Haar:Neue Schule für begehrte Fachkräfte

Lesezeit: 2 min

Der Landkreis setzt auf Ausbildung von Pflegepersonal am geplanten Campus in Gronsdorf. Die Caritas hat Ähnliches in Oberhaching vor.

Von Martin Mühlfenzl, Haar

Die Zahlen sind erschreckend. In den vergangenen drei Jahren haben 19 von 31 stationären Altenpflegeeinrichtungen im Landkreis München Alarm geschlagen, weil sie mindestens einmal die gesetzlich festgelegte Quote an Fachkräften unterschritten haben. Die besagt etwa, dass auf vier pflegebedürftige Bewohner eine ausgebildete Pflegekraft kommen muss. "Das ist aber viel zu oft nicht der Fall", sagt Martina Neubauer, Referatsleiterin im Landratsamt. "Und das hat einen ganz einfachen Grund. Es gibt in der Metropolregion viel zu wenig ausgebildete Pflegekräfte und um die wenigen gibt es einen ausgeprägten Wettbewerb."

Dieser Konkurrenzsituation einerseits und dem Mangel andererseits will der Landkreis München jetzt mit einer eigenen Pflegeschule auf dem geplanten Bildungscampus in Haar begegnen. Konkrete Überlegungen, im Landkreis eine solche Einrichtung anzusiedeln, gibt es seit mehr als sechs Jahren; 2010 hatte die CSU-Fraktion im Kreistag erstmals einen entsprechenden Antrag eingereicht. Jahrelang aber endeten die Debatten stets mit ein und denselben Zweifeln und Fragen. Wenn sich kaum junge Menschen für den Kranken- und Altenpflegeberuf entscheiden, warum soll der Landkreis dann eine Schule bauen, die ohnehin nur leer steht?

"Gelände mit ebenen Wegen"

Die Kreispolitik glaubt, nun die richtige Antwort gefunden zu haben. Durch einen "geebneten Weg", wie es Martina Neubauer formuliert, sollen junge Menschen an den Pflegeberuf herangeführt werden. "Auf einem Gelände mit direkten Wegen", sagt Neubauer. Die Wege sollen dann von der neuen Realschule und insbesondere von der Fach- und Berufsoberschule mit dem Zweig Gesundheit in die Pflegeschule führen.

Genau dieser soll die nun vom Sozialausschuss auf den Weg gebrachte Pflegeschule zu einem Erfolgsmodell machen, schließlich wird sich damit die auf drei Jahre angelegte Ausbildung zur Pflegefachkraft auf zwei Jahre verkürzen. Landrat Christoph Göbel (CSU) setzt auch auf die laufende Gesetzesreform des Bundes für die hochschulische Pflegeausbildung, schließlich will Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) die Schulgeldfreiheit einführen und die Berufe mit Ausbildungsvergütungen deutlich attraktiver gestalten.

Diese Ansätze in Kombination mit den zu erwartenden Synergieeffekten auf einem Bildungscampus haben bei den Kreispolitikern zu einem Umdenken geführt. Die Kommunalpolitiker bringen sich in einem Feld ein, das eigentlich nicht in ihren Zuständigkeitsbereich fällt. "Die Ausbildung von Pflegekräften ist nicht unsere Aufgabe. Wir nehmen aber Verantwortung für unsere Bürger wahr, wenn wir die Infrastruktur in Form eines Schulbaus bereitstellen."

Der Betreiber soll aus dem Landkreis kommen

Dort sollen bis zu 150 Schüler ausgebildet werden. Große Zustimmung unter den Kreisräten findet zudem die Absicht, mit dem Kuratorium Wohnen im Alter aus Unterhaching einen Betreiber aus dem Landkreis mit ins Boot zu holen. "Das Kuratorium betreibt in Oberbayern sonst keine Pflegeschule", sagt Landrat Göbel. "Das hat den Vorteil, dass es sich als Träger keine Konkurrenz zu eigenen Schulen machen wird."

Göbel weiß auch, dass eine Schule das Problem mangelnder Fachkräfte nicht lösen wird. "Würden heute alle jungen Menschen, die eine Ausbildung machen, danach in diesem Bereich arbeiten, würde es immer noch nicht genügend geben, um den Bedarf zu decken." Der Landkreis will auch deshalb speziell Flüchtlinge ansprechen und diese eventuell mit Vorkursen auf eine Ausbildung in Haar vorbereiten.

Eine zweite Pflegeschule könnte übrigens in Oberhaching entstehen. Der Caritasverband der Erzdiözese hat sein Interesse bekundet, eine entsprechende Einrichtung an sein Haus St. Rita anzugliedern.

© SZ vom 24.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Weiterführende Schulen
:Haar bremst beim Campus

Der Landrat treibt den Bau von Realschule mit FOS/BOS voran und propagiert eine Pflegeschule. Bürgermeisterin Müller reagiert zurückhaltend.

Von Martin Mühlfenzl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: