Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Ein Radring für den Ort

Höhenkirchen-Siegertsbrunn: Bürgerbeteiligung mit bunten Filzstiften: Die Teilnehmer des Treffens konnten ihre Ideen für den Ort auf großen Plänen einzeichnen.

Bürgerbeteiligung mit bunten Filzstiften: Die Teilnehmer des Treffens konnten ihre Ideen für den Ort auf großen Plänen einzeichnen.

(Foto: Claus Schunk)

Mehr als hundert Interessierte nutzen die letzte Chance zur Beteiligung am Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzept für die Gemeinde. Was von den Ideen umgesetzt wird, entscheidet der Gemeinderat

Von Martin Mühlfenzl, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Ein anhaltendes Stimmengewirr erfüllt den Festsaal in der Gaststätte Franz Inselkammer in Siegertsbrunn. Dass hier gearbeitet wird, ist offensichtlich. Hoch konzentriert beugen sich die Höhenkirchner und Siegertsbrunner über die Tische und bearbeiten die meterlangen Karten, die darauf ausgebreitet sind. Und die Bürger schmieden Pläne, wie ihre Gemeinde in nicht allzu ferner Zukunft aussehen soll, was sich in den kommenden 15 bis 20 Jahren verändern soll - oder eben nicht.

Ohne Legende geht dabei aber gar nichts, denn es sind unzählige Projekte, die seit Oktober 2017 kreiert worden sind, und sich nun im sogenannten Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzept (Isek) wiederfinden, das nicht weniger sein soll als die Vision eines modernen, lebenswerten Ortes.

Allerdings eine unverbindliche, sagt Sigrid Hacker, Geschäftsführerin des Planungsbüros Dragomir Stadtplanung, die mit ihren Kollegen am Mittwochabend in Siegertsbrunn durch den Abend führt, der die finale Bürgerbeteiligung am Projekt Isek darstellt. Und weit mehr als hundert Bürger wollten an der Vision direkt mitarbeiten, diskutieren, was Höhenkirchen-Siegertsbrunn schon lebenswert macht und was dem Ort mit seinen beiden alten Ortskernen noch fehlt. Und vor allem: Wie Höhenkirchen und Siegertsbrunn - die einst eigenständige Gemeinden waren - noch besser miteinander verbunden werden können.

Die Gemeinde darf auf Mittel aus der Städtebauförderung hoffen

Die Ausarbeitung des städtebaulichen Entwicklungskonzeptes, das noch in diesem Frühjahr den Gemeinderat passieren soll, hat aber auch einen sehr profanen Hintergrund: Es ist Voraussetzung, um bei der Umsetzung einzelner Maßnahmen, wie etwa der vielfach geforderten Unterführung der S-Bahn im Norden der Gemeinde, an die Töpfe der Städtebauförderung heranzukommen. Einzelne Maßnahmen können dann mit bis zu 60 Prozent aus Mitteln des Bundes finanziert werden.

Wie vielschichtig ein städtebauliches Konzept ist, wie viele Themenbereiche es abdeckt, wurde vielen Bürgern beim Blick auf die Pläne und die Legende bewusst: Neben neuen Querungshilfen an der Bahnhofstraße, der Stärkung dieses Abschnitts als neue Ortsmitte mit neuen Einkaufsmöglichkeiten, der Bahnunterführung, dem Bau eines neuen Rathauses oder Familienzentrums ging es auch um den Bau neuer Spielplätze, Sportanlagen.

Die Teilnehmer konnten auf den Plänen mögliche Standorte für günstigen Wohnraum einsehen oder selbst einzeichnen und einen sogenannten Fahrradring bestaunen, der als neue Hauptverkehrsader für Radler die viel befahrene Bahnhofstraße und Rosenheimer Straße künftig entlasten könnte. So sehen Visionen aus.

Die Junge Union kritisiert die "Geld- und Zeitverschwendung"

Ohnehin ist es der Verkehr, den die Höhenkirchner und Siegertsbrunner als eines der großen Probleme in ihrer Gemeinde erkannt haben: die langen Schließzeiten an den S-Bahnschranken, unsichere Schulwege, die schiere Menge an Verkehr mit mehr als 10 000 Fahrzeugen am Tag auf der Bahnhofstraße (Stand 2015). Oder auch der öffentliche Nahverkehr. Höhenkirchen-Siegertsbrunn liegt zwar an der S-Bahn, doch es gibt Gemeindeteile, die überhaupt nicht durch den ÖPNV erschlossen sind.

Die starke Beteiligung der Bürger beim "Wirtshausgespräch" in der Gaststätte Inselkammer macht deutlich, dass die Bewohner bei der Neugestaltung ihres Ortes mitreden wollen. Dennoch gab es auch Kritik an der Veranstaltung. Die Junge Union Höhenkirchen-Siegertsbrunn konstatiert, der Abend habe kaum neue Erkenntnisse gebracht. Die JU sei klar für Bürgerbeteiligung, betont ihr Vorsitzender Florian Keil, aber: "Hier erzählen uns gut bezahlte Experten nur altbekannte Fakten, die wir schon lange wissen." Und wichtige Themen wie das neue Feuerwehrhaus Siegertsbrunn, zwei neue Kitas oder beschlossene Neubaugebiete seien überhaupt nicht vorgekommen, kritisiert Keil. Ein Abend dieser Art sei "nicht nur Zeit-, sondern auch Steuerverschwendung".

Wenn der Isek-Prozess in diesem Frühjahr abgeschlossen wird, geht es um die Umsetzung. Die Planungshoheit liegt dabei beim Gemeinderat, der über jedes einzelne Vorhaben einzeln beschließen wird - oder auch nicht. Denn das Isek, macht Planerin Sigrid Hacker deutlich, sei eben eine Vision - und "kein Plan, der eins zu eins umgesetzt werden muss".

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