Modelleisenbahn-Verein:Bedrohte Miniaturwelten

Modelleisenbahn-Verein: Modelleisenbahnen in den unterschiedlichsten Größen drehen am und im Bahnhof Hohenbrunn ihre Runden.

Modelleisenbahnen in den unterschiedlichsten Größen drehen am und im Bahnhof Hohenbrunn ihre Runden.

(Foto: Claus Schunk)

Seit 40 Jahren bauen die Mitglieder der Eisenbahnfreunde München-Land ihre Modellanlagen im ehemaligen Bahnhofsgebäude in Hohenbrunn. Doch das Vereinsheim soll über kurz oder lang dem barrierefreien Ausbau der Station weichen.

Von Verena Fücker, Hohenbrunn

Die Lokomotive windet sich die Berge des Karwendels hinauf, immer weiter in die Höhe, über Wiesen und durch Felsen. Mal passiert sie dabei eine Schlucht, manchmal verschwindet sie auch in einem Tunnel. Die Lokomotive pfeift. Rauch steigt auf. Allerdings ist die Lokomotive 87 Mal so klein wie das Original. Es handelt sich um eine Modelleisenbahn mit der Spurweite H0, das modellierte Gebirge steht im Vereinsheim der Eisenbahnfreunde München-Land.

Seit mittlerweile 40 Jahren basteln die Eisenbahnfreunde in ihrem Vereinsheim in Hohenbrunn an den Miniaturlandschaften. "Der Vorläufer unseres heutigen Vereins hat sich bereits 1970 gegründet", erzählt Thorsten Weiss. Der 39-Jährige ist der Schriftführer der Eisenbahnfreunde. Der heutige Verein hat sich dann 1975 etabliert, in "Eisenbahnfreunde München-Land" umbenannt und ist in das ehemalige Bahnhofsgebäude von Hohenbrunn eingezogen. "Es macht einfach mehr Spaß, wenn man gemeinsam in einem Vereinsheim an einer Bahnanlage arbeitet, als alleine zu Hause im Keller zu werkeln", sagt Weiss.

Die Hohenbrunner Eisenbahner müssen tatsächlich sehr viel Spaß haben, denn seit der Gründung sind schon so einige Bahnanlagen entstanden. Zunächst ging es vor allem um Bahnen in der Spurbreite N, die im Maßstab 1:160 zur Wirklichkeit steht. In den Neunzigerjahren expandierte der Verein. Zunächst wurde eine große "Lehmann-Garten-Bahn" im Maßstab 1:22,5 im Garten des Vereinsheims gebaut. Dort fahren die Züge direkt neben der echten S-Bahn-Haltestelle der S 7 in Hohenbrunn. 1997 mietete der Verein dann noch ein Nebengebäude dazu. Seitdem drehen dort die Bahnen der H0-Spurbreite ihre Runden.

Momentan betreiben die Eisenbahnfreunde gut ein Dutzend Eisenbahnanlagen. Unzählige weitere werden auf dem Dachboden gelagert.

Modelleisenbahn-Verein: Seit mittlerweile 40 Jahren basteln die Eisenbahnfreunde in ihrem Vereinsheim in Hohenbrunn an den Miniaturlandschaften.

Seit mittlerweile 40 Jahren basteln die Eisenbahnfreunde in ihrem Vereinsheim in Hohenbrunn an den Miniaturlandschaften.

(Foto: Claus Schunk)

Wichtig ist aber nicht, dass eine Anlage fertig wird, sondern ihr Entstehungsprozess. Das macht für die Eisenbahnfreunde ihr Hobby aus. Die Faszination Eisenbahn hat für sie viele Aspekte. "Zum einen begeistert mich die Technik, weil die Modelle den Originalen immer mehr bis ins kleinste Detail ähneln", erklärt Franz Mikudim, Vorsitzender des Vereins. "Gleichzeitig ist es wahnsinnig spannend, originale Landschaften maßstabsgetreu nachzubauen und die Geselligkeit im Verein ist auch etwas besonderes." Thorsten Weiss stimmt Mikudim zu: "Hier kann man auch seine persönlichen Fähigkeiten einbringen und ausbauen. Besonders faszinierend sind für mich solche Momente, wie in der S-Bahn zum Tutzinger Bahnhof zu fahren und mich daran zu erinnern, dass wir den vor ein paar Jahren nachgebaut haben."

