Süddeutsche Zeitung

Hohenbrunn:Landratsamt pfeift Bürgermeister zurück

Laut Rechtsaufsicht muss sich der Bauausschuss des Gemeinderats noch einmal mit dem Bebauungsplan für das Muna-Gelände befassen. Stefan Straßmair hätte im November nicht darüber beschließen lassen dürfen.

Von Stefan Galler

Gut zwei Monate vor der Bürgermeisterwahl hat Hohenbrunns Rathauschef Stefan Straßmair (CSU) einen Rüffel von übergeordneter Stelle kassiert. Die Rechtsaufsicht im Landratsamt hat den Gemeinderatsfraktionen von Grünen und der Wählergemeinschaft ÜWG-Freie Wähler / Bürgerforum recht gegeben, die sich über das Vorgehen von Straßmair in einer Bauausschusssitzung Anfang November bei der Behörde beschwert hatten. In dieser Sitzung hatte Straßmair über den Bebauungsplan zum Gewerbegebiet Muna abstimmen lassen, obwohl der Sitzungsladung zufolge lediglich die Vorstellung eines Vorentwurfs erfolgen sollte.

Das sei nicht korrekt, monierten die Gemeinderäte der beiden Fraktionen. "Die Planungen waren noch keineswegs entscheidungsreif, im Verlauf der Sitzung wurden die Planer noch mit der Ausarbeitung weiterer Details beauftragt", so die Grünen in einer Pressemitteilung. "Dennoch wollte Bürgermeister Straßmair bereits die nächsten Verfahrensschritte einleiten." Bereits in der Sitzung habe es deshalb Unmut bei einzelnen Ausschussmitgliedern gegeben. "Mehrere Leute haben sich gefragt, warum er plötzlich diese Eile an den Tag gelegt hat", erinnert sich Grünen-Gemeinderätin Martina Kreder-Strugalla.

"Herr Straßmair ist doch Jurist, er hätte wissen müssen, dass ein solches Vorgehen nicht korrekt sein kann."

Auch Pauline Miller, die Bürgermeisterkandidatin der Wählergemeinschaft ÜWG-Freie Wähler / Bürgerforum, konnte die "Hektik", wie sie es nennt, in der damaligen Sitzung nicht nachvollziehen. "Es ist nicht klar, welche Form von Gewerbe wir dort haben wollen", sagt Miller. Zudem wisse man noch nicht, wie man mit diesem Gebiet, dass inmitten der Natur liegt, umgehen solle. Die Herausforderin des Amtsinhabers nennt einige offene Fragen. "Was passiert mit dem dortigen Stadl und wollen wir zum Beispiel eine Tankstelle neben dem dort angesiedelten Honigmarkt platzieren?" Außerdem sei die Erschließung des Geländes nicht umfassend geklärt. "Herr Straßmair ist doch Jurist, er hätte wissen müssen, dass ein solches Vorgehen nicht korrekt sein kann", so Miller.

Die Rechtsaufsicht gab den Beschwerden, die Pauline Miller und Grünen-Gemeinderat Wolfgang Schmidhuber unabhängig voneinander im Landratsamt einreichten, schließlich recht. Die Ladung zum Thema habe nicht eine anschließende Beschlussfassung über den Vorentwurf zur Folge haben dürfen, urteilen die Juristen. "Daher haben wir dem Ersten Bürgermeister Dr. Straßmair empfohlen, den entsprechenden Beschluss nicht umzusetzen und mit konkretisierter Ladung über diesen Punkt erneut abstimmen zu lassen", heißt es in der Stellungnahme der Rechtsaufsicht. Das bedeutet: Der Ausschuss muss noch einmal entscheiden.

Der Rathauschef gibt sich nach dieser Entscheidung gelassen: "Ich gehe davon aus, dass sich das Prozedere nicht großartig verzögert, wenn der Ausschuss auch bei der nächsten Abstimmung für den Bebauungsplan stimmt", sagte Straßmair auf SZ-Nachfrage. Der Verwaltung sei lediglich ein Formfehler unterlaufen, der jedoch der Dynamik der Diskussion zuzuschreiben sei, so der Rathauschef. "Wenn ich hier etwas durchdrücken hätte wollen, dann hätte ich entsprechend geladen. Aber die Anregung, den Bebauungsplan zu verabschieden, kam ja aus der Sitzung heraus." Er finde es jedenfalls "schade, dass das Abstimmungsergebnis nicht respektiert" werde.

Seine Gegenkandidatin Pauline Miller sieht das ganz anders. "Das Gebiet ist so wichtig für die Gemeinde, dass wir hier alle Entscheidungen sehr genau überlegen müssen." Selbst wenn es für den endgültigen Beschluss keine wesentlichen Ergänzungen geben sollte, sei es doch dringlich, sich die notwendige Zeit zu nehmen.

Auch bei den Grünen, die mit Anke Lunemann als Kandidatin ins Rennen um das Bürgermeisteramt gehen, herrscht ein Gefühl der Genugtuung: "Natürlich haben wir die Ambition, Herrn Straßmair abzulösen, und begrüßen es, dass diese Sache von der Rechtsaufsicht so gesehen wird", sagt Martina Kreder-Strugalla. "Aber ich verstehe gar nicht, dass er sich so angreifbar macht." Die Reaktion aus dem Landratsamt sei umso bemerkenswerter, da es laut der Gemeinderätin "viel braucht, bis die Rechtsaufsicht einen Bürgermeister rügt".

Kreder-Strugalla vermutet, dass Straßmairs Vorgehensweise mit den Gemeindefinanzen zu tun hat: "Vermutlich wollte er harte Nachfragen in der Haushaltsdebatte über die Finanzierbarkeit des Vermögenshaushaltes durch Grundstücksverkäufe in dem betreffenden Gebiet umgehen und in großer Eile alles in trockene Tücher bringen. Denn verkaufen können wir Gewerbegrundstücke erst, wenn die Käufer dort auch Baurecht haben." Miller sieht in der Stellungnahme der Rechtsaufsicht auch eine Niederlage der SPD-Fraktion, die, so Miller, "wie immer" mit Straßmair gestimmt habe.

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SZ vom 09.01.2020/wkr
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