Haar:Millionenprojekt entzweit SPD und CSU

Haars Bürgermeisterin weist Zweifel an neuer Schule im Jagdfeld zurück. Debatte endet mit persönlichen Vorwürfen

Von Bernhard Lohr, Haar

Die Beschlüsse waren gefällt. Auch schien alles gesagt. Und doch sah sich Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) am Dienstag im Gemeinderat von der CSU herausgefordert, die Entscheidung für den Bau einer dritten Grundschule am Jagdfeldring in Haar zu begründen. Müller ließ seitenweise Zahlen und Argumente an die Wand werfen und erklärte in einem halbstündigen Vortrag, warum der Bau neben der bestehenden Grundschule richtig sei. Selbst CSU-Fraktionschef Dietrich Keymer sagte hinterher, es sei "eindrucksvoll", was für eine Mühe sich Müller gemacht habe. Sie liefere eine Fülle an Argumenten. Friede wollte aber nicht einkehren. Der Eklat folgte zum Schluss.

Die CSU geht seit einiger Zeit gegen das von ihr schon mal als "Monsterschule" titulierte Projekt auf die Barrikaden. Spätestens seit der Bezirk der Gemeinde angeboten hat, ein hinter dem Bezirksgut in Eglfing liegendes Grundstück für Schulbauten zur Verfügung zu stellen, dringt sie darauf, das Jagdfeld-Vorhaben nochmal auf den Prüfstand zu stellen. Die im März gegen ihre Stimmen gefällte Standortentscheidung für das Jagdfeld sei "auszusetzen", forderte die CSU in einem Antrag. In einer Machbarkeitsstudie und in Gesprächen mit dem Bezirk sei auszuloten, ob eine Schule in Eglfing nicht besser wäre. Diese wäre für viele Schüler wohnortnäher, womöglich günstiger und pädagogisch vorteilhaft. Für solch eine Überprüfung, befand Keymer, gebe es genügend Zeit.

Wie groß freilich die Not im Rathaus ist, weil Betreuungsplätze in Kitas und im nachschulischen Bereich fehlen, ist nicht zu überhören. Bürgermeisterin Müller pochte deshalb darauf, dass schnell eine Schule gebaut werden müsse. Von einem Bau am Jagdfeld, auf eigenem, erschlossenem Grund, erwartet sie sich eine schnelle Hilfe. Am liebsten würde sie im September 2019 die neue Schule dort eröffnen, sagte sie. Realistisch seit 2020. Eine Schule in Eglfing, wo jetzt freies Feld sei, würde nach den notwendigen Vorarbeiten erst 2023 oder 2025 eröffnet. Außerdem rechnete sie vor, dass die Gemeinde am Jagdfeld trotz einer Bauweise auf Ständern und trotz Tiefgarage mit 26 Millionen Euro deutlich günstiger wegkommen werde als mit einem Schulbau auf grüner Wiese. Auf 37 Millionen Euro taxierte sie letzteren. Müller rechnete dabei den Grundstückskauf, die Erschließung und auch den trotzdem am Jagdfeld notwendigen Bau einer Mensa sowie einer Einfach-Turnhalle für die bestehende Jagdfeld-Grundschule ein.

Abgesehen von solchen Erwägungen sieht Müller in einer aus zwei Trakten bestehenden, großen Schule Vorteile. Hallenbad, Mensa und eine neue Dreifachturnhalle - das wäre für alle nutzbar. Es gebe Synergieeffekte, sagte Müller und berief sich dabei auf Schulamtsdirektorin Evelyn Sehling-Gebranzig, die aus organisatorischen Gründen empfiehlt die beiden Schulen mit jeweils 400 Schülern unter einem Rektorat zu führen. Auch die Landesvorsitzende des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV), Simone Fleischmann, hat Müller zufolge die Schulbaupläne begrüßt.

Die CSU vermochte das nur zum Teil zu überzeugen. Dort fühlt man sich vom Rathaus kaltgestellt oder missinformiert. Gerlinde Stießberger (CSU) beklagte, dass sie seit Wochen vergeblich um Einsicht in Verkehrs- und Lärmgutachten zum Schulbau im Jagdfeld bitte. Andreas Rieder (CSU) bat, die Stellungnahme von BLLV-Frau Fleischmann sehen zu können. Und Keymer befand, dass Müller sich ihre Argumente zusammensuche, wie sie sie brauche. Müller platzte daraufhin der Kragen. Sie sprach von einem "unverschämten" Vorwurf. Sollte Keymer all die Argumente zu ersten Mal hören, dann "weiß ich nicht, was Sie hier tun, wenn Sie hier sitzen". Der CSU-Antrag wurde gegen die Stimmen der CSU abgelehnt.

Rathaus-Sprecherin Ute Dechent erklärte am Mittwoch zu Stießbergers Vorwurf hin, sie erhalte keinen Einblick in Unterlagen, dass vereinbart sei, diese in einem Gesamtpakt an die Fraktionen zu geben. Dies werde bald geschehen. Wegen eines Unglücksfalls habe sich die "Verschriftlichung" der Gutachten verzögert. Einen Satz sagte Müller übrigens, der die CSU gefreut haben dürfte. Bald werde auch eine "vierte Grundschule" notwendig sein. Diese werde "mit Sicherheit im Norden zum Liegen kommen".

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