KatastrophenschutzDas nächste Hochwasser kommt bestimmt

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Nach dem Starkregen sind  Anfang Juni in Taufkirchen zahlreiche Keller und Tiefgaragen vollgelaufen.
Nach dem Starkregen sind  Anfang Juni in Taufkirchen zahlreiche Keller und Tiefgaragen vollgelaufen. (Foto: Claus Schunk)

Knapp ein Jahr nach dem folgenschweren Starkregen vom Juni 2024 rät Wasserwirtschaftsamt-Chef Stefan Homilius den Taufkirchnern, sich individuell gegen mögliche Schäden abzusichern. Dass neue Baugebiete das Problem verstärken, hält er für unwahrscheinlich – ganz ausschließen will er es aber nicht.

Von Patrik Stäbler, Taufkirchen

In wenigen Tagen jährt sich erstmals ein Ereignis, dass sich im Hachinger Tal und vor allem in Taufkirchen bei vielen Menschen ins Gedächtnis gegraben hat. Die Rede ist vom Starkregen Anfang Juni, bei dem in der Region zahlreiche Keller und Tiefgaragen vollliefen. Dieses Ereignis hat auch die politische Debatte um mehrere Neubauprojekte in der Gemeinde im Münchner Süden befeuert. So fürchten Kritiker, die eine Reihe von Bürgerbegehren gegen die Vorhaben am Hachinger Bach und an der Dorfstraße eingebracht haben, dass deren Realisierung und die damit einhergehende Versiegelung die Hochwasserproblematik verschärfen wird.

Vor diesem Hintergrund haben die Volkshochschule Taufkirchen und das gemeindliche Umweltamt nun zu einem Vortragsabend mit Stefan Homilius eingeladen: Der Leiter des Wasserwirtschaftsamts München sollte über die Hochwassergefahr in Taufkirchen und im Landkreis München sprechen und sah sich einem restlos vollen Saal sowie Dutzenden von Fragen gegenüber. Wobei Homilius eingangs betonte, dass das Thema Hochwasserschutz „nicht ganz trivial“ und pauschale Vorwürfe auch in Richtung einer Kommune daher oftmals ungerechtfertigt seien. „Wenn jemand allgemeine Aussagen zum Hochwasserschutz trifft“, sagte der Behördenleiter, „dann sind sie meistens falsch.“

Eindringlich riet der Experte jedoch dazu, sich insbesondere als Hausbesitzer mit dem Thema auseinanderzusetzen. Beispielsweise finde man im Internet detaillierte Karten zu Überschwemmungsgebieten in der jeweiligen Region. Rein baulich gebe es viele Präventivmaßnahmen – von Dammbalken vor der Tiefgarage bis zu einer Abstufung an der Terrassentür. „Ich kann Ihnen nicht sagen, wann das nächste Hochwasser kommt“, erklärte Stefan Homilius, „aber ich kann Ihnen sicher sagen, dass es kommt.“ Immobilienbesitzern empfehle er dringend eine Elementarschutzversicherung. „Ich höre oft, dass das in Überschwemmungsgebieten nicht geht – aber das stimmt in der Regel nicht. Aber klar, dort ist es dann teurer“, sagte Homilius.

Allein beim jüngsten Hochwasser im vergangenen Sommer half eine solche Versicherung vielen Betroffenen in der Gemeinde wenig. Schließlich deckt sie keine Schäden ab, die aufs Grundwasser zurückzuführen sind. Dessen Pegel wiederum steht in Taufkirchen vielerorts sehr hoch und könnte durch die geplanten Neubaugebiete beeinflusst werden – so die Befürchtung etlicher Menschen im Ort, die erst kürzlich wieder in einer Gemeinderatssitzung zum Ausdruck kam.

Stefan Homilius ist Leiter des Wasserwirtschaftsamts München und kennt sich aus mit Überschwemmungen und vollgelaufenen Kellern.
Stefan Homilius ist Leiter des Wasserwirtschaftsamts München und kennt sich aus mit Überschwemmungen und vollgelaufenen Kellern. (Foto: Johannes Simon)

Da meldete sich in der Bürgerfragestunde eine Anwohnerin aus dem Hirtenweg zu Wort, die dem Gremium und Bürgermeister Ullrich Sander (parteifrei) ihr Leid klagte. Nach Meinung der Frau könnten Neubauprojekte wie das Quartier rund um ein Seniorenheim am Hachinger Bach und der Campus der Sabel-Schulen am Oberweg Auswirkungen aufs Grundwasser haben und dadurch eine Gefahr für die bestehenden Gebäude darstellen. Die Anwohnerin forderte vom Gemeinderat, dass dieser die Hochwasserproblematik im Ort nicht nur separat bei der Behandlung einzelner Bebauungspläne prüft, sondern ein hydrogeologisches Gutachten für das gesamte Gebiet in der Senke entlang des Hachinger Bachs in Auftrag geben soll. Über einen solchen Schritt will das Gremium am Donnerstag diskutieren.

Stefan Homilius jedenfalls antwortete auf die Frage, ob größere Bauprojekte einen Einfluss aufs Grundwasser hätten: „In der Regel nicht.“ Zugleich wies der Experte aber auch auf die Folgen von großflächiger Versiegelung sowie die wichtige Rolle von unbebauten Versickerungsflächen beim Thema Hochwasserschutz hin. Vor allem Wiesen könnten im Falle von Unwettern viel Wasser aufnehmen.

Durch den Klimawandel häufen sich Starkregen-Ereignisse

Bei dem Hochwasser im vergangenen Sommer sind laut Stefan Homilius mehrere Dinge zusammengekommen. Den Anfang hätten die starken Schneefälle im vorangegangenen Winter gemacht, gefolgt von viel Regen, was zu einer „extremen Grundwasserneubildung“ geführt habe. „Wir waren froh, dass sich das Grundwasser wieder aufgefüllt hat“, sagte der Behördenleiter mit Blick auf die vorangegangenen zwölf Jahre, die allesamt sehr trocken gewesen seien. Allerdings erwies sich der hohe Grundwasserstand dann als Problem, als Anfang Juni Starkregen einsetzte und etliche Keller und Tiefgaragen vollliefen.

Dass sehr viel Niederschlag in sehr kurzer Zeit falle, sei kein neues Phänomen, sagte Stefan Homilius. „Aber es ist etwas, das jetzt verstärkt auftritt.“ Ohnehin rechne er damit, dass angesichts des unbestreitbaren Klimawandels der Hochwasserschutz künftig noch bedeutsamer werde – ebenso wie Maßnahmen, um Hitze und Trockenheit zu bekämpfen. „Im Moment“, betonte der Behördenleiter, „steuern wir schon wieder auf ein sehr trockenes Jahr hin.“

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