerhof, dennoch gelassen: "Wir sind ein Familienhotel und haben unsere Stammgäste."

Die Kommunen werden kritischer

Für die Kommunen sind die Baupläne für weitere Hotels auf ihrem Gemeindegebiet bei Weitem nicht immer ein Grund zum Jubeln. Die Gewerbesteuereinnahmen eines Übernachtungsbetriebs sind nicht vergleichbar mit denen eines Hightechunternehmens, wenn das Hotel auch noch zu einer Kette gehört, werden die Umsätze häufig mit anderen Standorten verrechnet. Gerade die Gemeinden im Osten des Landkreises, die besonders günstig zur Messe München liegen, aber sind bei Hotels als Standorte beliebt.

In der 9000-Einwohner-Gemeinde Aschheim gibt es allein acht teils alteingesessene Betriebe im Ort, hinzu kommen zwei Boardinghäuser und ein Hotel Garni. Im Dornacher Gewerbegebiet im Süden an der S-Bahn haben sich zudem inzwischen fünf Hotels angesiedelt, darunter NH, Ibis und Moxy/Marriot, ein weiteres Hotel ist im Bau. Wirtschaftsförderin Sabine Kirchmann betrachtet die Entwicklung kritisch: "Wir haben als Ort den Verkehr, aber gerade bei den großen Hotelketten haben wir nicht viel davon."

Feldkirchens Bürgermeister Werner van der Weck (SPD) sieht das ähnlich. Sein Gemeinderat hat jüngst eine Voranfrage für ein weiteres Hotel im Gewerbegebiet Süd abgelehnt, es wäre das siebte Haus im Ort. Doch das wird nicht lang Bestand haben, fürchtet er. "Wir können das konkret nicht verhindern, wenn sich der Antragsteller an die baurechtlichen Vorgaben hält", sagt van der Weck. In vielen Gewerbegebieten sind Übernachtungsbetriebe nun einmal erlaubt - die heutige Situation habe man beim Aufstellung des Bebauungsplans nicht bedacht, sagt der Bürgermeister.

Inzwischen sind viele Kommunen kritischer, sie schauen wie Feldkirchen gerade bei Umnutzungsanträgen genau hin oder sie versuchen, der Zimmerzahl Grenzen zu setzen wie jüngst die Gemeinde Unterföhring dem neue Betreiber der Oktaviantürme.

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