Süddeutsche Zeitung

SZ-Kulturpreis Tassilo:Metal mit mystischen Momenten

Die Hard-Rock-Band "As it rains" aus Unterföhring spielt gern laut, aber ohne bedeutungsschweres Gedöns auf. 2021 hat das Quintett, dessen Songs eher düster sind, den Nachwuchswettbewerb des KJR München-Land gewonnen.

Von Franziska Gerlach, Unterföhring

Im Video zu "Dark Horizon" legt Ashanti Šabić ziemlich los. So wie man es von der Sängerin einer Metal-Band erwartet, seit Doro Pesch im Ledermieder an vorderster Front der Düsseldorfer Band "Warlock" sang. Ihre Stimme klingt selbstbewusst und sinnlich. Keine Frage, so abzurocken wie Šabić mit ihren 19 Jahren, das muss man schon können. Und doch würde man As it rains als Band nicht gerecht, wenn man ihre Musik auf die Tatsache reduzierte, dass dort eine impulsiv rockende Frau am Mikrofon steht.

Die Geschichte von As it rains ist die Geschichte von fünf Freunden, deren Musik auch ein Produkt ihrer gemeinsamen Erlebnisse ist. Das Ergebnis der kleinen und großen Herausforderungen, von denen sie im Unterföhringer Jugendzentrum Fezi bei Spezi und Leitungswasser erzählen. Die Band, das sind: Luca Bozzato, 20, (Gitarre) und Cedric Wieprecht, 21, (Gitarre und Gesang), Moritz Törsiep, 21, (Schlagzeug), Arthur Meitzner, 21, (Bass) - und eben Ashanti Šabić, die zum Treffen nicht im Stil der Rockröhre erscheint, sondern als Architekturstudentin mit Kapuzenjacke. Und außerdem offen zugibt, dass sie für eine Prüfung noch einiges über ionische und dorische Säulen lernen müsse. "Auf der Bühne kann ich eine andere Facette von mir ausleben", sagt sie ruhig. Das sei der Ort, an dem sie loslassen könne. Und loslassen, das sollen letztlich auch andere, wenn sie die Musik von As it rains hören. Loslassen, Emotionen entfesseln.

Seit 2019 besteht die Band in der Zusammensetzung, und eine ganze Weile führten die Fünf in der gemeinsamen Whatsapp-Gruppe das Mantra, im Jahr 2025 in "Wacken" in Schleswig-Holstein aufzutreten, wo das weltbekannte Metal-Festival stattfindet. 2021 gewannen die Unterföhringer immerhin schon mal den Nachwuchswettbewerb "Running for the Best", den der Kreisjugendring München-Land für Bands aus Stadt und Landkreis ausschreibt. 2022 sei auch super gewesen, sagen sie: Drei neue Songs seien entstanden, sie spielten unter anderem auf dem "Oben ohne"-Festival und beim "Munich Mash" im Olympiapark.

Angefangen hat alles vor einigen Jahren in Unterföhring, als Wieprecht und Bozzato sich Almost Heaven nannten und im Fezi ihre Gitarren auspackten, weil sie wissen wollten, wie das so ist, gemeinsam Musik zu machen. "Da ging es nur darum, laut zu sein", erzählt Wieprecht, der Mathematik und Sport auf Gymnasiallehramt studiert. Als der Schlagzeuger wegen eines Kreuzbandrisses ausfiel, stieß Moritz Törsiep zur Band, den Bozzato noch aus dem Kindergarten kannte und der Schlagzeug spielt, seit er sieben Jahre alt ist. Und weil sie für einen Musikwettbewerb einen Sänger benötigten, kam Ashanti Šabić aus München dazu, die Freundin von Wieprecht, die an ihrem Bogenhauser Gymnasium im Schulchor sang und über Jahre hinweg Gesangsunterricht hatte. Aus Almost Heaven wurde As it rains.

Laute Musik - die machen sie noch immer. Doch klassisches Heavy Metal ist das nicht, auch kein reiner Alternative Rock. Der Stil von As it rains, den die Unterföhringer als "Modern Hardrock" bezeichnen, hat sich seit den ersten Gitarrengriffen im Proberaum des Fezi verändert. "Es ist sehr blurry", sagt Schlagzeuger Törsiep, der außerdem zum Ensemble des IMAL (International Munich Art Lab)-Musiktheaters gehört. Will heißen: Man versteht Musik nichts als statische Größe, sondern als etwas, das Einflüssen und Erfahrungen unterliegt, sich weiterentwickelt. In ihrem Song "Demons" wird die Härte des Metal mit mystisch-zarten Gesangspassagen aufgebrochen, durch die neue Single "Fear" weht eine Brise Pop, und bei aller dynamischen Wucht von Schlagzeug und Gitarre klingt doch auch Harmonie an. Als Vorbild führt Bozzato, der in Bamberg "Berufliche Bildung" studiert und sich per Videocall dazugeschaltet hat, die Berliner Band Future Palace an. Auch mit der 1995 gegründeten US-amerikanischen Altenative-Rock-Band Evanescence wurden As it rains schon verglichen - vermutlich nicht zuletzt deswegen, weil dort ebenfalls eine Frau singt. Der Unterföhringer kümmert sich nicht nur um viele organisatorische Fragen, er schreibt auch die Songs. "Dark Horizon" sei etwa entstanden, als er nach der Schule nicht so recht wusste, wohin das Leben ihn führen wird. "Das berührt mich bis heute, wenn ich das höre", sagt er.

Wenn eine Komposition den anderen Mitgliedern der Band nicht gefällt, der Sound zu fröhlich wirkt oder der Text an einer Stelle nicht passt, wird gemeinsam nachkorrigiert. "Luca macht das Gerüst, und wir bringen Ideen rein", sagt Wieprecht. Vor allem Šabić soll dabei Freiraum zur Interpretation gelassen werden. Die Sängerin wischt über ihr Smartphone, zeigt ein Foto von einem Gig. Vor der Bühne tobt die Menge, Bozzato und Šabić erscheinen im Profil. Man sieht sie lachen. Sieht den Riesenspaß, den sie miteinander haben. Noch ist As it rains eine Amateurband, die sich mit anderen Bands vernetzt und sich freut, wenn der Freundeskreis zahlreich zum Konzert kommt. Doch wer dauerhaft mitmischen will, der muss in den sozialen Medien auf sich aufmerksam machen und eine Fanbase aufbauen, das wissen sie natürlich. Die Zeiten, in denen sich Rockstars unflätiges Benehmen und Skandale erlauben konnten, sind längst vorbei. Viele Bands würden sich mittlerweile "eine Wahnsinns-Welt-rettende Botschaft" zulegen, sagt Bozzato. Das wirke oft aufgesetzt. Der Unterföhringer macht eine Pause, dann sagt er: "Wir sind einfach nur fünf Freunde, die Freude an der Musik haben." Eine Herausforderung wird nun sein, schlüssig zu vermitteln, dass man ein lustiger Haufen sein kann und dennoch ernste Lieder schreiben, die manchmal sogar traurig klingen.

Bis Mitte Februar stellen wir Ihnen Kandidatinnen und Kandidaten für den Tassilo-Kulturpreis vor. Alle Nominierten finden Sie unter sz.de/tassilo.

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