Haar bei München:Hitler in der Rumpelkammer

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Die Hitlerbüste wurde grob malträtiert, bevor sie verbuddelt wurde. (Foto: N/A)

Im Keller des Haarer Rathauses lagert eine ramponierte Büste des Diktators, die bei Bauarbeiten gefunden worden ist und aus Gründen des Denkmalschutzes nicht entsorgt werden darf.

Von Bernhard Lohr, Haar

Wenn Arbeiter mitten im Ort graben, ist das immer für eine Überraschung gut. Schließlich wühlen sie in historischem Boden. So wunderte sich keiner groß, als auf der Baustelle für die zweite Stammstrecke hinter dem Münchner Rathaus eine kleine Holzfigur der heiligen Muttergottes aus dem 15. Jahrhundert ans Tageslicht kam. War ja fast zu erwarten, wenn man auf dem Marienhof anfängt zu buddeln. Eine andere Nummer war es freilich, als im Jahr 2010 vor dem Rathauseingang in Haar in einer Baugrube Arbeiter auf eine Büste stießen. Historisch gibt der Boden dort nicht ganz so viel her. Doch 1945 gab es Haar halt auch schon. Und zu der Zeit hatte offenbar jemand eine Hitler-Büste vergraben. Wahrscheinlich musste die beim Einmarsch der US-Armee im Mai '45 schnell weg. Vielleicht haben sie auch GIs auf unkomplizierte Weise entsorgt.

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Bekannt geworden ist die Geschichte erst jetzt, weil das Haarer Rathaus jede Woche auf lokale historische Ereignisse oder Begebenheiten zurückblickt und das auf Facebook postet. Und so zeigte sich bei der Gelegenheit mal wieder, wie sehr auch in Haar dem NS-Regime gehuldigt wurde. Es gibt Hinweise, dass die Büste im Foyer des Rathauses aufgestellt war. An deren Fundort stand damals noch das Feuerwehrhaus, das Rathaus lag direkt daneben. Später wurde beides zum heutigen, erweiterten Rathaus umgebaut. Die Gemeinde war jedenfalls in der NS-Zeit streng auf Linie, mit einem von den Nazis eingesetzten Bürgermeister. Die heutige Bahnhofstraße, an der das Rathaus liegt, hieß damals Adolf-Hitler-Straße und der zentrale Kirchplatz war natürlich der Adolf-Hitler-Platz.

Das alles durfte im Mai 1945 nicht mehr wahr sein. NS-Fahnen verschwanden, ebenso Uniformen, Parteiabzeichen, Straßenschilder und wohl auch die Büste, die noch heftig mit einem groben Werkzeug malträtiert wurde, bevor jemand sie im Boden versenkte. Mitten im Gesicht, wo des Führers Nase samt Bärtchen waren, klafft ein großes Loch, weshalb es etwas dauerte, bis man beim Ausgraben erkannte, wer da lag. Die Idee, das unförmige Ding wegzuschmeißen, wurde auf Ansage des Landesamts für Denkmalpflege verworfen. Stattdessen wurde der Haarer Hitler diesmal ordnungsgemäß entsorgt - im Rathausarchiv, tief im Keller.

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