Hörpfade:Achtung, Aufnahme!

Oberhaching, Bad Furth, Hörpfad mit Handy

In Oberhaching gibt es bereits seit 2011 Hörpfade - etwa zum Naturbad.

(Foto: Angelika Bardehle)

In Höhenkirchen, Taufkirchen und Unterhaching arbeiten Schüler und Ehrenamtliche an Beiträgen zu dem landesweiten Projekt

Von Felix Gömöry, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Acht Kinder sitzen im Halbkreis, sie sprechen, flüstern, brüllen und kichern in Reimen, wechseln sich mit den kurzen Sätzen blitzschnell ab. Daneben gibt die Lehrerin die verschiedensten Laute von sich: Klirren, Zischen, Dampfen, Schlagen. Ein halbes Dutzend Erwachsene beobachtet aufmerksam die Gruppe des Gymnasiums Höhenkirchen-Siegertsbrunn, die einen Hörpfad erarbeitet hat und gerade den Text übt.

Die Hörpfade sind ein gemeinsames Projekt des Bayerischen Volkshochschulverbands, des Bayerischen Rundfunks und der Stiftung Zuhören. Das Prinzip ähnelt dem der Audioguides, die Besucher im Museum erhalten, um sich weitere Informationen zu den Exponaten anzuhören. Der wesentliche Unterschied: Die Nutzer hören sich die Erzählungen draußen in den Städten, Dörfern und der Natur kostenlos an. Und die Hörbeiträge stammen von Ehrenamtlichen, die damit besondere Orte, Ereignisse und Persönlichkeiten der Region auf eine neue Art erlebbar machen wollen.

Es gibt auch Geschichten über die Schule und das Leonhardifest

Oberhaching, Bushaltestelle Schlagerberg, eine der Stationen des Hörpfades

Per QR-Code kann man sich bislang nur an einer Station einloggen.

(Foto: Angelika Bardehle)

Der Landkreis ist Vorreiter bei den Hörpfaden. In Oberhaching lief im Jahr 2011 das Pilotprojekt. Es folgten Ismaning, Haar, Sauerlach, Neubiberg, Garching und andere Städte und Gemeinden in Bayern. Die Idee hat sich inzwischen bis nach Baden-Württemberg, Hessen und Berlin ausgebreitet. Und diesen Herbst sollen Beiträge von sieben Gruppen aus Höhenkirchen-Siegertsbrunn erscheinen. Darunter auch zwei Geschichten von den Schülern des örtlichen Gymnasiums: über die Schule und über das Leonhardifest.

In einem Saal im Seniorenzentrum Wohnen am Schlossanger proben sie das Einsprechen des Textes, den sie gemeinsam mit ihrer Lehrerin Tatjana Graf geschrieben haben. Sonja Kunze, Mediencoach und Moderatorin beim Bayerischen Rundfunk, geht den jungen Erzählern zur Hand. Sie unterstützt die Hörpfad-Gruppen aus Höhenkirchen-Siegertsbrunn während des gesamten Prozesses: bei der Konzepterstellung, beim Schreiben des Manuskripts, bei der Atmo, also den Hintergrund-Geräuschen. Und sie erklärt, was ein gutes Interview oder eine gute Reportage ausmacht. Jeder Beitragsersteller kann sich sein eigenes Stilmittel aussuchen.

Die Kinder haben sich für ein Hörspiel mit ihrem Gymnasium als Kulisse entschieden: Drei Schlossgespenster dringen in die Schule ein und treiben allerlei Schabernack. Den Schülern läuft der Text, abgesehen von Wörtern wie Plattentektonik und Natriumchlorid, schon sehr flüssig über die Lippen. Doch den Klang der Gespenster findet Kunze noch verbesserungswürdig: "Ich habe eher an Kobolde gedacht", sagt sie. Und fragt: "Wie kann man das gespenstischer machen?" Kunze möchte auch wissen, wie die Gespenster für die Kinder aussehen. Auf die kreative Freiheit legt sie als Mediencoach viel Wert: "Ich will euch nichts vorschreiben."

In Tafkirchen wollen sich der Schützenverein und die Musikschule beteiligen

Weiter geht es mit Stimmübungen: Kunze zeigt den Kindern, wie lautes Flüstern funktioniert und wie sie mit ihrem Körper arbeiten können, um die Stimme entsprechend zu verändern. Die Kinder merken: Auch wenn das künftige Publikum nur ihre Stimmen hören wird, gehört viel Schauspielerei dazu.

Doch nicht nur Kinder und Jugendliche beteiligen sich. So erstellt zum Beispiel der Höhenkirchener Ortschronist Günther Schmid eine Reportage über die historische und heutige Wasserversorgung von Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Angestoßen haben das Projekt in Höhenkirchen-Siegertsbrunn Birgit Spingler und Diana Müller vom Arbeitskreis Zusammenleben der Zukunftswerkstatt. Für Müller geben die Hörpfade "dem Leben am Ort Ausdruck". Und das Projekt zeige: "Wir sind eine Mitmach-Gemeinde."

Hörpfade: Das Neubiberger Hörpfade-Team.

Das Neubiberger Hörpfade-Team.

(Foto: Claus Schunk)

Auch aus Taufkirchen wird es bald Geschichten und Orte zum Anhören geben. Getragen wird das Projekt hier von der örtlichen Volkshochschule und dem Kulturzentrum. Laut VHS-Leiterin Silvia Engelhardt steht noch nichts fest, aber Ideen gebe es schon: Der Schützenverein und die Musikschule möchten sich beteiligen, und es soll eine Zeitreise durch die Gemeinde entstehen.

Es können sich aber weiterhin Bürger bei der VHS melden, die mitmachen möchten. Es lohne sich, verspricht Engelhardt: "Man setzt sich mit der Geschichte und Kultur seines Ortes auseinander und lernt so die Heimat besser kennen. Die Bürger entfalten ihre kreativen Potenziale und lernen von professionellen Hörfunkjournalisten." Judith Schönicke, Projektleiterin bei der Stiftung Zuhören und Journalistin bei B5 Aktuell, ergänzt, dass auch der Bayerische Rundfunk davon profitiert: "Es fördert die Medienkompetenz. Die Leute können anschließend Radiobeiträge besser bewerten und wissen die Arbeit dahinter zu schätzen."

Schönicke spricht davon, dass "sich im Münchner Raum die Gemeinden gegenseitig mit dem Projekt anstecken." Wenn man bei diesem Bild bleiben will, hat es auch Unterhaching erwischt. An diesem Mittwoch von 19 bis 20.30 Uhr findet die öffentliche Auftaktveranstaltung in den Räumen der Volkshochschule am Hofmarkweg 7 statt. Als erstes Projekt plant die dortige VHS einen Beitrag zum 20-jährigen Bestehen des Landschaftsparks auf dem Gelände des ehemaligen Militärflugplatzes. Er soll Teil einer Ausstellung werden.

Wer sich die fertigen Beiträge anhören will, kann dies unter www.klingende-landkarte.de tun. Insgesamt 40 Hörpfade aus dem Landkreis wurden dort schon veröffentlicht.

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