Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Platzangst im Proberaum

Höhenkirchen-Siegertsbrunn: Im Probenraum sitzen die Musiker auf engstem Raum beieinander.

Im Probenraum sitzen die Musiker auf engstem Raum beieinander.

(Foto: Claus Schunk)

Die Blaskapelle Höhenkirchen-Siegertsbrunn hat sich in 40 Jahren zu einem Musikverein mit vielen Ensembles entwickelt. Ihr Domizil unter der Aula der Sigoho-Marchwart-Schule reicht längst nicht mehr aus. Die Gemeinde will Abhilfe schaffen, doch bislang gibt es keine konkreten Pläne

Von Bernhard Lohr, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Ein Musiker nach dem anderen packt sein Instrument aus. Die Klarinette ertönt, die Trompete, die Posaune. Man spielt sich kurz warm. Als dann jeder der 53 Musiker an diesem Mittwochabend seinen Platz gefunden hat, lässt Dirigent Bernhard Willer das erste Stück anspielen. Das große Orchester der Blaskapelle Höhenkirchen-Siegertsbrunn intoniert den Marsch "Ohne Grenzen". Der Titel, den Ernst Moschs Egerländer Musikanten einst spielten, passt - als wollten die Musiker mit den Posaunen von Jericho Mauern einreißen und die durch den engen Proberaum an der Sigoho-Marchwart-Schule gesetzten Grenzen sprengen.

Die Blaskapelle Höhenkirchen-Siegertsbrunn ist im Landkreis München ein Phänomen, das sich in den vergangenen Jahren zur Aufgabe gemacht zu haben scheint, immer wieder den Rahmen zu sprengen. Der Musikverein, in dem die am Ort bekannte Familie Sepp den Ton angibt, ist ambitioniert und höchst erfolgreich. Im Jahr 2015 erhielt der Verein den Bayerischen Staatspreis. Vorsitzender Florian Sepp betont denn auch, dass der Begriff "Blaskapelle" in die Irre führe. Man sei im Grunde viel mehr als das. "Symphonisch, bairisch, überraschend, anders" beschreibt sich die Blaskapelle im 40. Jahr ihres Bestehens auf der Homepage selbst.

Das war nicht immer so. Als die Kapelle 1999 den neben der Mehrzweckhalle und unter der Aula der Sigoho-Marchwart-Grundschule gelegenen Proberaum bezog, arbeitete man dort mit 40 aktiven Musikern unter besten Bedingungen. Doch die Kapelle entwickelte sich, vor allem in den vergangenen 15 Jahren. Heute gibt es das Große Blasorchester, das Symphonische Orchester, ein Jugendorchester und ein Nachwuchsorchester. Dazu kommen sechs weitere Ensembles. Der Proberaum ist an sechs von sieben Tagen belegt und oft überfüllt.

Wenn sich die Energie von 50 Instrumenten inklusive Pauke und Becken entfaltet, wirkt das, als würde das Orchester in einem Hobbyraum spielen, in dem gleich die schallschluckenden Schaumstoff-Elemente von den Wänden fallen.

Seit längerem besteht in der Gemeinde Konsens darüber, dass das musikalische Aushängeschild größere Proberäume braucht. Florian Sepp erzählt, dass der Gemeinderat 2015 bereits einen Beschluss gefasst habe, die Raumnot zu beheben. Doch wie genau das geschehen soll, habe man damals offen gelassen. Bis heute wird darum gerungen. Eben erst zerschlug sich die Hoffnung, über ein Zuschussprogramm des Bundes einen Erweiterungsbau an der neben der Schule liegende Mehrzweckhalle zu schaffen. Alternativ wird nun diskutiert, das Platzproblem im Zuge einer Erweiterung der Sigoho-Marchwart-Schule zu lösen oder am Gymnasium Raum für die Blaskapelle zu schaffen. Das Gymnasium hat einen musischen Zweig, und es wird diskutiert, dass der Schulzweckverband dort einen großen Veranstaltungssaal errichtet.

Vereinsvorsitzender Sepp will vor der Wahl auf die Not der Blaskapelle hinweisen und lädt zurzeit die Bürgermeisterkandidaten zu Probebesuchen ein. Sepp kann als früherer Gemeinderat die Möglichkeiten, die der Nachfolger von Bürgermeisterin Ursula Mayer (CSU) haben werden, realistisch einschätzen. Er, der selbst die Trompete spielt, schlägt leise Töne an und stellt doch manches klar. Einen Umzug ans Gymnasium etwa hält er für eine eher schlechte Idee, weil er wegen der Nutzung eines Proberaums und eventuell des Konzertsaals Konflikte mit der Schule befürchtet, in denen die Kapelle im Zweifel den Kürzeren ziehen würde. Sepp würde einen Erweiterungsbau an der Halle begrüßen, wie er zuletzt im Gemeinderat diskutiert wurde und er wäre sogar schon froh, wenn ein paar Arbeiten an der Mehrzweckhalle gemacht würden.

Am Ende des Gangs, in dem der Proberaum der Blaskapelle liegt, führt eine Metalltür hinüber zur Halle, durch die bei Auftritten schnell das Equipment gebracht ist. Doch der Aufbau der Bühne sei mühsam, sagt Sepp, der sich technische Verbesserungen wünscht, um die Beleuchtung und den Bühnenvorhang schneller anbringen zu können. Vieles geschehe noch per Hand, sagt er. "Sechs, sieben Stunden brauchen wir für den Aufbau, locker."

Als Fortschritt empfände er es, wenn der Gemeinderat in einem weiteren Beschluss mehr Klarheit schaffen würde, wo die Richtung hingeht. Eine Standortentscheidung wäre hilfreich, sagt er. Der Verein hat selbst bereits 40 000 Euro angespart und wirbt um Sponsoren, die allerdings angesichts der derzeit unklaren Lage noch nicht von einem größeren Engagement überzeugt werden können. Man müsse sehen, um was es geht: "Nicht jede Gemeinde hat so einen Musikverein."

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