Energiewende:Der Gegenwind hat sich gelegt

Energiewende: So wie in Fuchstal im Landkreis Landsberg könnte es bald im Hofoldinger und Höhenkirchner Forst aussehen.

So wie in Fuchstal im Landkreis Landsberg könnte es bald im Hofoldinger und Höhenkirchner Forst aussehen.

(Foto: Catherina Hess)

Sowohl in Höhenkirchen als auch in Neuried flaut der Widerstand gegen Windparks in den Wäldern ab. Grund dürften der Krieg in der Ukraine und die Abhängigkeit von Öl und Gas aus Russland sein.

Von Michael Morosow, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Der Wind weht günstig für das Vorhaben des Landkreises München, so schnell wie möglich auf saubere Energien umstellen zu können. Einen wesentlichen Beitrag dazu könnten in Bälde insgesamt zwölf Windräder leisten, die im Forstenrieder Park sowie im Hofoldinger und Höhenkirchner Forst seit Jahren in Planung sind und inzwischen offenbar von weiten Teilen der Bevölkerung nicht mehr mit Argwohn betrachtet werden, sondern auch als Chance, den Klimawandel zu stoppen und möglicherweise durch private Investitionen in die Projekte davon selbst zu profitieren. Nimmt man die jüngsten öffentlichen Veranstaltungen zu den Windkraftprojekten im Landkreis zum Maßstab, dann hat sich der Wind gedreht, was die Akzeptanz dieser Energieform anbelangt. Hintergrund dürften der Krieg in der Ukraine und die Abhängigkeit von Energielieferungen aus Russland sein.

In vielen Informationsveranstaltungen habe man bemerkt, dass die Bevölkerung in seiner Gemeinde das Projekt mittrage, sagte etwa jüngst Peter Wagner (CSU), Bürgermeister der Gemeinde Aying, die zusammen mit Otterfing und Sauerlach drei Windräder im Hofoldinger Forst platzieren will. Auch bei einer Online-Veranstaltung in der Vorwoche zum interkommunalen Windkraftprojekt der Gemeinden Pullach, Neuried, Schäftlarn und Baierbrunn waren von den 53 Teilnehmern keine kritischen Töne zu vermerken, sondern ausschließlich fachliche Fragen zum Thema. Und am Dienstagabend bei einer Informationsveranstaltung in der Mehrzweckhalle in Höhenkirchen-Siegertsbrunn gab es nur ansatzweise kritische Anmerkungen aus dem Publikum: einmal von einer Teilnehmerin, die wissen wollte, ob "die Chinesen die Windräder bauen", und von einem Teilnehmer, der die Gefährdung des Rotmilans durch die Rotorenblätter ins Spiel brachte.

Energiewende: Vorbei die Zeiten, da noch gegen Pläne für Windräder im Forst protestiert wurde, wie hier 2019 in Brunnthal.

Vorbei die Zeiten, da noch gegen Pläne für Windräder im Forst protestiert wurde, wie hier 2019 in Brunnthal.

(Foto: privat)

Von der Gruppierung "Gegenwind" und der Initiative "Landschaftsschutz Ebersberger Forst" hörte man an diesem Abend nichts, nachdem beide zuletzt eine Podiumsdiskussion hatten platzen lassen, weil sie mit dem Moderator nicht einverstanden waren. Die Rückmeldungen nach der Veranstaltung seien auf den Nenner zu bringen: "Kommt endlich in die Pötte, beschleunigt das Verfahren", berichtete Höhenkirchens Mindy Konwitschny (SPD), die mit Egmating und Oberpframmern drei Windräder in den Höhenkirchner Forst stellen will.

Dass sich diese Energieform inzwischen im Aufwind befindet, dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen den Beschluss des Fachausschusses für Landwirtschafts- und Umweltfragen vom Februar, den Weg für den Bau von Windkraftanlagen in den Landschaftsschutzgebieten des Landkreises freizumachen und dazu Zonierungskonzepte für die Standorte zu erstellen. Zum anderen die technische Fortentwicklung der Windräder, die nun auch bei schwächeren Winden rentabel laufen können. Dass ohne eine Änderung der Landschaftsschutzverordnung sich kein Windrad drehen wird, das ist allen beteiligten Gemeinden klar.

Robert Sing vom gleichnamigen Ingenieurbüro hat am Dienstag in Höhenkirchen den Projektstatus erläutert und anschließend Dutzende Fragen aus dem Publikum beantwortet zur Technik, zu Kosten und Ertrag. Circa 20 Millionen Euro werde das Gesamtprojekt kosten, bei einem Jahresertrag von 30 Millionen Kilowattstunden sei eine Wirtschaftlichkeit gegeben; er rechne mit einer Rendite von circa fünf Prozent. Zuvor hatte der Bürgermeister von Fuchstal, Erwin Karg, von dem Windkraftprojekt in seiner Gemeinde berichtet und regelrecht geschwärmt von der Rendite für die Gemeinde und die Bürger. "Wir machen es nicht nur wegen des Klimas, sondern auch wegen des Geldes", sagte er.

Energiewende: Auch der Forstenrieder Park im Südwesten von München ist als Standort für Rotoren im Gespräch.

Auch der Forstenrieder Park im Südwesten von München ist als Standort für Rotoren im Gespräch.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Windprojekte müssten in weniger als zwei Jahren realisiert werden, sagte Neurieds Bürgermeister Harald Zipfel (SPD) in der Vorwoche bei der vom Münchner SPD-Kreisvorsitzenden Florian Schardt moderierten Online-Veranstaltung. "Wir kommen nicht weiter, wenn die Naturschutzbehörden jeden Hügel, auf dem sich ein Windrad gut eignen würde, zum Naturschutzgebiet erklären können." Den Energieertrag bezifferte Zipfel auf zehn Gigawattstunden pro Windrad, was die Hälfte des Verbrauchs Neurieds entspreche, als Rendite nannte er drei bis sechs Prozent. Geld, das nach Vorstellung der beteiligten Kommunen durch finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten von den Bürgern selbst verdient werden soll.

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