Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Motivator in Tracht

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Vereinsvorstand Rieck kämpft im Gemeinderat für Naturbad

Von Bernhard Lohr, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Der Gemeinderat hatte eigentlich keinen Motivationstrainer eingeladen. Doch einige der Mitglieder des Gremiums dürften sich beim Auftritt des Vorsitzenden des Naturbad-Vereins, Arno Rieck, gefühlt haben, als hätte jemand diesen jungen, sprachgewandten Mann in Lederhose und Trachtenjoppe bestellt, um sie alle aufzurütteln. Am Ende seines Vortrags, den er mit kritischen Worten zur zögerlichen Unterstützung der Gemeinde für den Bau eines Naturbads eröffnet hatte, schloss er mit einem kräftigen "Pack mas!" Womöglich ein neuer Impuls in der mehr als zehn Jahre währenden Naturbad-Debatte.

Denn Rieck, der sich in Tracht geworfen hatte, weil er nach der Sitzung noch das Oktoberfest besuchte, erreichte an dem Abend zumindest ein wichtiges Etappenziel: Der Gemeinderat installierte einstimmig eine Arbeitsgruppe unter seiner Leitung, mit Mitgliedern aus allen Fraktionen und aus der Verwaltung. Diese soll sich dem Thema künftig widmen und ist angehalten, die Voraussetzungen für die Errichtung eines solchen Bades zu schaffen. Einmal im Monat solle die Arbeitsgruppe tagen, sagte Rieck, und bestenfalls im Oktober beginnen. Zweite Bürgermeisterin Mindy Konwitschny (SPD) bekräftigte, es solle eine Arbeitsgruppe sein, die etwas nach "vorwärts" bringe. Es gehe nicht darum, sich in einem Arbeitskreis im Kreis zu drehen.

Warum man sich in der Gemeinde lange im Kreis gedreht hat, war an diesem Abend zu erfahren. Naturbad-Planer Claus Schmitt präsentierte Konzepte, die er bereits 2009 vorgestellt hatte. Schon damals ging es um die Standortfrage. Und diese ist weiterhin offen, nachdem sich herausgestellt hat, dass die Kiesgrube im Hirschwinkel-Areal nahe der Sportplatzstraße möglicherweise belastet ist. Die CSU stellte vor einer Woche einen Antrag, das Naturbad statt im Hirschwinkel neben dem Waldfriedhof anzusiedeln und die SPD hielt ihrerseits mit Ansinnen dagegen, ergebnisoffen Standorte zu eruieren. Naturbad-Aktivist Rieck kämpfte sichtlich darum, sachlich zu bleiben und sagte, man habe seit 2012 elf Grundstücke geprüft, und nur das am Hirschwinkel sei übrig geblieben. Dafür habe der Verein zwei Gutachten zur Flora und Fauna und zum Untergrund finanziert und die seien positiv ausgefallen. Das Bad im Hirschwinkel sei dementsprechend realisierbar.

Direkten Widerspruch gab es dazu aus Reihen des Gemeinderats nicht. Planer Schmitt unterstützte einige von Riecks Thesen von fachlicher Seite, etwa, was die Verankerung des Beckens mit Betonpfählen auf dem unsicheren Grund angeht. Zweifel wurden aus dem Publikum laut: Etwa ob das Becken des Bades auch bei einer Kiesgrube, deren Verfüllung bis in 20 Meter Tiefe reiche, sicher gegründet werden könne. Auch wurde hinterfragt, wer haften würde, sollten infolge des Badbaus giftige Stoffe ins Grundwasser geraten. Die Parksituation wurde angesprochen, vor allem aber ging es um die Finanzierung von Bau und Betrieb.

Dabei fällt manchem offenbar schwer zu akzeptieren, dass der Gemeinderat beschlossen hat, ein Grundstück zu stellen, sich aber finanziell nicht einbringen zu wollen. Jochen Kahl, Beirat im Verein, sagte, die Bürger, die sich in der Gemeinde für viel Geld eine Immobilie leisteten und Steuern zahlten, könnten etwas zurück erwarten. Rieck legte jedenfalls eine Kalkulation ohne Gemeinde-Beteiligung vor, um zu zeigen, wie mit einem "Sechs-Säulen-Modell" aus dem Verkauf von Kacheln für eine "Wall of Fame", sowie aus Spenden, Sponsoring, Fördergeldern, Eigenleistung und Darlehen 2,3 Millionen Euro zusammenkommen könnten. Den Betrieb des Bads würde der Verein über Mitgliedsbeiträge schultern.

Und Motivator Rieck hatte noch ein anderes Argument dabei, mit dem er bei den Parteien um Unterstützung für das Bad warb: Die Kommunalwahl. Zählt der Verein doch 1500 Mitglieder, von denen wohl die meisten im März 2020 ihre Stimme abgeben werden.

© SZ vom 28.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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