Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Warten auf den Wasserspielplatz

Eine Gruppe von Müttern kritisiert, dass es in Höhenkirchen-Siegertsbrunn zu wenig attraktive Flächen für Kinder gibt. Ein angekündigtes Projekt der Gemeinde verzögert sich

Von Bernhard Lohr, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Der Spielplatz ist verwaist. Aber es sind Kinderstimmen zu hören an diesem späten Nachmittag. Und da biegen schon zwei Buben um die Ecke, mit riesigen Wasserpistolen in den Händen. Drei Häuser weiter stehen drei Mädchen in einer Einfahrt. "Darf ich die Anführerin sein?", fragt die eine. "Von den Pferden?", kommt es zurück. Und dann wieder ein lautes "Ja." Die Konzeller Straße in Höhenkirchen ist gesäumt von Neubauten. In jedem zweiten kleinen Garten steht ein Trampolin, hier ein Sandkasten, dort ein Planschbecken. Es ist Familienland. Kinder geben hier den Takt an - ob da jetzt ein Spielplatz gegenüber den Häusern liegt oder nicht.

Höhenkirchen-Siegertsbrunn: Der Spielplatz an der Sattlerstraße.

Der Spielplatz an der Sattlerstraße.

(Foto: Claus Schunk)

Noch ist der Spielplatz an der Sattlerstraße, der an die Neubauten angrenzt, kein Ort, der Kinder besonders anzieht. Es sind genau genommen zwei Spielplätze. Im hinteren Teil des Grünstreifens, der die Sattlerstraße mit der Konzeller Straße verbindet, steht eine Rutsche, an der die Farbe abblättert, mit einem kleinen Klettergerüst. Vorne wurden modernere Geräte aufgebaut mit einem Netz, an dem man sich hochhangeln kann. Weil die vielen Familien mit Kindern, die es ins Münchner Umland zieht, nicht nur Schulen brauchen und Kindergärten, wächst der Druck auf die Rathäuser, solche Spielflächen auszubauen. An der Konzeller Straße soll ein Wasserspielplatz entstehen, ein richtig toller mit Tipi, wie es aus dem Rathaus heißt - nur leider seit längerem schon.

Höhenkirchen-Siegertsbrunn: Maike Körner, Lena Merckel, Britta Werhahn und Sabine Theiner (von links) engagieren sich für mehr Klettergerüste.

Maike Körner, Lena Merckel, Britta Werhahn und Sabine Theiner (von links) engagieren sich für mehr Klettergerüste.

(Foto: Claus Schunk)

An dem heißen Nachmittag, an dem sich die Kinder auf der Konzeller Straße mit Wasserpistole und Pferdespielen die Zeit vertreiben, kommen Sabine Theiner, Britta Werhahn, Maike Körner und Lena Merckel an dem künftigen Wasserspielplatz zusammen, um als Mütter von ihren Erfahrungen mit den Spielplätzen an ihrem Ort zu erzählen. Sie haben in den vergangenen Monaten alle Spielplätze in Höhenkirchen-Siegertsbrunn inspiziert und beurteilt und ein knapp 200 Seiten dickes Werk verfasst, das sie kürzlich dem Rathaus übergaben. Die Verzögerungen beim Bau des Wasserspielplatzes halten sie für symptomatisch. Vergangenes Jahr sollte der Spielplatz fertig sein, dann war dieser Sommer angepeilt. Jetzt wird es mit dem Wasserspaß wohl frühestens etwas, wenn die heiße Jahreszeit vorbei ist.

