Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Auf Schutt gebaut

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Die Fläche, auf der das Bad entstehen hätte sollen, ist derzeit ein Biotop. (Foto: Claus Schunk)

Die dafür ausersehene verfüllte Kiesgrube in Höhenkirchen-Siegertsbrunn ist nicht für ein Naturbad geeignet

Von Martin Mühlfenzl, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Seit sieben Jahren haben die Mitglieder des Vereins Naturbad einen Traum. Den Traum davon, dass die Kinder aus Höhenkirchen und Siegertsbrunn unter freiem Himmel im eigenen Naturbad schwimmen lernen. Dass die Sonnenanbeter nicht mehr bis ins Freibad nach Unterhaching, ins Further Bad, zum Kastensee oder gar bis zum Deininger Weiher fahren müssen. Doch jetzt hat dieser Traum einen erheblichen Dämpfer bekommen: Ein Gutachten kommt zu dem Schluss, dass die als Standort für ein Naturbad in der Gemeinde erkorene Kiesgrube in Höhenkirchen an der Hirschwinkelstraße zu stark mit Altlasten kontaminiert ist - und der Boden das Gewicht eines Naturbades nicht tragen könnte.

"Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass am Ende dieses Ergebnis rauskommen musste. Es handelt sich schließlich um eine alte Kiesgrube aus den Sechzigerjahren", sagte Gemeinderat Otto Bußjäger nach der Gemeinderatssitzung am vergangenen Donnerstag, in der das Gutachten vorgestellt worden war. Seinerzeit wurden Kiesgruben einfach mit Schutt verfüllt. Für Bußjäger ist klar, dass es an dieser Stelle kein Naturbad geben wird - vor allem aufgrund der enormen Kosten, die mit einer notwendigen Komplettsanierung des Areals samt Entsorgung der Altlasten verbunden wären. "Als Gemeinde Unterföhring hätte ich die Diskussion geführt. Aber nicht bei uns angesichts der finanziellen Lage unserer Gemeinde", sagte Bußjäger mit Blick auf die wohlhabende Mediengemeinde.

Die Idee eines natürlich angelegten Schwimmbads in Höhenkirchen-Siegertsbrunn gibt es seit Langem, im Jahr 2012 gründete sich der Verein Naturbad, dem inzwischen mehr als 1500 Mitglieder angehören. "Das sind zehn Prozent der Bürger unserer Gemeinde", sagt der Vereinsvorsitzende Arno Rieck, der nach eigenen Angaben "euphorisch, mit unseren Plänen der Umsetzung nahe zu sein", in die Sitzung gegangen war. Mit dem Gutachten aber, sagt Rieck, hätten sich "neue Aspekte" ergeben. Vor allem bezüglich der Statik. "Wir haben gelernt, dass der Untergrund eventuell nicht so verdichtet ist, dass er ein Schwimmbad halten würde", sagt Rieck. Der Idee, in die Kiesgrube eine Betonwanne einzulassen, steht der Vereinschef nicht nur aufgrund der damit verbundenen Kosten skeptisch gegenüber: "Das würde ja auch ein bisschen der Idee eines Naturbads widersprechen." Dass die neuen Erkenntnisse das Aus für ein Naturbad bedeuten könnten, glaubt Rieck dennoch nicht: "Wir stehen am Anfang einer neuen Diskussion. Ich glaube schon, dass sich noch etwas bewegen kann, so ein Bad wäre ein Imagegewinn für die Gemeinde."

Die Fokussierung auf den Standort der ehemaligen Kiesgrube in den vergangenen Jahren hat vor allem damit zu tun, dass das heutige Biotop die einzig verfügbare freie Fläche ist. Etwa 35 000 Quadratmeter werden benötigt, wenn die Pläne des Vereins umgesetzt werden sollen. Bürgermeisterin Ursula Mayer (CSU) sagt, wer die Kiesgrube kenne, der habe sich vorstellen können, was rauskommt. Grundsätzlich gebe es im Gemeinderat Sympathien für "die charmante Idee". Sie macht aber deutlich, dass seitens der Kommune ein Gemeinderatsbeschluss besteht: Die Umsetzung muss ohne finanzielle Beteiligung der Gemeinde erfolgen. "Wir haben Pflichtaufgaben, wir bauen eine Realschule, ein Feuerwehrhaus, zwei Kindergärten. Alles andere wäre nice to have", sagt die Rathauschefin. Momentan seien die Risiken nur schwer zu überschauen; sicher sei aber, dass die Gemeinde eine Beteiligung an den Kosten kaum tragen könne, wenn es darum gehe, zehn Meter in den Boden graben zu müssen, die Altlasten zu entsorgen und möglicherweise eine Betonwanne zu bauen. "Wir müssen die Entwicklung jetzt einmal sacken lassen und dann schauen wir, wie es weiter geht", sagt sie.

Vor dem Gutachten ging der Verein Naturbad von Baukosten in Höhe von etwa 2,5 Millionen Euro aus, "großzügig kalkuliert und groß gedacht", sagt Arno Rieck. "Und es gibt den Wunsch vieler in der Gemeinde nach diesem Bad und auch die Bereitschaft, sich zu beteiligen, auch von vielen Unternehmern." Ohne geeigneten Standort allerdings ist das alles obsolet - und der Verein Naturbad bleibt ein Verein ohne Bad.

© SZ vom 04.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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