Die Erich-Kästner-Schule in Höhenkirchen-Siegertsbrunn kämpft mit extremer Raumnot. Schüler werden in improvisierten Klassenzimmern im Untergeschoss des Gebäudes unterrichtet. Zwei sechste Klassen nutzen Räume unter der Sporthalle. Ein früherer Fahrradabstellraum wurde in ein Klassenzimmer umfunktioniert. Die prekäre Lage an der Schule ist am Dienstagabend in der Bürgerversammlung der Gemeinde bekannt geworden, als die Elternbeiratsvorsitzende zügige Abhilfe forderte. Auch der neue Schulleiter der Grund- und Mittelschule, Torsten Bergmühl, dringt darauf. Bürgermeister Ursula Mayer (CSU) zeigte sich von der Situation überrascht.
Die Erich-Kästner-Schule genießt einen guten Ruf. Die langjährige Leiterin Hannelore Mathis wurde erst im Sommer mit viel Lob von Gemeinde und Schulamtsbehörde in den Ruhestand entlassen. Sie hatte viele pädagogische Angebote an der Schule umgesetzt, es gibt intensiven Schüleraustausch mit europäischen Ländern, gebundene und offene Ganztagsgruppen, Musikangebote, Berufseinstiegstrainings und anderes mehr. Bürgermeisterin Mayer sagte am Rande der Bürgerversammlung, dies habe die Attraktivität der Schule gesteigert. Das erkläre die vollen Klassen.
Doch offenbar ist die Situation so ernst, dass sich Eltern nicht nur um den schulischen Erfolg, sondern sogar um die Gesundheit ihrer Kinder sorgen. Elternbeiratsvorsitzende Kathrin Schiller-Winklmann sagte, es gebe Schüler, die wegen Kopfschmerzen den Unterricht verlassen müssten. Dies seien keine Einzelfälle. Besonders schwierig ist die Lage offenbar für zwei sechste Klassen, deren Räume unter der Sporthalle liegen. Rektor Bergmühl schilderte, dass es dort nahezu unmöglich sei zu unterrichten, wenn in der Halle Basketball gespielt wird. Laut Bergmühl fehlen bei 25 Klassen und 508 Schülern rechnerisch acht Klassenzimmer.
Der Mangel wurde bei der Bürgerversammlung Thema, in der der Ausbau der Schulen im Landkreis und in der Gemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn insgesamt breiten Raum einnahm. Landrat Christoph Göbel (CSU) sprach die Notwendigkeit an, angesichts steigender Schülerzahlen das örtliche Gymnasium deutlich zu erweitern und eine neue Realschule neben der Erich-Kästner-Schule zu errichten. Der Landkreis investiere hohe Millionenbeträge in den Ausbau der weiterführenden Schulen. Anteilig sind dabei auch direkt die Standort-Kommunen finanziell gefordert, so auch Höhenkirchen-Siegertsbrunn, das wegen niedriger Gewerbesteuereinnahmen kaum Spielräume hat. Ein Schulcampus, wie ihn sich Unterföhring leistet, wo für 154 Millionen Euro ein Gymnasium, eine Grundschule samt Vierfach-Sporthalle errichtet wird, ist undenkbar.
Allerdings will sich die Gemeinde ihren Aufgaben stellen. Mayer sagte, sie werde alles daran setzen, die Raumnot in der Erich-Kästner-Schule zu beheben. Sie könne aber keine Wunder vollbringen. Wenn der Bedarf sauber abgeklärt sei, müssten Provisorien geplant werden, sagte Mayer. Wobei sie sich dagegen aussprach, einfach Container aufzustellen, weil diese erfahrungsgemäß immer wieder zu unerfreulichen Dauerlösungen würden. Bereits jetzt stehen zwei Container auf dem Schulhof, ohne die die Ganztagsangebote nicht umgesetzt hätten werden können.
Sieben Ganztagsklassen gibt es an der Schule und drei offen Ganztagsgruppen, anders als an der zweiten Grundschule am Ort. Die Erich-Kästner-Schule sei die zentrale Einrichtung für Ganztagsangebote in der Gemeinde, sagte Bergmühl. Auf der anderen Seite fehle Freiraum für besondere Angebote an der Schule. Der zweite PC-Raum liege in einem dunklen Eck, nur mit einem Lichtschacht versehen. Es fehle ein Musikraum, ein Raum für Physik, Biologie und Chemie. Zwei Werkräume gebe es. Bergmühl sprach sich dafür aus, einen Behelfsbau in Holz-Ständerbauweise zu errichten, wie an seiner früheren Schule an der Stuntzstraße in München. Bürgermeisterin Mayer zeigte sich dafür offen.
Doch wie kann es sein, dass niemandem die Raumnot aufgefallen ist? Oder fand man die Unterrichtssituation angemessen, normal? Schulamtsdirektorin Karin Olesch sagte am Mittwoch, sie sei wie die Bürgermeisterin von der Situation überrumpelt. Weder von Eltern noch von Schulleitungsseite sei an das Amt "eine Raumproblematik herangetragen und um Unterstützung gebeten" worden. Die jetzige "völlige Neubewertung der Raumsituation" hänge sicher auch mit dem Wechsel in der Schulleitung zusammen. Die beschriebene Raumnot sei "heftig".
Bürgermeisterin Mayer sagte, sie habe sich auf die Einschätzung der früheren Schulleiterin verlassen. Schulleiter in ihrer Gemeinde hätten viel Entscheidungsfreiheit, das sei so gewollt. Bürgermeister Stefan Kern (CSU) aus Brunnthal, das wie Aying Schüler an der Höhenkirchner Mittelschule hat, sagte am Mittwoch, man sei in Entscheidungen dort nicht eingebunden. Unter den Eltern dauerte es, bis jemand fand, dass sich etwas ändern muss. Elternbeiratsvorsitzende Schiller-Winklmann sagte, sie habe spät erkannt, dass Schüler psychisch und sogar körperlich litten. Jetzt müsse gehandelt werden.