Digitalisierung:Fahrplan zum Rathaus der Zukunft

Digitalisierung: Der Automat zur Ausweisabholung im Haarer Rathaus ist ein erstes Ergebnis der Digitalisierungsbemühungen. Das Foto zeigt von links Alexandra Szelag und Alicia Frey, beide vom Amt für Innovation, Wirtschaftsförderung und zentrale Dienste und Bürgermeister Andreas Bukowski.

Der Automat zur Ausweisabholung im Haarer Rathaus ist ein erstes Ergebnis der Digitalisierungsbemühungen. Das Foto zeigt von links Alexandra Szelag und Alicia Frey, beide vom Amt für Innovation, Wirtschaftsförderung und zentrale Dienste und Bürgermeister Andreas Bukowski.

(Foto: Gemeinde Haar)

Die Gemeinde Haar legt eine Digitalisierungsstrategie vor, die den Bürgerservice, die Verwaltung und die Wirtschaft nach vorne bringen soll.

Von Bernhard Lohr, Haar

Die Gemeinde Haar treibt die Digitalisierung im Rathaus massiv voran und will gezielt Firmen anlocken, die innovativ arbeiten. Zusammengefasst sind diese Ziele in einer knapp 20 Seiten umfassenden Digitalisierungsstrategie, die Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) unlängst im Gemeinderat präsentiert hat. Das Konzept ist in die Bereiche "Digitaler Bürgerservice", "Wirtschaft" und "Digitale Verwaltung" unterteilt und mit einem bis 2026 ausformulierten Fahrplan hinterlegt. Konkret geht es etwa um die Einführung einer Bürger-App, ein Ratsinformationssystem und eine Bürgerbeteiligungsplattform.

Ausgearbeitet wurde das Konzept vom neu eingerichteten Amt für Innovation, Wirtschaftsförderung und zentrale Dienste, dem Wirtschaftsförderin Alicia Frey vorsteht. Die Gemeinderäte haben über einen Initiativkreis Digitalisierung mitgewirkt. Im Rathaus wurde ein "interner Arbeitskreis" eingerichtet. In den Fachabteilungen gibt es Digitalbeauftragte, die die Umsetzung begleiten und auch den Auftrag haben, fortlaufend den Markt auf "innovative Digitalisierungsmöglichkeiten" hin zu sondieren. Als Querschnittdienstleister ist die "zentrale IT-Abteilung" im Rathaus der Ansprechpartner.

Der Gemeinderat steht voll hinter dem Projekt, das manch einem allenfalls als zeitlich zu ehrgeizig erscheint. Thomas Fäth (SPD) warnte davor, den Fahrplan mit festen Umsetzungsdaten so abarbeiten zu wollen. Gründlichkeit sollte vor Schnelligkeit gehen. Uwe Manns (Grüne) machte allerdings noch Defizite aus, was Barrierefreiheit angeht. Die bereits neu aufgelegte Homepage sei mangelhaft, was etwa ein Angebot der "Leichten Sprache" angehe. Die Aussage aus dem Rathaus, das mittelfristig angehen zu wollen, sei mit Blick auf Menschen mit Einschränkungen unbefriedigend. "Diese Menschen dürfen wir nicht vergessen."

"Wir wollen bei der Barrierefreiheit ganz vorne dabei sein."

Das sicherte Bürgermeister Bukowski zu, auch wenn wegen personell begrenzter Möglichkeiten dieser Punkt noch etwas zurückgestellt wird. "Wir wollen bei der Barrierefreiheit ganz vorne dabei sein", sagte er. Und das will man offenbar auch in ganz vielen anderen Bereichen, wo man bisher tatsächlich noch große Defizite hat. Ein Ratsinformationssystem etwa, das auch Bürgern Einsicht in Dokumente aus der Verwaltung ermöglicht, fehlt weitgehend. Ebenso ein Portal für eine digitale Bürgerbeteiligung, wo auch Umfragen zu bestimmten Projekten lanciert werden können. Eine Bürger-App, eine ausgereifte Online-Anmeldung für Kita-Plätze und manches mehr ist bisher nicht vorhanden.

Das soll nun kommen. Einige innovative Dinge gibt es bereits, wie etwa den Abholautomaten für Ausweise, der rund um die Uhr zugänglich ist. Der Bürgerservice soll aber weiter ausgebaut werden. Bis Ende März 2023 soll - so die aktuelle Agenda - bereits das Ratsinformationssystem stehen, die Bürger-App will man kommendes Jahr einführen und die Bürgerbeteiligungs-Plattform 2023 und 2024. Online-Bürgersprechstunden soll es geben. Wesentliche Änderungen gibt es bei internen Abläufen. So wird bereits jetzt ein Intranet im Rathaus aufgebaut, über das die Mitarbeiter sich besser austauschen können. Dokumente sollen besser miteinander ausgetauscht werden können. Die E-Akte soll Standard werden.

Ein besonderes Anliegen ist Bukowski die Wirtschaft, wo es bei der Ansiedlung neuer Unternehmen und bei der Ausweisung neuer Gewerbeflächen bisher auch hapert. Die Kassandrarufe, Haar befinde sich wirtschaftlich und insgesamt als Kommune finanziell auf absteigendem Ast, sind gerade aus der CSU zuletzt sehr laut geworden. Bukowski setzt nun auf ein digitales Leerstandsmanagement, um schnell freie Gewerbeflächen wieder wertig belegt zu bekommen. Den Austausch zwischen Rathaus und Unternehmen will er durch ein "Feedbacksystem" erleichtern, der Handel soll bei der Digitalisierung unterstützt werden. Auch möchte das Rathaus "Co-Working-Areale als Treiber von Innovationen" in der Gemeinde schaffen. Es sollen "kreative Räume" für Start-ups bereitgestellt werden.

Bürgermeister Bukowski sprach im Gemeinderat von einem permanenten Prozess, den man jetzt anstoße. Er hob die Bürger-App hervor, mit das Rathaus-Blatt in Papierform und auch die Möglichkeiten, über Soziale Plattformen mit den Haarern zu kommunizieren, sinnvoll ergänze. Wer bisher nicht auf einer dieser Plattformen aktiv sei, den erreiche man auch nicht. Über die Bürger-App könne man per Push-Nachricht auch im Katastrophenfall die Menschen ansprechen. Ulrich Leiner (Grüne) betonte die Bedeutung von IT-Sicherheitssystemen und forderte dazu auf, mit gut abgeschirmten Backup-Komponenten zu arbeiten. Bukowski sicherte das zu und verwies auf einen Zertifizierungsprozess, den man im Rathaus gerade schon durchlaufe. Ständige Fortbildungen des Personals seien vorgesehen. Lösungen für IT-Probleme an den örtlichen Schulen bietet die Digitalisierungsstrategie nicht an. Diese würden getrennt, in Zusammenarbeit mit den Schulen, erarbeitet.

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