Das Rebhuhn kennt fast jedes Kind: Im Märchen „Der gestiefelte Kater“ bringt der Titelheld dem verfressenen König jeden Tag einen vollen Sack mit dem schmackhaften Federvieh und wird dafür reich belohnt. Heutzutage würde das nicht mehr funktionieren. Das Rebhuhn gehört mittlerweile zu den gefährdeten Arten. Gründe dafür sind laut Naturschützern eine intensive Landwirtschaft, etwa durch die Beseitigung von Hecken und Gräben, der Einsatz von Pflanzengiften und eine frühe Mahd, sowie die starke Freizeitnutzung seines Lebensraumes durch erholungssuchende Menschen.
Haben die dann noch Hunde dabei, die nicht an der Leine sind und frei herumlaufen dürfen, geraten die Rebhühner in Stress. Ihr Übriges leisten die „natürlichen Feinde“: Für Füchse, Marder, Greif- und Rabenvögel sind die graubraunen Geschöpfe wahre Leckerbissen. Sogar dem Waschbären, der inzwischen auch in unseren Breiten vorkommt, schmecken sie. Auf dem Menüplan von Menschen stehen Rebhühner dagegen kaum noch. 2023 wurden deutschlandweit 600 Stück verspeist, vor 30, 40 Jahren waren es noch 300 000.
Im Münchner Norden ist nun ein Projekt zum Beistand für die gefährdete Vogelart gestartet worden. Seit Mitte der Achtzigerjahre ist bundesweit der Bestand an Rebhühnern um 90 Prozent zurückgegangen, wie die Initiatoren des Vorhabens berichten. Der Heideflächenverein in Unterschleißheim, der Landschaftspflegeverband Freising und der Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) wollen zusammen mit kommunalen Behörden, Jägern und Bauern die bestehenden Populationen sichern – und im besten Fall steigern. Dabei geht allerdings nicht nur um die Förderung der Rebhühner, diese laut den Initiatoren so „sympathischen Vögel“, sondern generell um die Artenvielfalt in der Region.
Das Projektgebiet liegt zwischen Neufahrn und Eching sowie Garching und stellt die Schnittstelle zwischen dem Donau-Isar-Hügelland, der Heidelandschaft der Münchner Schotterebene und dem Freisinger Moos dar. Während es in vielen Regionen in Deutschland gar keine Rebhühner mehr gibt, ist der Bereich im Norden von München noch relativ gut versorgt: So habe man bei der aktuellen Kartierung, die seit 2003 mithilfe von Klangattrappen erfolgt, an die 150 Tiere gezählt, sagte Christian Langebartels von der LBV-Kreisgruppe Freising bei der Vorstellung des Schutzprogramms. Das Rebhuhn brauche eine abwechslungsreiche Landschaft und Möglichkeiten zum Unterstehen, versteckt sich gern, frisst Insekten und Körner. Die Brutzeit läuft von Mai bis in den Juli hinein, die Aufzucht der Jungtiere, die zunächst vorwiegend mit kleinen Käfern, Larven, Raupen und Blattläusen ernährt werden, endet erst im August.
Für Landwirte, Grundeigentümer und auch Kommunen gibt es Geld aus diversen Fördertöpfen der Regierung von Oberbayern, wenn sie bei dem neuen Projekt mitmachen, wie Fabian Eichhorn vom Landschaftspflegeverband Freising schilderte. In den kommenden Monaten sollen nach den Worten von Sandra Semmler, die das Vorhaben beim Heideflächenverein begleitet, neue Brachen und Hecken angelegt sowie bestehende optimiert werden. Zu diesem Zweck wird gerade Saatgut von heimischen Wildkräutern gemischt, die Insekten anlocken, die wiederum nicht nur den Rebhühnern schmecken, sondern auch der Wachtel, der Feldlerche und der Grauammer. All diese Maßnahmen sollen den Vögeln bei der Brut helfen. Sie dienen als Nahrungshabitate und sollen auch vor Fuchs & Co. schützen.
Und auch mit den örtlichen Jägern laufen bereits Gespräche, wie sie dazu beitragen können, die Bestände der Rebhühner zu sichern, indem zum Beispiel Lebendfallen für die tierischen Gelege-Räuber zum Einsatz kommen. Das Rebhuhn selbst darf zwar bejagt werden, es mache aber keiner, wie Walter Bott, Vorsitzender der Freisinger Jäger, und seine Kollegen versicherten.
Ein weiterer wichtiger Punkt für die bestehende Population der Rebhühner ist die Rücksichtnahme von Erholungssuchenden in der Heidelandschaft sowie auf den Feldwegen. Gerade Spaziergänger, die ihre Hunde frei laufen lassen, „seien ein großer Störfaktor“, sagte Fabian Eichhorn vom Landschaftspflegeverband. Die Vierbeiner scheuchten die Rebhühner auf und brächten sie und weitere Wildtiere in argen Stress. Geplant sind Hinweisschilder auf Ruhezonen der Vögel, verbunden mit der Bitte, diese nicht zu betreten.
In Bayern gibt es laut dem Landesbund für Vogelschutz zwischen 4700 und 8000 Brutpaare, in Deutschland circa 28 000 bis 57 000. Das Schutzprojekt im Münchner Norden läuft bis Mitte 2025. Unterstützt werden Eigentümer und Bauern bei der Umsetzung vom Amt für Landwirtschaft und Forsten in Ebersberg sowie den Unteren Naturschutzbehörden in den Landkreisen Freising und München; auch die Landeshauptstadt begleitet das Rebhuhn-Programm.