Haar:Pflegeleichte Kunst

Der Entwurf für die Neugestaltung der Unterführung am Bahnhof Haar entspricht nicht ganz den Wünschen der Gemeinde - aber den strengen Vorgaben der Bahn

Von Bernhard Lohr, Haar

Plötzlich geht es Schlag auf Schlag. Nach Jahren der Diskussionen und Verhandlungen kommen die Arbeiten am Haarer Bahnhof voran. Die Baustelle für den barrierefreien Nordzugang läuft aus Sicht des Rathauses weitgehend planmäßig. Zwar hat sich der Untergrund im Bereich der abgerissenen Treppe als instabiler erwiesen als gedacht, und es muss nachgearbeitet werden. Der Nordzugang zu den Bahnsteigen bleibt deshalb länger als geplant gesperrt - bis Mitte Mai. Auf der anderen Seite steht mittlerweile fest, wie die Bahnsteigunterführung gestaltet wird. Der Künstler Jochen Scheithauer wird das nach seinen Entwürfen übernehmen.

Die Erleichterung war im Haarer Gemeinderat fast mit den Händen zu greifen,

als die persönliche Referentin der Bürgermeisterin, Ute Dechent, das Ergebnis eines Kunstwettbewerbs verkündete. Vor allem kam gut an, dass Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) nachschob, dass die Deutsche Bahn die Entwürfe Scheithauers als umsetzbar akzeptiert und dies auch schriftlich bekundet hat. An Ideen, wie man den tristen Durchgang zu den Bahnsteigen, der auch die zentrale Verbindung für Fußgänger vom Norden Haars in den Süden darstellt, ansprechend gestalten könnte, hatte es bisher schon nicht gefehlt. Doch die ambitionierten Entwürfe der Haarer Künstlerin Gabriele von Ende-Pichler, die mit abstrakter Malerei hinter Glas einen lichtdurchfluteten Durchgang hätte schaffen wollen, wurden als nicht normgerecht verworfen. Die Bahn hatte verlangt, dass die Glaselemente jederzeit von den Wänden abgenommen werden können. Der Gemeinde war das am Ende zu teuer.

Haar: Angelehnt an das Logo der Gemeinde: Geometrische Formen in Gelb- und Grüntönen prägen den Entwurf des Künstlers Jochen Scheithauer für die S-Bahn-Station Haar.

Angelehnt an das Logo der Gemeinde: Geometrische Formen in Gelb- und Grüntönen prägen den Entwurf des Künstlers Jochen Scheithauer für die S-Bahn-Station Haar.

(Foto: Gemeinde Haar)

Nun wird also ein in Material und Gestaltung eng an den Bahn-Vorgaben orientierter Entwurf des 1948 in Kassel geborenen Jochen Scheithauer umgesetzt. Scheithauer ist ausgebildeter Steinmetz und studierte an der Akademie der Bildenden Künste in München, wo er auch lebt und arbeitet. Als Vertreter der "Konkreten Kunst" entwickelt er seine aufs Wesentliche reduzierten Werke aus geometrischen Formen. Die Vorgabe in Haar war für ihn das Gemeindelogo, das mit hellen Gelb- und Grüntönen spielt. Der Durchgang wird mit Fliesen gestaltet und erhabene andersfarbige Flächen, die aus Fliesen geschnitten sind, bilden die schmückenden Elemente. Hell soll der Durchgang werden mit einer weißen Decke, den sich die Gemeinde freilich breiter gewünscht hätte. Doch die Vorgaben waren auch da rigide. Baulich wird sich nicht viel verändern lassen.

Ute Dechent sagte, es habe sich um den Kunstwettbewerb mit den strengsten Vorgaben gehandelt, den die Gemeinde je ausgeschrieben habe. Nur Fliesen in einem Standardformat und Wandfarbe seien erlaubt gewesen, alles müsse leicht zu reinigen sein und die Künstler müssten bereit sein, nachts zu arbeiten, wenn keine Fahrgäste zu den Zügen müssten. Trotz der Vorgaben legten fünf Künstler Konzepte vor. Die Jury um den Kurator Klaus von Gaffron nahm dann mit 6:1 Stimmen einen von Scheithauer am Ende überarbeiteten Entwurf an. Scheithauer modifizierte Formen, die mancher als Runenzeichen hätte missverstehen können. Die Formen wirken laut Dechent nun, als befänden sie sich in "leichter Bewegung". Wie Dechent sagte, befürwortet die Bahn an dem reduzierten Konzept, dass es sich gut mit den Hinweisschildern, etwa zu den Gleisen, verbinden lässt. Mit der Bahn werde nun ein Vertrag abgeschlossen, in dem alles rund um die Bahnsteigunterführung geregelt werde.

Haar, Bahnhof während Umbauarbeiten

Der Nordzugang zu den Bahnsteigen wird gerade umgebaut. Die Arbeiten dauern länger als geplant.

(Foto: Angelika Bardehle)

Wenn die Rampe auf der Nordseite fertig gestellt ist, soll von Winter 2017/2018 an der Südzugang zu den Bahnsteigen umgebaut werden. Im Sommer soll Scheithauer dann in Nachtarbeit - von 22 bis 5 Uhr jeweils kann er dort ran - die Unterführung gestalten. 70 000 Euro stehen dafür bereit. Im Spätsommer 2018, so hofft man im Rathaus, ist dann der etwa sieben Millionen Euro teure Bahnhofsumbau abgeschlossen. Mit die größten Beeinträchtigungen sind für die nächsten Wochen zu erwarten. Bis Mitte Mai bleibt der Nordzugang dicht, dann werden ein Treppenprovisorium und ein Schutztunnel gebaut, um den Zugang zu ermöglichen. Der Marieluise-Fleißer-Weg bleibt bis Oktober gesperrt. Die Außenarbeiten sollen bis Dezember dauern.

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