Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Florierende Firma vor der Vertreibung

Start-up Stylegreen produziert Bilder aus konservierten Pflanzen

Geschäftsführer Niklas Guggenberger wehrt sich gegen die Kündigung der Firmenräume und beklagt mangelnde Unterstützung durch die Gemeinde.

(Foto: Claus Schunk)

Flower Art soll seine Räume räumen und findet in der Gemeinde keinen Ersatz.

Von Bernhard Lohr, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Grün ist die Hoffnung: Vielleicht hat Niklas Guggenberger deshalb seinen Glauben noch nicht ganz verloren, in Höhenkirchen weitermachen zu können. Sein Unternehmen Flower Art macht unter der Marke Stylegreen nach einer innovativen Methode Pflanzen haltbar und gestaltet so Design-Objekte. Damit bringt die Firma Grün in Büros und Wohnungen und hat bei großen Kunden wie etwa dem Münchner Flughafen schon einige Hingucker platziert. Nun steckt das florierende Unternehmen in der Klemme. Die Geschäftsräume wurden gekündigt, weil an ihrer Stelle Wohnhäuser entstehen sollen. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Lage Gewerbetreibender am Ort.

Höhenkirchen-Siegertsbrunn ist gemessen an seiner Größe die Gemeinde mit den wenigsten Arbeitsplätzen. Weil potente Gewerbesteuerzahler fehlen, wurden zuletzt etwa aus der von engagierten Bürgern getragenen Zukunftswerkstatt die Rufe lauter, die Ansiedlungspolitik zu intensivieren. Dass eine junge, aufstrebende Firma hier womöglich in eine existenzielle Krise hineinrutscht, ohne dass die Gemeinde helfend eingreift, passt da ins Bild. Doch Bürgermeisterin Ursula Mayer (CSU) sagt, ihr seien die Hände gebunden, und beklagt ein gewerbefeindliches Klima am Ort.

Mit großem Optimismus machte sich vor nicht einmal fünf Jahren Guggenberger mit einem Freund aus Studienzeiten auf, mit der Flower Art GmbH in Höhenkirchen ein außergewöhnliches Produkt auf den Markt zu bringen. Sie kauften ein Start-up auf, entwickelten dessen Geschäftsidee weiter und fingen in einer ehemaligen Schreinerei im Zentrum von Höhenkirchen an, Moose und Gräser mit einem natürlichen Konservierungsmittel haltbar zu machen und so grün leuchtende Objekte zu schaffen. Es gibt kleine Wandbilder, aber auch ganze Wände gestalten die Höhenkirchner.

Höhenkirchen-Siegertsbrunn: Flower Art gestaltet Wandschmuck aus haltbar gemachten Pflanzen.

Flower Art gestaltet Wandschmuck aus haltbar gemachten Pflanzen.

(Foto: Claus Schunk)

Ein Tech-Unternehmen in München hat Büros mit Stylegreen-Elementen ausgestattet, eine internationale Fast-Food-Kette Filialen in London. Auf der Homepage sucht das gut 20 Mitarbeiter zählende Unternehmen personelle Verstärkung mit unterschiedlicher Qualifikation. Es wäre alles gut, wenn man nicht rechnen müsste, bald auf der Straße zu stehen. Derzeit setzt Guggenberger seine Hoffnung darauf, die "vor geraumer Zeit" ausgesprochene Kündigung noch abwenden zu können: "Wir stehen in rechtlichem Austausch mit dem Vermieter."

Der plant, zwei Grundstücke an der Esterwagnerstraße, auf denen die Büro- und Produktionsräume von Flower Art und ein Wohnhaus stehen, zusammenzubinden und zu bebauen. Wie aus einem Antrag auf Bauvorbescheid hervorgeht, sollen zwei Mehrfamilienhäuser errichtet werden und dazu drei Reihenhäuser. Im Bauausschuss des Gemeinderats ging die Angelegenheit kürzlich geräuschlos durch. Aus dem Bauamt heißt es, man halte die Pläne für genehmigungsfähig. Derzeit liegt die Sache beim Landratsamt. Sollte dieses wie erwartet keinen Einwand erheben, könnte der Bauantrag folgen. Ob dann das Pochen auf den Mietvertrag noch weiterhilft, ist offen. Guggenberger setzt darauf. Man lebe ja nicht in einem rechtsfreien Raum, sagt er.

Doch die Lage ist prekär. Und Guggenberger beklagt, dass es überhaupt soweit hat kommen müssen. Er sei von der Gemeinde nicht über die aufziehenden Probleme informiert worden, sagt Guggenberger, was all denen schwer vorstellbar erscheint, die wissen, dass der Name Guggenberger am Ort einen Klang hat und natürlich mit Peter Guggenberger (CSU) ein Familienmitglied im Gemeinderat sitzt.

Niklas Guggenberger erklärt das Informations-Defizit damit, dass man nur weitläufig verwandt sei. Vor allem hätte sich der Jungunternehmer aber auch Beistand von der Bürgermeisterin und dem Rathaus erwartet. Zwei Anfragen wegen einer Fläche im neuen Gewerbegebiet Siegertsbrunn blieben Guggenberger zufolge ungehört. "Wir hätten dort gebaut", sagt er.

Bürgermeisterin Ursula Mayer (CSU) sagt nun, sie kenne das Anliegen sehr wohl und man habe auch Kontakt gehabt. Aber die Gemeinde habe nur einen Hektar eigenen Grund im Gewerbegebiet, sagt Mayer, und diese Fläche sei bereits vor acht Jahren auf Basis eines vom Gemeinderat beschlossenen Kriterienkatalogs an Bewerber vergeben worden. Die Anfrage Guggenbergers habe sie an die anderen Grundstückseigentümer weitergeleitet. Die letzte Fläche sei in diesem Jahr vergeben worden, und da sei Flower Art wohl leer ausgegangen.

Weil Gewerbeflächen knapp sind, haben die Unabhängigen Bürger unlängst einen Antrag gestellt, das Gewerbegebiet jenseits der Staatsstraße zu erweitern. Mayer beklagt, die Ausweisung von Gewerbegebieten sei hart umkämpft. Leider wolle keiner die notwendigen Flächen in seinem Umfeld haben.

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