Hohenbrunn wählt:Bauprojekte sind das große Thema

CSU-Kontrahenten fordern von Bürgermeister Stefan Straßmair Konzepte und eine offene Debatte.

Stefan Galler

Ein wenig trostlos steht das Ensemble im kalten Winterwind: Der graue Beton hat sich durch Regen und Sonne in den vergangenen Jahrzehnten verfärbt, die grünen Fensterrahmen und Türen sind ausgebleicht. Dass beim Riemerlinger Ozon-Hallenbad, bei Turnhalle und Carl-Steinmeier-Mittelschule schon seit Jahren dringender Handlungsbedarf besteht, ist schon von außen nicht zu übersehen. Auch unter den Lokalpolitikern besteht hierüber Einigkeit. Und doch ist genau dieses Thema seit Monaten der große Streitpunkt im Gemeinderat - und einer der Hauptpunkte im Kommunalwahlkampf. Neubau oder Sanierung? Welcher Standort? Wie soll das Projekt finanziert werden? - Fragen, die Hohenbrunn-Riemerling in diesen Tagen bewegen. Eine Machbarkeitsstudie soll zur Klärung beitragen.

Der Rathauschef steht beim Urnengang am 16. März nicht zur Disposition: Bürgermeister Stefan Straßmair (CSU) hatte seinen großen Tag bereits im Oktober 2012. Damals wurde er mit 52,0 Prozent im Amt bestätigt, kam um eine Stichwahl gegen den starken parteifreien Quereinsteiger Andreas Schlick (38,0) herum; der ortsfremde Sozialdemokrat Werner Landmann aus Garching blieb mit 10,0 Prozent chancenlos. Straßmairs Amtszeit dauert nun bis zu den Kommunalwahlen 2020.

Der frühere CSU-Mann Schlick hatte sich im Laufe seiner Kampagne vor allem als Kritiker am Führungsstil des Amtsinhabers profiliert. Es fehle an Transparenz, Straßmair regele zu viele Dinge im stillen Kämmerlein und lasse andere Themen links liegen, moniert Schlick. Sein Achtungserfolg bei der Wahl veranlasste den 46 Jahre alten Wirtschaftsberater nach einer Bedenkzeit letztlich dazu, auch für den Gemeinderat zu kandidieren. Gemeinsam mit dem aus dem Gewerbeverband Hohenbrunn-Riemerling entstandenen "Bürgerforum" schloss er sich der Überparteilichen Wählergemeinschaft-Freie Wähler (ÜWG-FW) an, wo er auf Listenplatz zwei hinter dem Vorsitzenden Karlheinz Vogelsang rangiert. "Als der Wahlkampf vorbei war, habe ich erst einmal alles in die Ecke geworfen", sagt Schlick rückblickend. Mit einem halben Jahr Abstand sei ihm dann immer klarer geworden, "dass 38 Prozent bei der Bürgermeisterwahl gleichsam Verantwortung und Aufgabe" bedeuteten. Gerade für die Kommunalwahl sei es wichtig, sich von der üblichen Parteipolitik frei zu machen und problemorientierte Politik zu machen: "Braucht es das, dass sich bei Kommunalwahlen einige hinter den drei großen Parteibuchstaben verstecken?", fragt Schlick rhetorisch und hofft, der ÜWG-FW Rückenwind zu geben: Derzeit sitzen vier Überparteiliche im Gemeindeparlament.

Wie schon im Sommer 2012 spart er nicht mit Kritik an Straßmair und dessen CSU-Fraktion:"Es gibt einen Stau an Themen in Hohenbrunn, der neue Gemeinderat kommt nicht daran vorbei, das alles anzupacken." Am Beispiel Mittelschule und Schwimmbad macht der ehemalige Bürgermeisterkandidat klar, worauf er abzielt: "Ein Gesamtkonzept muss her, alle Fakten gehören auf den Tisch, sonst ist das Vorgehen unseriös." Vor allem müssten die Bürger mitgenommen werden, weshalb der Slogan der ÜWG-FW auch "...mit den Bürgern" laute. Und Schlick traut sich eine Prognose zu: "Die neue Mittelschule wird genau dort stehen, wo sie jetzt ist. " Anwohner waren bereits in die Offensive gegangen, um den vom Schulverband und dessen Vorsitzenden Straßmair bevorzugten Neubau der Schule rund 100 Meter vom bisherigen Standort entfernt auf dem Sportgelände der Lehranstalt zu verhindern.

Das Thema treibt ganz Riemerling um, auch die sehr engagierten Hohenbrunner Grünen, bisher mit vier Räten im Gemeinderat vertreten, beteiligen sich rege auch an dieser Diskussion. Spitzenkandidatin Martina Kreder-Strugalla betont bei jeder Gelegenheit, dass es ihr vor allem um Bürgerbeteiligung geht - nicht nur beim Thema Mittelschule und Schwimmbad. Und deshalb wollen die Grünen ein Ortsleitbild, das die Entwicklung der Gemeinde für die nächsten 20 bis 30 Jahre plant. "Ein solches Leitbild würde viel Identifikation schaffen", sagt Wolfgang Schmidhuber, Sprecher des Ortsverbandes und verweist auf die Nachbargemeinde Putzbrunn: "Dort hat man gute Erfahrungen damit gemacht."

