Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Das intelligente Fahrrad

Höhenkirchen-Siegertsbrunn: Alles selbst entwickelt und gebaut: Vincent Nack mit seinem Prototyp.

Alles selbst entwickelt und gebaut: Vincent Nack mit seinem Prototyp.

(Foto: privat)

Der 15-jährige Vincent Nack zieht mit einem selbst entwickelten Bremsassistenten ins Bundesfinale von "Jugend forscht" ein.

Von Patrik Stäbler, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

"Technik, die begeistert": Mit diesem Slogan warb dereinst ein deutscher Autohersteller für seine Fahrzeuge. Der Satz ist jedoch auch eine treffende Beschreibung von Vincent Nack, der "alles mag, was schwimmt, fährt oder fliegt", wie der 15-jährige Gymnasiast aus Höhenkirchen-Siegertsbrunn über sich selbst sagt. Vor allem die Technik in Autos, Schiffen und Flugzeugen hat es dem Neuntklässler angetan, der überdies ein passionierter Radfahrer ist. Und dieser Kombination ist eine Idee entsprungen, die Vincent Nack nun bis ins Bundesfinale des Schülerwettbewerbs "Jugend forscht" gebracht hat.

Denn der technikbegeisterte Gymnasiast hat einen Bremsassistenten entwickelt, wie man ihn aus Autos kennt - jedoch fürs Fahrrad. Für sein "Bike Emergency Braking System", kurz BEBS, ist Vincent Nack zum Landessieger bei "Jugend forscht" im Bereich Arbeitswelt gekürt worden. "Ich habe mich sehr gefreut", sagt der 15-Jährige über die Auszeichnung. "Auch weil es mir zeigt, dass sich die ganze Mühe ausgezahlt hat." Schließlich tüftelt Vincent Nack schon seit einem Jahr an seiner Erfindung; unzählige Abende und Wochenenden hat er damit verbracht. Dabei stand am Anfang nicht etwa das Ziel, einen Preis bei "Jugend forscht" abzuräumen - "daran habe ich überhaupt nicht gedacht", sagt er. Vielmehr sei der Ausgangspunkt seines Projekts eine Frage gewesen, die sich ihm gestellt habe. Nämlich: "Wieso sind Autos heutzutage rollende Computer, während Fahrräder eine Bremse und einen Lenker haben, und das war's?"

Höhenkirchen-Siegertsbrunn: Lässt sich auf jeden Fahrradlenker montieren: der Prototyp des Bremsassistenten.

Lässt sich auf jeden Fahrradlenker montieren: der Prototyp des Bremsassistenten.

(Foto: privat)

Dabei ließe sich das Radfahren mit moderner Technik sicherer machen, davon ist Vincent Nack überzeugt. Also entwickelte er ein Notbrems-Assistenzsystem, das an der Lenkstange befestigt wird und mit dem jedes handelsübliche Fahrrad nachgerüstet werden kann. Die Idee dahinter: Mittels Ultraschallsensoren und einem Gyroskop, das Drehbewegungen misst, sollen Gefahrensituationen erkannt und daraufhin automatisch eine Vollbremsung ausgelöst werden. Konkret geht es dabei sowohl um drohende Frontalkollisionen, etwa wenn vor einer Radlerin eine Autotür aufgerissen wird, als auch um potenzielle Unfälle beim Abbiegen. "Grundsätzlich wird festgestellt, wie schnell sich das Rad auf ein Objekt zubewegt oder wie schnell sich ein Objekt auf das Rad zubewegt", sagt Vincent Nack. Eine Software, die der 15-Jährige selbst programmiert hat, erkennt dann automatisch, ob eine Gefahrensituation vorliegt - und leitet gegebenenfalls eine Notfallbremsung ein, indem über einen motorbetriebenen Seilzug die Bremse gezogen wird.

Mit Legosteinen ging es los

Zu Beginn seines Projekts habe er mit Lego Mindstorms gearbeitet, sagt Vincent Nack, also mit programmierbaren Legosteinen. Später sei er dann zu einem Raspberry Pi gewechselt, einem simplen Computer im Mini-Format, der ursprünglich von einer britischen Stiftung entwickelt wurde, um junge Menschen ans Programmieren heranzuführen. Ein solcher Einplatinen-Rechner ist gewissermaßen das Herz von BEBS; Gehäuse und Aufhängung stammen aus Vincent Nacks eigenem 3-D-Drucker, den er zu Weihnachten bekommen hat. Nachdem alles verkabelt, gelötet und programmiert worden sei, habe er seine Erfindung ausgiebig mit seinem Fahrrad getestet - wobei ihm Pappkartons als Autoattrappen dienten. Eine große Herausforderung sei gewesen, die Fehleranfälligkeit zu minimieren, sagt der 15-Jährige. "Damit nicht plötzlich ohne Grund eine Vollbremsung ausgelöst wird."

Das Ergebnis seiner Anstrengungen hat zumindest schon mal die Landes-Jury von "Jugend forscht" beeindruckt. Sie kürte den Höhenkirchen-Siegertsbrunner zu einem von bayernweit zehn Preisträgern, weshalb er nun Ende Mai nach Lübeck zum Bundesfinale reisen und seine Erfindung dort abermals vorstellen darf. "Das wird ein Riesenevent", freut sich Vincent Nack. "Da ist dabei sein dann wirklich alles." Wie es danach mit seinem Bremsassistenten weitergehen wird, wisse er noch nicht. "Wenn man das Ganze zur Serienreife bringen möchte, dann liegt das nicht in meiner Kraft", sagt er. Dazu wäre er auf einen Partner aus der Industrie angewiesen.

Zunächst aber wolle er das Bundesfinale von "Jugend forscht" abwarten. "Jetzt schauen wir mal, was da rauskommt", sagt Vincent Nack. Seine Hoffnung ist jedenfalls, dass das Notbrems-Assistenzsystem in Lübeck ähnlich gute Resonanz findet wie bei der Landes-Jury. Sprich: dass es diesmal seine Technik ist, die begeistert.

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