Kunst am Bau:Wohnen bei den Eiern

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Spaß bei den Eiern: Kinder haben das neue Kunstwerk schon in Beschlag genommen. (Foto: Claus Schunk)

Der Künstler Martin Wöhrl hat eine Skulptur für das neue Hochhaus in Haar geschaffen. Es greift das Vogel-Motiv der Fassade auf.

Von Laura Geigenberger, Haar

Zur Einweihung gibt es hartgekochte Eier – wie könnte es auch anders sein angesichts des Kunstwerkes, mit dem der Münchner Bildhauer Martin Wöhrl das neue Hochhaus an der Münchener Straße 24 in Haar vervollständigt hat. „Aves-Quartier“ nennt sich der moderne Wohnturm, nach dem lateinischen Wort für Vögel; seine Fassade ist deshalb einem aufsteigenden Vogelschwarm nachempfunden. Passend dazu hat Wöhl drei Eier aus Granit entworfen, in unterschiedlichen Farben, Musterungen und Größen. Nun sind die hüfthohen, rund sechs Tonnen schweren Gebilde auf dem Vorplatz des Gebäude installiert.

Wöhrl hat seine minimalistischen, bodennahen Skulpturen als bewussten Kontrast zu dem kantigen, 42 Meter hohen Turm konzipiert, über dessen 14 Stockwerke sich mehr als 100 Wohnungen, einige Penthäuser sowie Laden- und Büroflächen verteilen. Der Granit – ein magmatisches Tiefengestein – bildet zudem einen organischen Gegensatz zu der mechanisch bearbeiteten Aluminiumfassade. „Vogeleier gibt es in allen möglichen Variationen, das lässt sich durch verschiedenfarbige Granitarten und Maserungen gut nachempfinden“, erklärt der 50-jährige Künstler. Für das kleinste der Eier etwa hat er eine rötliche Gesteinssorte ausgewählt; die zwei größeren unterscheiden sich in ihren Grautönen und den Musterungen ihrer Oberflächen.

Er habe „lange überlegt“, wie er sich an dem Ideenwettbewerb beteiligen könne, zu dem ihn die Gemeinde im Frühjahr eingeladen hatte, erzählt Wöhrl. Gesucht worden war ein Werk, welches das Vogelthema des neuen Wohnquartiers aufgreift und weiterführt. „Ich mache sonst viel mit Pressspan und billigen Materialien. Anfangs habe ich eher an Starenkästen oder einen Taubenschlag gedacht, fand dann aber eine archaische Form wie ein Ei sehr schön.“ Die Kunstinstallation in Haar sei seine erste Arbeit mit Granit. Das Rohmaterial für die Eier stammt aus dem Bayerischen Wald; zu Ovalen geschliffen wurden sie von den Kusser Granitwerken aus dem Landkreis Passau.

Der Platz um die Skulpturen könnte sich schon bald mit Leben füllen, denn nach vier Jahren Bauzeit ist das Aves-Quartier nun bezugsfertig. Laut der KM-Wohnbau GmbH, Bauträger des neuen Wohnturms an der Münchener Straße, sind 80 Prozent der Ein- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen bereits verkauft oder vermietet. Für 16 der Apartements besitzt die Gemeinde Haar ein 25-jähriges Belegungsrecht.

„Man soll sich hier hinsetzen und ein Eis essen können", sagt der Künstler Martin Wöhrl über seine Graniteier. (Foto: Claus Schunk)

Bildhauer Martin Wöhrl wünscht sich, dass seine Installation im Alltag der Bewohner und Besucher des Aves-Quartiers künftig eine aktive Rolle einnehmen wird. „Man soll sich hier hinsetzen und ein Eis essen können – oder wie man sieht, kann man auch drauf spielen“, sagt er und deutet auf zwei kleine Kinder, die schon auf den Graniteiern herumklettern.

Demnächst sollen noch Lampen zur Beleuchtung installiert werden. Einen Namen besitzt das Kunstwerk dagegen bereits; in Anlehnung an das Aves-Quartier ist es wieder ein lateinischer: „Ovis“. Das ist die Pluralform von ovum im Ablativ und bedeutet „bei den Eiern“.

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