Vier Monate ist Nicolas von Oppen schon als Geschäftsführer des Isar-Amper-Klinikums in Haar im Amt, als Nachfolger von Franz Podechtl, der zum Vorstandsvorsitzenden der Kliniken des Bezirks Oberbayern (KBO) aufgestiegen ist. Er sei mittlerweile „gut angekommen“ und freue sich auf die berufliche Herausforderung, sagt Oppen. Der 50-Jährige wirkt gelassen, wie er am Konferenztisch in seinem geräumigen Büro sitzt und in einer Espressotasse rührt – doch in seinen Worten schwingt auch viel Respekt mit vor der historischen Einrichtung und den Aufgaben, die ihn in Haar erwarten.
Die Anforderungen der Zukunft werden sein, die steigenden Patientenzahlen und den Fachkräftemangel zu bewältigen, auf moderne psychosoziale Trends zu reagieren und am Stigma der Psychiatrie zu rütteln. „Ich möchte für viele Themen sehr offen sein“, betont Oppen und verweist auf seine 27 Jahre Führungserfahrung im Krankenhauswesen, mit Stationen etwa im Münchner Rotkreuz- und im Dachauer Helios-Amper-Klinikum, der Caritas-Klinik Sankt Josef in Regensburg und dem Klinikum Landshut. Zuletzt arbeitete der aus Hamburg stammende Betriebswirtschaftler als Strategieberater in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft, unter anderem im KBO-Kinderzentrum in München-Schwabing.
Als neuer Geschäftsführer des Isar-Amper-Klinikums kommt Oppen nun die Verantwortung für eines der größten psychiatrischen Fachkrankenhäuser Deutschlands zu – mit fast 120-jähriger Historie. Insgesamt zehn Außenstellen in und um München stellen die psychiatrische Versorgung für mehr als 2,5 Millionen Menschen im Großraum der Landeshauptstadt sicher; im Jahr versorgen die rund 4000 Beschäftigten knapp 50 000 Patienten, viele davon ambulant oder teilstationär. Der Standort in Haar allein umfasst Abteilungen für Geronto- sowie forensische Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Suchtmedizin und Neurologie.
„Wir haben in bestimmten Bereichen eine höhere Nachfrage als Kapazitäten und da brauchen wir Erweiterungen“
Doch nicht nur die sektorübergreifende Versorgung von psychisch Erkankten, sondern auch die Prävention für seelische Gesundheit sieht Oppen als immer wichtigeres Aufgabenfeld der Psychiatrie an. „Das sind die zwei größten Megathemen – dafür bieten wir beim IAK alles an, was nötig ist. Das ist natürlich eine große Verantwortung, der wir immer gerecht werden wollen“, sagt er. „Viel Gutes und Wichtiges“ sieht er dafür von seinem Vorgänger Franz Podechtl schon auf den Weg gebracht – das gelte es jetzt weiterzuentwickeln. „Mir ist wichtig, dass wir diesen Charakter eines offenen, transparenten und erlebbaren Campus für seelische Gesundheit haben, um Menschen Anlaufpunkte zu geben“, so Oppen.
Die Förderung der Klinikangestellten, insbesondere des Nachwuchses, spiele da ebenso hinein wie die Entbürokratisierung von Pflege und Therapie. Er habe sich deshalb vorgenommen, die bestehenden Konzepte zur Mitarbeitergewinnung und -weiterbildung auszubauen, erzählt Oppen. Dazu wolle er „gute Digitalisierungsprojekte“ auf den Weg bringen, wie virtuelle Dienstpläne, eine Mitarbeiter-App und einen durchdachten Social-Media-Auftritt.
Modernisierungsbedarf sieht Oppen außerdem bei der Infrastruktur des teils denkmalgeschützten Klinikgeländes. „Wir haben in bestimmten Bereichen eine höhere Nachfrage als Kapazitäten und da brauchen wir Erweiterungen“, sagt er. Die Herausforderung werde sein, den Immobilienbestand zwischen Tradition und Fortschritt „in die moderne Welt“ zu überführen und das – metaphorisch – auf die Psychiatrie und ihre Patienten zu übertragen, denen bis heute oft mit Vorurteilen und Misstrauen begegnet wird. „Dabei tun wir sehr viel Gutes und da wollen wir noch mehr drüber sprechen“, erklärt Oppen.
Eine Gelegenheit dafür bietet die 120-Jahrfeier der Klinik im kommenden Jahr. Laut Oppen arbeitet man bereits an einem mehrmonatigen Programm, das vor allem dazu gedacht sei, den Campus zu öffnen und erlebbar zu machen. Den Anfang im Januar macht die Einweihung eines weiteren Denkmals für die Patienten, die in Haar während der NS-Zeit ermordet wurden. Außerdem soll es Festakte und eine Inhouse-Messe geben, und die Geschichte des seit 1905 bestehenden Hauses, das einst die „Oberbayerische Kreisirrenanstalt“ war, wird aufgearbeitet.
Er wolle aber auch nach vorne schauen, sagt der neue IAK-Geschäftsführer Nicolas von Oppen: auf das moderne Gesicht der Psychiatrie, das längst nicht mehr den Vorurteilen einer isolierten Einrichtung entspreche. Heute gebe es eine Vielzahl von Behandlungsansätzen und einen klaren Trend in Richtung Ambulanz. Man könne Patienten zu Hause, in einer Tagesklinik oder in ambulanten Therapien unterstützen. Entsprechende Angebote müssten jedoch noch viel größer und wahrnehmbarer werden, außerdem passende Hilfeleistungen niederschwelliger und unbürokratischer zugänglich, sagt Oppen. „Das wollen wir aufbauen und weiterentwickeln. Wichtig ist, dass wir das konsequent und gut machen.“