Heißes Wasser im Untergrund:Pullach kann aus dem Vollen schöpfen

Heißes Wasser im Untergrund: Bohrtürme wie dieser im Jahr 2011 werden bald wieder zu sehen sein.

Bohrtürme wie dieser im Jahr 2011 werden bald wieder zu sehen sein.

(Foto: Claus Schunk)

Ergebnis der Seismikuntersuchung: Der Geothermie-Claim hat ein "dickes, fettes Potenzial".

Von Michael Morosow, Pullach

Die Gemeinde Pullach schickt sich an, auf dem Feld der Geothermie in Deutschland zum Branchenführer zu avancieren. Möglicherweise stehe man vor einem Schritt in Richtung größter Geothermie-Anlage in Deutschland, hatte der Geschäftsführer der gemeindeeigenen Geothermiegesellschaft IEP, Helmut Mangold, vor wenigen Monaten gesagt, nachdem erste Ergebnisse der sogenannten 3-D-Seismikkampagne auf einem 103 Quadratkilometer großen Areal vorlagen, die sich die IEP Pullach, die Erdwärme Grünwald (EWG) und die Stadtwerke München 2,5 Millionen Euro hatten kosten lassen.

Die hohen Erwartungen seien nicht nur bestätigt, sondern deutlich übertroffen worden, berichtete nun Andreas Most, CSU-Gemeinderat und Aufsichtsratsvorsitzender bei der IEP, bei seinem Rechenschaftsbericht am Dienstag im Gemeinderat. Most sprach von einem "dicken, fetten Potenzial", das der Pullacher Claim im Süden der Gemeinde hergibt. Die Förderpumpen können also aus dem Vollen schöpfen.

Und nachdem laut Prognose der Geologen das Wasser in circa 4000 Metern Tiefe 118 bis 125 Grad Celsius heiß ist, steht dem ehrgeizigen Vorhaben der IEP, sollte dieses den Gemeinderat passieren, nichts mehr im Wege. "In naher Zukunft werden spektakuläre Schritte folgen", kündigte Most an. Weil aber in der Geothermiebranche nicht zuletzt aus Konkurrenzgründen die Informationen über Umfang und wirtschaftliche Daten nicht so sprudeln wie das thermische Wasser, halten sich auch Most und Mangold mit präzisen Angaben zurück. Dabei gilt es heute als ziemlich sicher, dass zu den drei bestehenden Bohrlöchern sechs weitere entstehen werden, also drei Bohr-Dubletten.

Über die Kosten des durchaus spektakulären Vorhabens ist zwar offiziell noch nichts nach außen gedrungen, aber Alexander Betz (FDP) hatte in der jüngsten Gemeinderatssitzung versehentlich verraten, wo die Reise hingehen wird, als er im Zusammenhang mit der Entlastung des IEP-Aufsichtsrats von zu erwartenden Kosten in Höhe von 100 Millionen Euro sprach. Selbst für die vergleichsweise wohlhabende Gemeinde im Isartal wäre diese Summe alleine nicht zu stemmen, sie wird sich nach Fremdkapital umsehen müssen. Auch kann sie mit einer Subvention durch den Bund im KFW-Förderprogramm rechnen.

Aussicht auf formidable Einnahmen

Der geothermische Kraftakt hat dabei nicht nur den Charme, dass die Gemeinde durch die zusätzliche Energiemenge ihr eigenes Fernwärmenetz weiter ausbauen kann, sie kann wohl auch formidable Einnahmen generieren, wobei eine Abnehmerin überschüssiger Wärme bereits einen Fuß in die Tür gestellt hat - die Stadtwerke München (SWM). Für sie ist jedes Kilowatt Ressourcen schonender Energie willkommen, will sie doch bis zum Jahr 2040 den gesamten Münchner Wärmebedarf regenerativ decken. "Wir wollen aber nicht einfach nur lieb zu München sein, wir bekommen gutes Geld dafür", hatte Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) Ende vergangenen Jahres gesagt.

Wie berichtet, haben im Februar 2018 die Geothermiegesellschaften der beiden Isartalgemeinden Pullach und Grünwald sowie die Stadtwerke München (SWM) gemeinsam 2,5 Millionen Euro für die geologische Untersuchung des ausgedehnten Gebietes südlich der Gemeinden Pullach, Grünwald und Oberhaching bezahlt, auf dem sich die Claims der drei Energieanbieter befinden. "Vibro-Trucks" einer französischen Spezialfirma schickten Schallwellen in die Tiefe, wo sie von den verschiedenen Gesteinsschichten im Untergrund unterschiedlich reflektiert werden. Die 3-D-Aufnahmen von den mindestens 3000 Meter unter der Erdoberfläche liegenden Poren, Klüften, Fugen oder Karsthohlräumen haben Jubel bei allen drei Partnern ausgelöst.

Auf eine geschäftliche Zusammenarbeit auch bei der Ausbeutung des "flüssigen Goldes" haben sich die drei Partner noch nicht verständigt. Dafür laufen Planungen für eine Verbindung der Fernwärmenetze von IEP und EWG mit dem Fernwärmenetz der Stadtwerke München. Bei aller Euphorie der drei Geothermiebetreiber, das politische Plazet für ihre Pläne steht noch aus. Es ist jedoch zu erwarten, dass sowohl die Gemeinderäte in Pullach und Grünwald als auch der Münchner Stadtrat den Vorhaben zustimmen wird.

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