Auch auf dem Feld Energiepolitik wollen die Grünen ihrem Selbstverständnis entsprechend Einfluss nehmen: "Der Energieverbrauch in der Gemeinde steigt, da läuft irgendwas aus dem Ruder", klagt Kreder-Strugalla und mahnt zum Beispiel eine nachhaltige Lösung für die Energieversorgung des Gewerbegebietes "Muna" an. "Das Know-How in Sachen Energievision ist in der Gemeinde vorhanden", sagt sie. "Wir müssen dieses Thema aus dem politischen Hick-Hack herausbekommen."

Das sieht auch die Spitzenkandidatin der SPD so. "Unsere Bürger müssen zum Energiesparen animiert werden. Wir schlagen dazu unter anderem Genossenschaftsprojekte vor, in denen Bürger selbst mit Investitionen zur Energiewende beitragen", sagt Regina Wenzel. Sie will erreichen, dass ihre Partei in Hohenbrunn die Trendwende schafft. Die Gemeinderatsfraktion schrumpfte 2008 von fünf auf drei Sitze, dazu kam das verheerende Ergebnis von Werner Landmann bei der Bürgermeisterwahl. "Wäre schon schön, wenn wir uns verdoppeln könnten, zumindest aber sollten wir einer oder zwei mehr werden." Es ist ein ehrgeiziges Ziel, denn für Furore sorgten in der Hohenbrunner Ortspolitik in den vergangenen Jahren eher andere. Bezeichnend, dass man für den Kampf ums Amt des Rathauschefs keinen eigenen Kandidaten fand.

Vor allem die Entwicklung eines Ortsleitbildes unter Berücksichtigung ökologischer und sozialer Gesichtspunkte ist den Sozialdemokraten wichtig. "Und ein Bürgerhaus für Hohenbrunn, wir sind eine der allerletzten Gemeinden, die so etwas nicht hat", sagt Wenzel, die sich klar für einen Erhalt des Ensembles mit Mittelschule, Turnhalle und Schwimmbad ausspricht. Für das Hallenbad sollte ihrer Meinung nach nicht nur im Interesse des Schwimmvereins, der Riemerlinger Haie und ihrer 1000 Mitglieder, sondern auch für die Öffentlichkeit eine Lösung gefunden werden.

Der gleichen Meinung ist Jimmy Schulz, Einzelkämpfer der FDP im Gemeinderat und Dritter Bürgermeister. "Das Schwimmbad ist für mich ein ganz zentraler Punkt, immerhin gehören unsere Haie zu den erfolgreichsten Schwimmvereinen in Deutschland." Aber der Leistungssport sei nur ein Teilaspekt, betont Schulz. "Das Bad ist ein Schulschwimmbecken, eine Schließung wäre ein herber Verlust für die Qualität der Bildung." Schulz plädiert dafür, das vorhandene Bad notdürftig zu reparieren, um einen sicheren Betrieb zu gewährleisten und dann möglichst rasch Pläne für eine Sanierung oder einen Neubau zu erarbeiten.

Der frühere Bundestagsabgeordnete ist im Ort stark verwurzelt und möchte deshalb unbedingt sein Gemeinderatsmandat verteidigen. Das gemeinsame Abgeordnetenbüro mit Landratskandidat Tobias Thalhammer in der Dorfstraße hat der Netzpolitiker zwar aufgegeben, dennoch ist ihm sein Mandat in der Heimatgemeinde auch nach der Berufung in den FDP-Bundesvorstand wichtig: "Nirgendwo ist man so nah dran an Entscheidungen. Der Gemeinderat gibt Bodenhaftung und ermöglicht einen anderen Blickwinkel."

Wie die Grünen wollen auch die Liberalen eine Informationsfreiheitssatzung für die Gemeinde. Schulz hat für die Bürgerbeteiligung sogar noch andere Ideen: "Man könnte meinungsbildende Foren im Internet einrichten, um zum Beispiel beim Thema Ortsumfahrung die unsinnigsten Varianten schon einmal auszuschließen." Nach den Niederlagen der FDP in Land und Bund backt Schulz vor der Gemeinderatswahl kleine Brötchen: "Ich würde mich freuen, wenn ich noch einen zweiten Liberalen dazu bekäme", sagt er.

Während die Überparteilichen, die Grünen und die Sozialdemokraten mit Kritik am Bürgermeister nicht sparen und sich Jimmy Schulz weitgehend zurückhält, ist man in der CSU-Fraktion, die acht Sitze hält, mit der aktuellen Situation zufrieden. "Wir haben die Kinderbetreuung auf einen guten Weg gebracht, die Seniorenarbeit optimiert und sind weiterhin an der Förderung von Kultur, Jugend und Sport interessiert", sagt der Ortsverbandsvorsitzende und Spitzenkandidat, Anton Fritzmaier. Die Fraktion muss einen herben Verlust wegstecken: Die frühere Ortsverbandsvorsitzende Ingrid Kaps ist mittlerweile Direktorin am Amtsgericht Erding und gibt ihr Gemeinderatsmandat auf.

Den Christsozialen geht es darum, die Mehrheitsverhältnisse so beizubehalten, wie sie jetzt sind - damit die treue Fraktion dem Rathauschef möglichst viel Rückendeckung geben kann. Nur in einem Punkt widerspricht Fritzmaier Stefan Straßmair dann doch: In der Frage, ob die Mittelschule saniert oder neu gebaut wird, will auch er die Entscheidung nicht dem Schulverband überlassen. "Eine Prioritätenliste muss der Gemeinderat aufstellen."

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