Haar:Güterzüge an die Autobahn

Zugdurchfahrt in München, 2019

Wo über die Xaver-Weismor-Straße noch wenige Züge rollen, könnte künftig pausenlos Güterverkehr stattfinden.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Truderinger Stadtteilpolitiker bringen Alternative zu Bahnausbau ins Gespräch

Von Renate Winkler-Schlang, München/Haar

Scheibchenweise wird vor allem dank rühriger Bürgerinitiativen entlang der Güterzugtrassen von Trudering bis Johanneskirchen immer klarer, welche Belastung künftig auf die Anlieger im Osten Münchens zukommen soll. Im Truderinger Bezirksausschuss hat nun Georg Kronawitter (CSU) einen ganz neuen Vorschlag gemacht, wie man die zahllosen, 100 Stundenkilometer schnellen und 750 Meter langen Zugmonster raus aus der Stadt bringen könnte: Die Güter sollten in einem aufgeständerten Trog zwischen Haar und Karlsfeld entlang des Autorings A 99 transportiert werden. Der Bezirksausschuss fordert die Stadt auf, dazu zeitnah eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben. Vorbilder gebe es auf der Welt genug, von Innsbruck bis New York.

Kronawitter sieht nur Vorteile: An der Autobahn wolle ohnehin keiner bauen, viel zusätzlicher Lärmschutz sei nicht notwendig. Und innerhalb der Stadt würden die Anlieger geschont und es blieben freie Kapazitäten für den Personenverkehr. Letztlich könnte dann sogar der vierspurige Ausbau zwischen Daglfing und Johanneskirchen und damit der immense freiwillige Kostenaufwand für die Stadt entfallen, die sich dort einen Tunnel wünscht. Was es brauche, sei nun nur ein wenig Mut, meint Kronawitter.

Im Bezirksausschuss fanden alle Fraktionen die Idee gut, allerdings befand Grünen-Stadtrat Herbert Danner, sie komme um zehn oder 15 Jahre zu spät, der Bundesverkehrswegeplan sehe nun eben einen Ausbau immerhalb Münchens vor.

Anlass für die Diskussion waren die Pläne der Bahn für den Ausbau der Truderinger und Daglfinger Kurve und Truderinger Spange und der bereits viel kritisierte Entwurf des Planungsreferats zu diesem Themenkomplex. Auch im Bezirksausschuss Trudering-Riem empfindet man das Papier aus der städtischen Behörde, in dem diese ihren Einfluss als äußerst gering darstellt, als "grottenschlecht" mit "irrelevantem Kleinklein" und daher "fast eine Unverschämtheit". Da habe jemand seine Hausaufgaben nicht gemacht, Nachbesserung sei dringend nötig, erklärte Infrastrukturausschuss-Sprecherin Magdalena Miehle (CSU). Aus der SPD kam der Tipp an die Stadt, sich doch Rat bei den Bürgerinitiativen zu holen, die seien offenbar in München inzwischen die wahren Experten, sie würden die neuesten Zahlen und Prognosen kennen.

Wie auch die Bürgerinitiativen fordert nun der Truderinger Bezirksausschuss einen städtischen Ansprechpartner und Koordinator. Und wie diese will er erreichen, dass die Stadt die Interessen ihrer Bürger gegenüber der Bahn offensiv vertritt. Man brauche eine leistungsfähige Umleitungsstrecke Regensburg-Mühldorf-Rosenheim. Münchens Zweiter Bürgermeister Manuel Pretzl (CSU) hat inzwischen Kronawitters Idee, den Schienengüter-Durchgangsverkehr an der A 99 zu bündeln, in einem Antrag an Oberbürgermeister Deiter Reiter (SPD) übernommen. Die Stadt solle dazu eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben. Es sei eine sichere Erkenntnis, dass mehr als 60 Prozent des Güterverkehrs für andere Orte bestimmt sei, so Pretzl. Lkw würden auch aus der Stadt heraus gehalten.

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