Raum für Kinder

Bei der Gestaltung von Spielplätzen gibt es nach oben keine Grenzen. Und irgendwann passen die Begriffe schon gar nicht mehr. Dann ist von Spielräumen oder Spiellandschaften die Rede. Was alles geht, zeigt der alle zwei Jahre vergebene "Deutsche Spielraum-Preis", der unter anderem vom Deutschen Städtetag vergeben wird und 2017 auch an den freilich in seiner Dimension mit hiesigen Spielplätzen nicht vergleichbaren Themen- und Wasserspielplatz Donauwurm in Ingolstadt ging. Fachplaner haben das Spielareal gestaltet, das sich in Windungen, mal an Land und mal zu Wasser am Ufer eines Baggersees entlang schlängelt. In der Ausschreibung für den Wettbewerb 2019, bei dem die Preise im November vergeben werden, lautet die Aufgabenstellung "Raum für Bewegung". Was im ersten Moment banal klingen mag, ist aber genau das, was viele im Grunde fordern: eben keine abgegrenzten Spielareale, in denen Kinder und Jugendliche verräumt werden, sondern Freiraum. Den Eltern in Höhenkirchen-Siegertsbrunn schwebt nicht zufällig auch eine Wiese vor, auf der unbeschwert gekickt werden kann. belo

Bürgermeisterin Ursula Mayer (CSU) hält auf Anfrage entgegen, dass manches nicht so leicht sei, wie es sich Eltern vorstellten. Hygiene-Vorschriften seien einzuhalten bei Wasserspielplätzen, und vieles mehr. Die Geräte seien angeschafft. Es gebe Lieferzeiten. Insgesamt, wünscht sich Mayer, sollten Eltern sich nicht nur beklagen, sondern anpacken. Es fehle ein Spielplatzkonzept in der Gemeinde, sagt dagegen Sabine Theiner. Sie und ihre Mitstreiterinnen registrierten auf ihrer Tour durch die Gemeinde 37 öffentliche und zu Wohnanlagen gehörende Spielplätze in jeder Größe und jeder Qualität. An manchen entdeckten sie Mängel, wie an der Parkstraße, woraufhin Geräte vorübergehend gesperrt wurden. Einen Spielplatz am Schlossanger sperrte die Eigentümer-Gemeinschaft von Lena Merckel selbst, weil er nicht sicher war. Spielplätze erwiesen sich als mal mehr, mal weniger gepflegt. Theiner berichtet von eingewachsenen Sitzbänken.

Lena Merckel, die erst zugezogen ist, findet, die Gemeinde könnte mehr machen. "An sich ist der Ort total schön, total lebenswert." Auch Maike Körner findet die Situation etwa in München besser. Britta Werhahn formuliert es als ein "Grundgefühl", dass Familien in Höhenkirchen-Siegertsbrunn "bisher zu kurz gekommen sind". Nicht zufällig habe sich ein Arbeitskreis Kind und Familie gegründet.

Als Sabine Theiner die Spielplatz-Untersuchung im Gemeinderat vorstellte, plädierte sie für Mehr-Generationen-Spielplätze und Themenspielplätze. Dass so etwas ankommt, zeigt sich an der Dianastraße im Jagdfeld-Wohngebiet in Haar, wo die Gemeinde mehrere hunderttausend Euro in einen Spielplatz gesteckt hat, der zwar kein überwölbendes Thema setzt, aber Kleinkindern, Kindern und Großen Angebote macht. Auch Sportgeräte für Erwachsene wurden angeschafft. Dort herrscht regelmäßig buntes Treiben. In Hohenbrunn wurde im Juli ein Spielplatz eröffnet, der mit einem Basketballplatz und einer Dirtbike-Strecke auch Teenager einlädt zu kommen.

Die Frauen in Höhenkirchen-Siegertsbrunn hoffen auf mehr Aufmerksamkeit für Familien, mehr Informationen und natürlich einen attraktiven Spielplatz. Sie wünschen sich, dass es keine Ecken in der Gemeinde mehr gibt, in denen Spielplätze fehlen, wie im Bereich der Englwartinger Straße. Kinder bräuchten Freiräume, sagen sie, manchmal nur einen Bolzplatz. Eine Spielstraße wie die Konzeller Straße ist kein Ersatz, das lassen orangefarbene Warn-Aufsteller mit der Aufschrift "Achtung, spielende Kinder" vermuten, die an jedem Hauseingang stehen. Wenn Radfahrer oder Autofahrer die Straße passieren, bestätigt Maike Körner, gebe es regelmäßig Ärger.

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