Brigitte Senninger holt hier nach, was sie als Kind nie durfte

Für Brigitte Senninger, eine der beiden Frauen im Verein, geht sogar ein Kindheitstraum in Erfüllung: "Ich bin über meinen Mann zum Verein gekommen. Ich wollte schon als Kind immer eine Eisenbahn haben, weil mein Vater Dampflokomotivführer war, aber ich habe nie eine bekommen. Eisenbahnen waren damals nur etwas für Jungs. Heute darf ich endlich auch mitbasteln."

Die Aufgaben sind bei den Eisenbahnfreunden ziemlich klar verteilt. Franz Mikudim bastelt zum Beispiel am liebsten an den N-Bahnen herum. Dort baut er aus Holz, Fliegendraht und Gips den Untergrund für die Bahnanlagen oder verlegt Gleise und Elektronik. Seine Tochter Karina kümmert sich mit der fünfköpfigen Jugendgruppe hingegen um den Ausbau der Landschaften. Sie bauen in mühevoller Kleinarbeit Marktplätze, Bahnhöfe oder sogar botanische Gärten nach. "Das ist ein guter, kreativer Ausgleich zu meinem Bürojob", erklärt die 28-jährige Karina Mikudim.

Modelleisenbahn-Verein: Die Hohenbrunner Eisenbahner müssen tatsächlich sehr viel Spaß haben, denn seit der Gründung sind schon so einige Bahnanlagen entstanden.

Die Hohenbrunner Eisenbahner müssen tatsächlich sehr viel Spaß haben, denn seit der Gründung sind schon so einige Bahnanlagen entstanden.

(Foto: Claus Schunk)

In der Jugendgruppe dürfen noch 24-Jährige mitmachen

Im Verein ist man sehr froh über die Jugendgruppe, bei der Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 25 Jahren mitmachen. "Es ist heute nicht mehr selbstverständlich, dass man sich in dem Alter für Eisenbahnen interessiert. Viele sitzen lieber am Computer. Andere steigen aus, wenn die erste Freundin kommt", erklärt Franz Mikudim besorgt. Doch auch sonst schauen die Eisenbahnfreunde momentan eher mit Sorge in die Zukunft. "Modellbahnen sind ein ziemlich teures Hobby. Für eine Lokomotive kann man je nach technischer Ausstattung zwischen 350 und 4000 Euro bezahlen. Das können sich viele nicht mehr leisten", so Mikudim, der seit zehn Jahren dem Verein angehört.

Das größte Problem ist jedoch die ungewisse Zukunft des Vereinsheims im alten Bahnhof von Hohenbrunn. "Seit zwei Jahren gehört der Bahnhof nicht mehr der Deutschen Bahn, sondern der Gemeinde Hohenbrunn. Wir sind nur Mieter. Es gibt wohl Pläne, die jetzigen S-Bahnsteige barrierefrei umzubauen, und dann soll unser alter Bahnhof weichen", sagt Franz Mikudim. Die Sorgen des Vereins sind zumindest mittel- oder langfristig ziemlich berechtigt.

Immerhin: Das Nebengebäude kann stehenbleiben

Das bestätigt Benno Maier, Zweiter Bürgermeister von Hohenbrunn. "Aber wir können noch überhaupt nicht sagen, wann der Bahnhof behindertengerecht umgebaut werden kann", sagt Maier. Die Gemeinde arbeite zurzeit an einem Bebauungsplan für das gesamte Bahnhofsgelände, und dann müssten erst Gespräche mit der Deutschen Bahn geführt werden. "Das Nebengebäude wäre von diesen Maßnahmen aber nicht betroffen", sagt Maier. Die Eisenbahnfreunde rund um Thorsten Weiss und Franz Mikudim hoffen, dass sich die Planungen noch lange hinziehen. Schließlich ist es ziemlich schwer, eine neue Unterkunft zu finden, und die Eisenbahnfreunde München-Land wollen in zehn Jahren noch ihr 50-Jähriges feiern.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: